Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 3. Wien, 1850.gute Behandlung der Eingebornen, die den englischen Matrosen in nichts nachgesetzt wurden. Nirgend fand ich die Ordnung und Reinlichkeit größer als hier, -- ein Beweis, daß Schläge und Püffe nicht unumgänglich nöthig sind, wie man mir so oft versicherte. In den Gegenden, wo Gesträuch und Gras den Boden deckte, sahen wir manches Rudel Wildschweine, auch an Löwen soll es hier nicht fehlen, die besonders in der kälteren Jahreszeit von den Bergen kommen und Kühe und Schafe rauben. Menschen fallen sie höchst selten an. Ich war so glücklich, ein Löwenpaar zu sehen, dies aber leider in so großer Entfernung, daß ich nicht behaupten kann, ob sie jene in den Menagerien Europa's an Schönheit und Größe übertreffen. Unter den Vögeln waren die Pelikane so artig, uns schaarenweise ihre Aufwartung zu machen. 21. Mai. Heute sahen wir die Ruinen des Palastes Khuszew Anushirwan's zu Ktesiphon. Ktesiphon war erst die Hauptstadt des parthischen, später des neu-persischen Reiches; sie wurde im siebenten Jahrhundert von den Arabern zerstört. Ihr beinahe gegenüber an dem rechten Ufer des Tigris lag Seleucia, eine der berühmtesten Städte Babyloniens, die in ihren blühenden Zeiten 600,000 Einwohner, meist Griechen, und eine freie, selbstständige Verfassung hatte. Die Ruinen von Ktesiphon bekommt man zweimal zu Gesichte, von der Vorder- und später von der Rückseite, indem der Strom eine große Krümmung macht und einige Meilen zurückführt. Ich machte von Bagdad einen Ausflug dahin und behalte mir daher ihre Beschreibung vor. gute Behandlung der Eingebornen, die den englischen Matrosen in nichts nachgesetzt wurden. Nirgend fand ich die Ordnung und Reinlichkeit größer als hier, — ein Beweis, daß Schläge und Püffe nicht unumgänglich nöthig sind, wie man mir so oft versicherte. In den Gegenden, wo Gesträuch und Gras den Boden deckte, sahen wir manches Rudel Wildschweine, auch an Löwen soll es hier nicht fehlen, die besonders in der kälteren Jahreszeit von den Bergen kommen und Kühe und Schafe rauben. Menschen fallen sie höchst selten an. Ich war so glücklich, ein Löwenpaar zu sehen, dies aber leider in so großer Entfernung, daß ich nicht behaupten kann, ob sie jene in den Menagerien Europa’s an Schönheit und Größe übertreffen. Unter den Vögeln waren die Pelikane so artig, uns schaarenweise ihre Aufwartung zu machen. 21. Mai. Heute sahen wir die Ruinen des Palastes Khuszew Anushirwan’s zu Ktesiphon. Ktesiphon war erst die Hauptstadt des parthischen, später des neu-persischen Reiches; sie wurde im siebenten Jahrhundert von den Arabern zerstört. Ihr beinahe gegenüber an dem rechten Ufer des Tigris lag Seleucia, eine der berühmtesten Städte Babyloniens, die in ihren blühenden Zeiten 600,000 Einwohner, meist Griechen, und eine freie, selbstständige Verfassung hatte. Die Ruinen von Ktesiphon bekommt man zweimal zu Gesichte, von der Vorder- und später von der Rückseite, indem der Strom eine große Krümmung macht und einige Meilen zurückführt. Ich machte von Bagdad einen Ausflug dahin und behalte mir daher ihre Beschreibung vor. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0122" n="114"/> gute Behandlung der Eingebornen, die den englischen Matrosen in nichts nachgesetzt wurden. Nirgend fand ich die Ordnung und Reinlichkeit größer als hier, — ein Beweis, daß Schläge und Püffe nicht unumgänglich nöthig sind, wie man mir so oft versicherte.</p> <p>In den Gegenden, wo Gesträuch und Gras den Boden deckte, sahen wir manches Rudel Wildschweine, auch an Löwen soll es hier nicht fehlen, die besonders in der kälteren Jahreszeit von den Bergen kommen und Kühe und Schafe rauben. Menschen fallen sie höchst selten an. Ich war so glücklich, ein Löwenpaar zu sehen, dies aber leider in so großer Entfernung, daß ich nicht behaupten kann, ob sie jene in den Menagerien Europa’s an Schönheit und Größe übertreffen. Unter den Vögeln waren die Pelikane so artig, uns schaarenweise ihre Aufwartung zu machen.</p> <p>21. Mai. Heute sahen wir die Ruinen des Palastes Khuszew Anushirwan’s zu <hi rendition="#aq">Ktesiphon</hi>.</p> <p><hi rendition="#aq">Ktesiphon</hi> war erst die Hauptstadt des parthischen, später des neu-persischen Reiches; sie wurde im siebenten Jahrhundert von den Arabern zerstört. Ihr beinahe gegenüber an dem rechten Ufer des Tigris lag <hi rendition="#aq">Seleucia</hi>, eine der berühmtesten Städte Babyloniens, die in ihren blühenden Zeiten 600,000 Einwohner, meist Griechen, und eine freie, selbstständige Verfassung hatte.</p> <p>Die Ruinen von <hi rendition="#aq">Ktesiphon</hi> bekommt man zweimal zu Gesichte, von der Vorder- und später von der Rückseite, indem der Strom eine große Krümmung macht und einige Meilen zurückführt. Ich machte von <hi rendition="#aq">Bagdad</hi> einen Ausflug dahin und behalte mir daher ihre Beschreibung vor.</p> </div> </body> </text> </TEI> [114/0122]
gute Behandlung der Eingebornen, die den englischen Matrosen in nichts nachgesetzt wurden. Nirgend fand ich die Ordnung und Reinlichkeit größer als hier, — ein Beweis, daß Schläge und Püffe nicht unumgänglich nöthig sind, wie man mir so oft versicherte.
In den Gegenden, wo Gesträuch und Gras den Boden deckte, sahen wir manches Rudel Wildschweine, auch an Löwen soll es hier nicht fehlen, die besonders in der kälteren Jahreszeit von den Bergen kommen und Kühe und Schafe rauben. Menschen fallen sie höchst selten an. Ich war so glücklich, ein Löwenpaar zu sehen, dies aber leider in so großer Entfernung, daß ich nicht behaupten kann, ob sie jene in den Menagerien Europa’s an Schönheit und Größe übertreffen. Unter den Vögeln waren die Pelikane so artig, uns schaarenweise ihre Aufwartung zu machen.
21. Mai. Heute sahen wir die Ruinen des Palastes Khuszew Anushirwan’s zu Ktesiphon.
Ktesiphon war erst die Hauptstadt des parthischen, später des neu-persischen Reiches; sie wurde im siebenten Jahrhundert von den Arabern zerstört. Ihr beinahe gegenüber an dem rechten Ufer des Tigris lag Seleucia, eine der berühmtesten Städte Babyloniens, die in ihren blühenden Zeiten 600,000 Einwohner, meist Griechen, und eine freie, selbstständige Verfassung hatte.
Die Ruinen von Ktesiphon bekommt man zweimal zu Gesichte, von der Vorder- und später von der Rückseite, indem der Strom eine große Krümmung macht und einige Meilen zurückführt. Ich machte von Bagdad einen Ausflug dahin und behalte mir daher ihre Beschreibung vor.
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Zitationshilfe: | Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 3. Wien, 1850, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt03_1850/122>, abgerufen am 16.07.2024. |