Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 3. Wien, 1850.an der offenen See gelegenen Landhäuser. Europäer gibt es hier nicht, das Klima soll für sie tödtend sein. An der Rückseite der Stadt liegt ein langes Felsenthal und in diesem ein Dorf, welches mehrere Grabesplätze und -- o Wunder! -- ein Gärtchen mit sechs Palmen, einem Feigen- und einem Granatbaume enthält. Das Dorf ist größer und bevölkerter als die Stadt: es zählt 6000 Einwohner, während letztere nur 4000 hat. Von der Armseligkeit, von dem Schmutze und Gestanke in diesem Dorfe kann man sich keine Vorstellung machen; die Hütten stehen beinahe eine über der anderen, sind sehr klein und nur von Rohr und Palmenblättern; aller Unrath wird vor die Thüren geworfen. Es gehört sehr viel Ueberwindung dazu, durch ein solches Dorf zu gehen, und mich wundert, daß Pest oder andere Seuchen nicht ewig da herrschen. Augenkrankheiten und Erblindungen sind übrigens sehr häufig. Von diesem Thale*) kam ich in ein zweites, welches die größte Merwürdigkeit Mascat's enthält: einen ziemlich ausgedehnten Garten, der mit seinen Dattelpalmen, Blumen, Gemüsen und Pflanzungen wirklich das Bild einer Oase in der Wüste gewährt. Diese Vegetation wird größtentheils nur durch unermüdliche Bewässerung in's Leben gerufen. Der Garten gehört dem arabischen Fürsten. *) Ein Tahl oder, besser gesagt, ein Felskessel reiht sich an den andern, ohne daß man von seinem Dasein die geringste Ahnung hat; man muß stets Felswände von 100-300 F. Höhe übersteigen, um von dem einen in den andern zu gelangen.
an der offenen See gelegenen Landhäuser. Europäer gibt es hier nicht, das Klima soll für sie tödtend sein. An der Rückseite der Stadt liegt ein langes Felsenthal und in diesem ein Dorf, welches mehrere Grabesplätze und — o Wunder! — ein Gärtchen mit sechs Palmen, einem Feigen- und einem Granatbaume enthält. Das Dorf ist größer und bevölkerter als die Stadt: es zählt 6000 Einwohner, während letztere nur 4000 hat. Von der Armseligkeit, von dem Schmutze und Gestanke in diesem Dorfe kann man sich keine Vorstellung machen; die Hütten stehen beinahe eine über der anderen, sind sehr klein und nur von Rohr und Palmenblättern; aller Unrath wird vor die Thüren geworfen. Es gehört sehr viel Ueberwindung dazu, durch ein solches Dorf zu gehen, und mich wundert, daß Pest oder andere Seuchen nicht ewig da herrschen. Augenkrankheiten und Erblindungen sind übrigens sehr häufig. Von diesem Thale*) kam ich in ein zweites, welches die größte Merwürdigkeit Mascat’s enthält: einen ziemlich ausgedehnten Garten, der mit seinen Dattelpalmen, Blumen, Gemüsen und Pflanzungen wirklich das Bild einer Oase in der Wüste gewährt. Diese Vegetation wird größtentheils nur durch unermüdliche Bewässerung in’s Leben gerufen. Der Garten gehört dem arabischen Fürsten. *) Ein Tahl oder, besser gesagt, ein Felskessel reiht sich an den andern, ohne daß man von seinem Dasein die geringste Ahnung hat; man muß stets Felswände von 100-300 F. Höhe übersteigen, um von dem einen in den andern zu gelangen.
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an der offenen See gelegenen Landhäuser. Europäer gibt es hier nicht, das Klima soll für sie tödtend sein.
An der Rückseite der Stadt liegt ein langes Felsenthal und in diesem ein Dorf, welches mehrere Grabesplätze und — o Wunder! — ein Gärtchen mit sechs Palmen, einem Feigen- und einem Granatbaume enthält. Das Dorf ist größer und bevölkerter als die Stadt: es zählt 6000 Einwohner, während letztere nur 4000 hat. Von der Armseligkeit, von dem Schmutze und Gestanke in diesem Dorfe kann man sich keine Vorstellung machen; die Hütten stehen beinahe eine über der anderen, sind sehr klein und nur von Rohr und Palmenblättern; aller Unrath wird vor die Thüren geworfen. Es gehört sehr viel Ueberwindung dazu, durch ein solches Dorf zu gehen, und mich wundert, daß Pest oder andere Seuchen nicht ewig da herrschen. Augenkrankheiten und Erblindungen sind übrigens sehr häufig.
Von diesem Thale *) kam ich in ein zweites, welches die größte Merwürdigkeit Mascat’s enthält: einen ziemlich ausgedehnten Garten, der mit seinen Dattelpalmen, Blumen, Gemüsen und Pflanzungen wirklich das Bild einer Oase in der Wüste gewährt. Diese Vegetation wird größtentheils nur durch unermüdliche Bewässerung in’s Leben gerufen. Der Garten gehört dem arabischen Fürsten.
*) Ein Tahl oder, besser gesagt, ein Felskessel reiht sich an den andern, ohne daß man von seinem Dasein die geringste Ahnung hat; man muß stets Felswände von 100-300 F. Höhe übersteigen, um von dem einen in den andern zu gelangen.
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