Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 2. Wien, 1850.

Bild:
<< vorherige Seite

lang, und da der Fluß kaum über neun Fuß breit sein mochte, reichten sie bis an das jenseitige Ufer.

Doch gab es der Naturschönheiten so viele, daß diese zeitweisen Beschwerden leicht zu ertragen waren, ja sogar den Reiz des Ganzen noch hoben. Der Wald war dicht und üppig an Untergehölzen, Schlingpflanzen, Palmen, Laub- und Farrenbäumen; letztere, bis zu sechzehn Fuß hoch, bildeten nicht minder ein Schattendach gegen die glühenden Sonnenstrahlen als die Palmen und andere Bäume.

Gesteigert wurde meine Freude, als ich in den höchsten Spitzen der Bäume einige Affen von Zweig zu Zweig springen sah und mehrere in der Nähe kreischen hörte. Ich erblickte zum ersten Male diese Thiere in ihrem Naturzustande, und innig vergnügte es mich, daß es keinem der Herren gelang, einen der kleinen Schelme zu treffen. Sie schossen dafür einige herrliche Loris (eine Gattung kleiner Papageien vom schönsten Gefieder und Farbenspiel) und Eichhörnchen. Bald aber wurde unsere Aufmerksamkeit auf einen wichtigeren Gegenstand geleitet: wir bemerkten zwischen den Aesten auf einem der Bäume einen dunkeln Körper und erkannten bei näherer Beschauung eine große Schlange. Sie ruhte da mehrfach zusammengerollt und lauerte vermuthlich auf Beute. Wir wagten uns ziemlich in ihre Nähe; sie blieb unbeweglich und stierte mit ihren glänzenden Augen unverwandt nach uns, nicht ahnend, wie nahe ihr der Tod war. -- Man schoß nach ihr und traf sie in die Seite. Wüthend und pfeilschnell schoß sie vom Baume, doch so, daß sie mit dem Schwanze am Aste hängen blieb. Sie schnellte sich und

lang, und da der Fluß kaum über neun Fuß breit sein mochte, reichten sie bis an das jenseitige Ufer.

Doch gab es der Naturschönheiten so viele, daß diese zeitweisen Beschwerden leicht zu ertragen waren, ja sogar den Reiz des Ganzen noch hoben. Der Wald war dicht und üppig an Untergehölzen, Schlingpflanzen, Palmen, Laub- und Farrenbäumen; letztere, bis zu sechzehn Fuß hoch, bildeten nicht minder ein Schattendach gegen die glühenden Sonnenstrahlen als die Palmen und andere Bäume.

Gesteigert wurde meine Freude, als ich in den höchsten Spitzen der Bäume einige Affen von Zweig zu Zweig springen sah und mehrere in der Nähe kreischen hörte. Ich erblickte zum ersten Male diese Thiere in ihrem Naturzustande, und innig vergnügte es mich, daß es keinem der Herren gelang, einen der kleinen Schelme zu treffen. Sie schossen dafür einige herrliche Loris (eine Gattung kleiner Papageien vom schönsten Gefieder und Farbenspiel) und Eichhörnchen. Bald aber wurde unsere Aufmerksamkeit auf einen wichtigeren Gegenstand geleitet: wir bemerkten zwischen den Aesten auf einem der Bäume einen dunkeln Körper und erkannten bei näherer Beschauung eine große Schlange. Sie ruhte da mehrfach zusammengerollt und lauerte vermuthlich auf Beute. Wir wagten uns ziemlich in ihre Nähe; sie blieb unbeweglich und stierte mit ihren glänzenden Augen unverwandt nach uns, nicht ahnend, wie nahe ihr der Tod war. — Man schoß nach ihr und traf sie in die Seite. Wüthend und pfeilschnell schoß sie vom Baume, doch so, daß sie mit dem Schwanze am Aste hängen blieb. Sie schnellte sich und

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0082" n="75"/>
lang, und da der Fluß kaum über neun Fuß breit sein mochte, reichten sie bis an das jenseitige Ufer.</p>
          <p>Doch gab es der Naturschönheiten so viele, daß diese zeitweisen Beschwerden leicht zu ertragen waren, ja sogar den Reiz des Ganzen noch hoben. Der Wald war dicht und üppig an Untergehölzen, Schlingpflanzen, Palmen, Laub- und Farrenbäumen; letztere, bis zu sechzehn Fuß hoch, bildeten nicht minder ein Schattendach gegen die glühenden Sonnenstrahlen als die Palmen und andere Bäume.</p>
          <p>Gesteigert wurde meine Freude, als ich in den höchsten Spitzen der Bäume einige Affen von Zweig zu Zweig springen sah und mehrere in der Nähe kreischen hörte. Ich erblickte zum ersten Male diese Thiere in ihrem Naturzustande, und innig vergnügte es mich, daß es keinem der Herren gelang, einen der kleinen Schelme zu treffen. Sie schossen dafür einige herrliche Loris (eine Gattung kleiner Papageien vom schönsten Gefieder und Farbenspiel) und Eichhörnchen. Bald aber wurde unsere Aufmerksamkeit auf einen wichtigeren Gegenstand geleitet: wir bemerkten zwischen den Aesten auf einem der Bäume einen dunkeln Körper und erkannten bei näherer Beschauung eine große Schlange. Sie ruhte da mehrfach zusammengerollt und lauerte vermuthlich auf Beute. Wir wagten uns ziemlich in ihre Nähe; sie blieb unbeweglich und stierte mit ihren glänzenden Augen unverwandt nach uns, nicht ahnend, wie nahe ihr der Tod war. &#x2014; Man schoß nach ihr und traf sie in die Seite. Wüthend und pfeilschnell schoß sie vom Baume, doch so, daß sie mit dem Schwanze am Aste hängen blieb. Sie schnellte sich und
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[75/0082] lang, und da der Fluß kaum über neun Fuß breit sein mochte, reichten sie bis an das jenseitige Ufer. Doch gab es der Naturschönheiten so viele, daß diese zeitweisen Beschwerden leicht zu ertragen waren, ja sogar den Reiz des Ganzen noch hoben. Der Wald war dicht und üppig an Untergehölzen, Schlingpflanzen, Palmen, Laub- und Farrenbäumen; letztere, bis zu sechzehn Fuß hoch, bildeten nicht minder ein Schattendach gegen die glühenden Sonnenstrahlen als die Palmen und andere Bäume. Gesteigert wurde meine Freude, als ich in den höchsten Spitzen der Bäume einige Affen von Zweig zu Zweig springen sah und mehrere in der Nähe kreischen hörte. Ich erblickte zum ersten Male diese Thiere in ihrem Naturzustande, und innig vergnügte es mich, daß es keinem der Herren gelang, einen der kleinen Schelme zu treffen. Sie schossen dafür einige herrliche Loris (eine Gattung kleiner Papageien vom schönsten Gefieder und Farbenspiel) und Eichhörnchen. Bald aber wurde unsere Aufmerksamkeit auf einen wichtigeren Gegenstand geleitet: wir bemerkten zwischen den Aesten auf einem der Bäume einen dunkeln Körper und erkannten bei näherer Beschauung eine große Schlange. Sie ruhte da mehrfach zusammengerollt und lauerte vermuthlich auf Beute. Wir wagten uns ziemlich in ihre Nähe; sie blieb unbeweglich und stierte mit ihren glänzenden Augen unverwandt nach uns, nicht ahnend, wie nahe ihr der Tod war. — Man schoß nach ihr und traf sie in die Seite. Wüthend und pfeilschnell schoß sie vom Baume, doch so, daß sie mit dem Schwanze am Aste hängen blieb. Sie schnellte sich und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Sophie: A digital library of works by german-speaking women: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-06-28T07:11:29Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition (2013-06-28T07:11:29Z)
Bayerische Staatsbibliothek Digital: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-06-28T07:11:29Z)

Weitere Informationen:

  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert
  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert
  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein
  • Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.) sind nicht konsequent wie in der Vorlage gekennzeichnet



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt02_1850
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt02_1850/82
Zitationshilfe: Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 2. Wien, 1850, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt02_1850/82>, abgerufen am 24.11.2024.