Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 3. Wien, 1850.durch deren Protection ich daselbst eingeführt werden könne. Er schrieb auch sogleich, wobei er sich, in Ermangelung eines Tisches, der Kniee bediente, drückte seinen Siegelring darauf und gab ihn mir, bat mich aber dabei mit lächelnder Miene, ja vor seiner Mutter nichts davon zu erwähnen, daß er Wein getrunken habe. Nach der Mahlzeit frug ich den Prinzen, ob es mir erlaubt sei, seiner Gemahlin einen Besuch abzustatten, -- ich hatte nämlich erfahren, daß er eine seiner Frauen bei sich habe. -- Meine Bitte wurde gewährt und man führte mich sogleich in ein nahes Gebäude, das einst eine kleine Moschee gewesen war. Hier im kühlen, gewölbten Gemache empfing mich ein überaus schönes, junges Geschöpf. Von allen Frauen, die ich bisher in Harems gesehen, war sie die schönste. Ihre Gestalt von mittlerer Größe hatte das herrlichste Ebenmaß, ihre Gesichtszüge waren edel und von wahrhaft antiker Form, und ihre großen Augen sahen mich schwermüthig an, -- die Arme befand sich hier allein und hatte außer einer alten Dienerin und einer jungen Gazelle keine Gesellschaft. -- Ihre Gesichtsfarbe, freilich nicht ganz Natur, war blendend weiß, ein zartes Roth überhauchte die Wangen. Nur die Augenbraunen waren durch die Kunst, meiner Meinung nach, sehr verunstaltet. Es deckte sie nämlich ein dunkelblauer zollbreiter Streif, der sich in zwei zusammenhängenden Wölbungen von einem Schlafe zum andern zog und dem Gesichte ein etwas finsteres und sehr ungewöhnliches Aussehen gab. Die Haupthaare waren nicht gefärbt; dagegen waren aber Hände und Arme ein wenig tätowirt. Sie erklärte mir, daß durch deren Protection ich daselbst eingeführt werden könne. Er schrieb auch sogleich, wobei er sich, in Ermangelung eines Tisches, der Kniee bediente, drückte seinen Siegelring darauf und gab ihn mir, bat mich aber dabei mit lächelnder Miene, ja vor seiner Mutter nichts davon zu erwähnen, daß er Wein getrunken habe. Nach der Mahlzeit frug ich den Prinzen, ob es mir erlaubt sei, seiner Gemahlin einen Besuch abzustatten, — ich hatte nämlich erfahren, daß er eine seiner Frauen bei sich habe. — Meine Bitte wurde gewährt und man führte mich sogleich in ein nahes Gebäude, das einst eine kleine Moschee gewesen war. Hier im kühlen, gewölbten Gemache empfing mich ein überaus schönes, junges Geschöpf. Von allen Frauen, die ich bisher in Harems gesehen, war sie die schönste. Ihre Gestalt von mittlerer Größe hatte das herrlichste Ebenmaß, ihre Gesichtszüge waren edel und von wahrhaft antiker Form, und ihre großen Augen sahen mich schwermüthig an, — die Arme befand sich hier allein und hatte außer einer alten Dienerin und einer jungen Gazelle keine Gesellschaft. — Ihre Gesichtsfarbe, freilich nicht ganz Natur, war blendend weiß, ein zartes Roth überhauchte die Wangen. Nur die Augenbraunen waren durch die Kunst, meiner Meinung nach, sehr verunstaltet. Es deckte sie nämlich ein dunkelblauer zollbreiter Streif, der sich in zwei zusammenhängenden Wölbungen von einem Schlafe zum andern zog und dem Gesichte ein etwas finsteres und sehr ungewöhnliches Aussehen gab. Die Haupthaare waren nicht gefärbt; dagegen waren aber Hände und Arme ein wenig tätowirt. Sie erklärte mir, daß <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0141" n="133"/> durch deren Protection ich daselbst eingeführt werden könne. Er schrieb auch sogleich, wobei er sich, in Ermangelung eines Tisches, der Kniee bediente, drückte seinen Siegelring darauf und gab ihn mir, bat mich aber dabei mit lächelnder Miene, ja vor seiner Mutter nichts davon zu erwähnen, daß er Wein getrunken habe.</p> <p>Nach der Mahlzeit frug ich den Prinzen, ob es mir erlaubt sei, seiner Gemahlin einen Besuch abzustatten, — ich hatte nämlich erfahren, daß er eine seiner Frauen bei sich habe. — Meine Bitte wurde gewährt und man führte mich sogleich in ein nahes Gebäude, das einst eine kleine Moschee gewesen war.</p> <p>Hier im kühlen, gewölbten Gemache empfing mich ein überaus schönes, junges Geschöpf. Von allen Frauen, die ich bisher in Harems gesehen, war sie die schönste. Ihre Gestalt von mittlerer Größe hatte das herrlichste Ebenmaß, ihre Gesichtszüge waren edel und von wahrhaft antiker Form, und ihre großen Augen sahen mich schwermüthig an, — die Arme befand sich hier allein und hatte außer einer alten Dienerin und einer jungen Gazelle keine Gesellschaft. — Ihre Gesichtsfarbe, freilich nicht ganz Natur, war blendend weiß, ein zartes Roth überhauchte die Wangen. Nur die Augenbraunen waren durch die Kunst, meiner Meinung nach, sehr verunstaltet. Es deckte sie nämlich ein dunkelblauer zollbreiter Streif, der sich in zwei zusammenhängenden Wölbungen von einem Schlafe zum andern zog und dem Gesichte ein etwas finsteres und sehr ungewöhnliches Aussehen gab. Die Haupthaare waren nicht gefärbt; dagegen waren aber Hände und Arme ein wenig tätowirt. Sie erklärte mir, daß </p> </div> </body> </text> </TEI> [133/0141]
durch deren Protection ich daselbst eingeführt werden könne. Er schrieb auch sogleich, wobei er sich, in Ermangelung eines Tisches, der Kniee bediente, drückte seinen Siegelring darauf und gab ihn mir, bat mich aber dabei mit lächelnder Miene, ja vor seiner Mutter nichts davon zu erwähnen, daß er Wein getrunken habe.
Nach der Mahlzeit frug ich den Prinzen, ob es mir erlaubt sei, seiner Gemahlin einen Besuch abzustatten, — ich hatte nämlich erfahren, daß er eine seiner Frauen bei sich habe. — Meine Bitte wurde gewährt und man führte mich sogleich in ein nahes Gebäude, das einst eine kleine Moschee gewesen war.
Hier im kühlen, gewölbten Gemache empfing mich ein überaus schönes, junges Geschöpf. Von allen Frauen, die ich bisher in Harems gesehen, war sie die schönste. Ihre Gestalt von mittlerer Größe hatte das herrlichste Ebenmaß, ihre Gesichtszüge waren edel und von wahrhaft antiker Form, und ihre großen Augen sahen mich schwermüthig an, — die Arme befand sich hier allein und hatte außer einer alten Dienerin und einer jungen Gazelle keine Gesellschaft. — Ihre Gesichtsfarbe, freilich nicht ganz Natur, war blendend weiß, ein zartes Roth überhauchte die Wangen. Nur die Augenbraunen waren durch die Kunst, meiner Meinung nach, sehr verunstaltet. Es deckte sie nämlich ein dunkelblauer zollbreiter Streif, der sich in zwei zusammenhängenden Wölbungen von einem Schlafe zum andern zog und dem Gesichte ein etwas finsteres und sehr ungewöhnliches Aussehen gab. Die Haupthaare waren nicht gefärbt; dagegen waren aber Hände und Arme ein wenig tätowirt. Sie erklärte mir, daß
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Sophie: A digital library of works by german-speaking women: Bereitstellung der Texttranskription.
(2013-06-28T07:11:29Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition
(2013-06-28T07:11:29Z)
Bayerische Staatsbibliothek Digital: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2013-06-28T07:11:29Z)
Weitere Informationen:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |