Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 3. Wien, 1850.suchte man mir aber Angst einzujagen durch gräßliche Erzählungen von den Tuggs oder Würgern. Diese Tuggs bilden eine eigene Gesellschaft, sie gehen auf Raub und Mord aus und sind, gleich den Banditen Italiens, gegen Belohnung zu jeder Uebelthat bereit. Doch dürfen sie kein Blut vergießen und ihre Opfer nur durch Erdroßlung aus der Welt schaffen. Die That wird aber nicht als sehr sträflich angesehen und der Mörder reinigt sich durch eine kleine Gabe, die er seinem Priester gibt. -- Vergießt er aber auch nur einen Tropfen Blut, so verfällt er der tiefsten Verachtung, wird aus seiner Kaste gestoßen und selbst von seinen Gefährten verlassen. Manche Reisende behaupten, daß die Tuggs zu einer Religionssecte gehören und daß sie nicht morden um zu rauben oder sich zu rächen, sondern um, nach ihren Begriffen, eine gute Handlung zu vollbringen. Ich erkundigte mich viel darnach, hörte aber überall, daß kein Gesetz der Religion, wohl aber Haß, Rache oder Gewinnsucht hier zu solchen Thaten verleite. Diese Würger sollen in ihrem schauderhaften Handwerke eine außerordentliche Geschicklichkeit besitzen, nebst dem an Geduld und Ausdauer unermüdlich sein; sie verfolgen ihr auserlesenes Opfer oft monatelang und erdrosseln es entweder im Schlafe oder werfen ihm gehend von rückwärts ein gedrehtes Tuch oder einen Strick um den Hals, den sie so schnell und kräftig zuschnüren, daß der Tod augenblicklich erfolgt. In Delhi gab man mir tröftlichere Nachrichten, man versicherte mir, daß all diese Gefahren übertrieben geschildert seien, daß in Indien überhaupt höchst selten suchte man mir aber Angst einzujagen durch gräßliche Erzählungen von den Tuggs oder Würgern. Diese Tuggs bilden eine eigene Gesellschaft, sie gehen auf Raub und Mord aus und sind, gleich den Banditen Italiens, gegen Belohnung zu jeder Uebelthat bereit. Doch dürfen sie kein Blut vergießen und ihre Opfer nur durch Erdroßlung aus der Welt schaffen. Die That wird aber nicht als sehr sträflich angesehen und der Mörder reinigt sich durch eine kleine Gabe, die er seinem Priester gibt. — Vergießt er aber auch nur einen Tropfen Blut, so verfällt er der tiefsten Verachtung, wird aus seiner Kaste gestoßen und selbst von seinen Gefährten verlassen. Manche Reisende behaupten, daß die Tuggs zu einer Religionssecte gehören und daß sie nicht morden um zu rauben oder sich zu rächen, sondern um, nach ihren Begriffen, eine gute Handlung zu vollbringen. Ich erkundigte mich viel darnach, hörte aber überall, daß kein Gesetz der Religion, wohl aber Haß, Rache oder Gewinnsucht hier zu solchen Thaten verleite. Diese Würger sollen in ihrem schauderhaften Handwerke eine außerordentliche Geschicklichkeit besitzen, nebst dem an Geduld und Ausdauer unermüdlich sein; sie verfolgen ihr auserlesenes Opfer oft monatelang und erdrosseln es entweder im Schlafe oder werfen ihm gehend von rückwärts ein gedrehtes Tuch oder einen Strick um den Hals, den sie so schnell und kräftig zuschnüren, daß der Tod augenblicklich erfolgt. In Delhi gab man mir tröftlichere Nachrichten, man versicherte mir, daß all diese Gefahren übertrieben geschildert seien, daß in Indien überhaupt höchst selten <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0010" n="2"/> suchte man mir aber Angst einzujagen durch gräßliche Erzählungen von den Tuggs oder Würgern.</p> <p>Diese Tuggs bilden eine eigene Gesellschaft, sie gehen auf Raub und Mord aus und sind, gleich den Banditen Italiens, gegen Belohnung zu jeder Uebelthat bereit. Doch dürfen sie kein Blut vergießen und ihre Opfer nur durch Erdroßlung aus der Welt schaffen. Die That wird aber nicht als sehr sträflich angesehen und der Mörder reinigt sich durch eine kleine Gabe, die er seinem Priester gibt. — Vergießt er aber auch nur einen Tropfen Blut, so verfällt er der tiefsten Verachtung, wird aus seiner Kaste gestoßen und selbst von seinen Gefährten verlassen.</p> <p>Manche Reisende behaupten, daß die Tuggs zu einer Religionssecte gehören und daß sie nicht morden um zu rauben oder sich zu rächen, sondern um, nach ihren Begriffen, eine gute Handlung zu vollbringen. Ich erkundigte mich viel darnach, hörte aber überall, daß kein Gesetz der Religion, wohl aber Haß, Rache oder Gewinnsucht hier zu solchen Thaten verleite. Diese Würger sollen in ihrem schauderhaften Handwerke eine außerordentliche Geschicklichkeit besitzen, nebst dem an Geduld und Ausdauer unermüdlich sein; sie verfolgen ihr auserlesenes Opfer oft monatelang und erdrosseln es entweder im Schlafe oder werfen ihm gehend von rückwärts ein gedrehtes Tuch oder einen Strick um den Hals, den sie so schnell und kräftig zuschnüren, daß der Tod augenblicklich erfolgt.</p> <p>In <hi rendition="#aq">Delhi</hi> gab man mir tröftlichere Nachrichten, man versicherte mir, daß all diese Gefahren übertrieben geschildert seien, daß in Indien überhaupt höchst selten </p> </div> </body> </text> </TEI> [2/0010]
suchte man mir aber Angst einzujagen durch gräßliche Erzählungen von den Tuggs oder Würgern.
Diese Tuggs bilden eine eigene Gesellschaft, sie gehen auf Raub und Mord aus und sind, gleich den Banditen Italiens, gegen Belohnung zu jeder Uebelthat bereit. Doch dürfen sie kein Blut vergießen und ihre Opfer nur durch Erdroßlung aus der Welt schaffen. Die That wird aber nicht als sehr sträflich angesehen und der Mörder reinigt sich durch eine kleine Gabe, die er seinem Priester gibt. — Vergießt er aber auch nur einen Tropfen Blut, so verfällt er der tiefsten Verachtung, wird aus seiner Kaste gestoßen und selbst von seinen Gefährten verlassen.
Manche Reisende behaupten, daß die Tuggs zu einer Religionssecte gehören und daß sie nicht morden um zu rauben oder sich zu rächen, sondern um, nach ihren Begriffen, eine gute Handlung zu vollbringen. Ich erkundigte mich viel darnach, hörte aber überall, daß kein Gesetz der Religion, wohl aber Haß, Rache oder Gewinnsucht hier zu solchen Thaten verleite. Diese Würger sollen in ihrem schauderhaften Handwerke eine außerordentliche Geschicklichkeit besitzen, nebst dem an Geduld und Ausdauer unermüdlich sein; sie verfolgen ihr auserlesenes Opfer oft monatelang und erdrosseln es entweder im Schlafe oder werfen ihm gehend von rückwärts ein gedrehtes Tuch oder einen Strick um den Hals, den sie so schnell und kräftig zuschnüren, daß der Tod augenblicklich erfolgt.
In Delhi gab man mir tröftlichere Nachrichten, man versicherte mir, daß all diese Gefahren übertrieben geschildert seien, daß in Indien überhaupt höchst selten
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Zitationshilfe: | Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 3. Wien, 1850, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt03_1850/10>, abgerufen am 16.02.2025. |