Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 2. Wien, 1850.In den Höfen lag viel Schmutz und Unrath, die Gebäude glichen halben Ruinen und erbärmliche Baracken stützten sich an schadhafte Mauern. Der kaiserlichen Residenz wegen wäre es sehr nöthig, bald wieder ein neues Delhi zu erbauen; dagegen fehlt es nicht an Beweglichkeit. Schon bei meinem Eintritte in den Palast hatte ich in einem der Höfe einen Kreis von Menschen versammelt gesehen. Eine Stunde später, als wir von der Besichtigung des Palastes zurückkamen, saßen sie noch beisammen. Wir traten näher um zu sehen was ihre Aufmerksamkeit so sehr feßle: es waren einige Dutzend gezähmter Vögelchen, die auf Stangen saßen und den Wärtern das Futter aus den Händen nahmen oder sich darum streiten mußten. Die Zuseher waren, wie man uns sagte, fast durchgehends Prinzen. Mehrere saßen auf Stühlen, andere standen in Gemeinschaft mit ihrem Gefolge darneben. In ihrem Hausanzuge unterscheiden sich die Prinzen von ihrer Dienerschaft sehr wenig, auch an Bildung und Kenntnissen sollen sie wenig vor ihnen voraus haben. Eine nicht viel bessere Spielerei belustigt den Kaiser; es ist dies sein Militär, das aus Knaben von acht bis vierzehn Jahren besteht. Sie tragen erbärmliche Uniformen, die an Schnitt und Farbe den englischen gleichen; ihre Exercitien werden theils von alten Officieren, theils von Knaben geleitet. Ich bedauerte die junge Kriegerschaar von Herzen und begriff kaum, wie es ihnen möglich war die schweren Gewehre und Fahnen zu handhaben. Für gewöhnlich sitzt der Monarch täglich einige Stunden in der kleinen Empfangshalle und unterhält sich an den In den Höfen lag viel Schmutz und Unrath, die Gebäude glichen halben Ruinen und erbärmliche Baracken stützten sich an schadhafte Mauern. Der kaiserlichen Residenz wegen wäre es sehr nöthig, bald wieder ein neues Delhi zu erbauen; dagegen fehlt es nicht an Beweglichkeit. Schon bei meinem Eintritte in den Palast hatte ich in einem der Höfe einen Kreis von Menschen versammelt gesehen. Eine Stunde später, als wir von der Besichtigung des Palastes zurückkamen, saßen sie noch beisammen. Wir traten näher um zu sehen was ihre Aufmerksamkeit so sehr feßle: es waren einige Dutzend gezähmter Vögelchen, die auf Stangen saßen und den Wärtern das Futter aus den Händen nahmen oder sich darum streiten mußten. Die Zuseher waren, wie man uns sagte, fast durchgehends Prinzen. Mehrere saßen auf Stühlen, andere standen in Gemeinschaft mit ihrem Gefolge darneben. In ihrem Hausanzuge unterscheiden sich die Prinzen von ihrer Dienerschaft sehr wenig, auch an Bildung und Kenntnissen sollen sie wenig vor ihnen voraus haben. Eine nicht viel bessere Spielerei belustigt den Kaiser; es ist dies sein Militär, das aus Knaben von acht bis vierzehn Jahren besteht. Sie tragen erbärmliche Uniformen, die an Schnitt und Farbe den englischen gleichen; ihre Exercitien werden theils von alten Officieren, theils von Knaben geleitet. Ich bedauerte die junge Kriegerschaar von Herzen und begriff kaum, wie es ihnen möglich war die schweren Gewehre und Fahnen zu handhaben. Für gewöhnlich sitzt der Monarch täglich einige Stunden in der kleinen Empfangshalle und unterhält sich an den <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0221" n="214"/> <p>In den Höfen lag viel Schmutz und Unrath, die Gebäude glichen halben Ruinen und erbärmliche Baracken stützten sich an schadhafte Mauern. Der kaiserlichen Residenz wegen wäre es sehr nöthig, bald wieder ein neues Delhi zu erbauen; dagegen fehlt es nicht an Beweglichkeit.</p> <p>Schon bei meinem Eintritte in den Palast hatte ich in einem der Höfe einen Kreis von Menschen versammelt gesehen. Eine Stunde später, als wir von der Besichtigung des Palastes zurückkamen, saßen sie noch beisammen. Wir traten näher um zu sehen was ihre Aufmerksamkeit so sehr feßle: es waren einige Dutzend gezähmter Vögelchen, die auf Stangen saßen und den Wärtern das Futter aus den Händen nahmen oder sich darum streiten mußten. Die Zuseher waren, wie man uns sagte, fast durchgehends Prinzen. Mehrere saßen auf Stühlen, andere standen in Gemeinschaft mit ihrem Gefolge darneben. In ihrem Hausanzuge unterscheiden sich die Prinzen von ihrer Dienerschaft sehr wenig, auch an Bildung und Kenntnissen sollen sie wenig vor ihnen voraus haben.</p> <p>Eine nicht viel bessere Spielerei belustigt den Kaiser; es ist dies sein Militär, das aus Knaben von acht bis vierzehn Jahren besteht. Sie tragen erbärmliche Uniformen, die an Schnitt und Farbe den englischen gleichen; ihre Exercitien werden theils von alten Officieren, theils von Knaben geleitet. Ich bedauerte die junge Kriegerschaar von Herzen und begriff kaum, wie es ihnen möglich war die schweren Gewehre und Fahnen zu handhaben. Für gewöhnlich sitzt der Monarch täglich einige Stunden in der kleinen Empfangshalle und unterhält sich an den </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [214/0221]
In den Höfen lag viel Schmutz und Unrath, die Gebäude glichen halben Ruinen und erbärmliche Baracken stützten sich an schadhafte Mauern. Der kaiserlichen Residenz wegen wäre es sehr nöthig, bald wieder ein neues Delhi zu erbauen; dagegen fehlt es nicht an Beweglichkeit.
Schon bei meinem Eintritte in den Palast hatte ich in einem der Höfe einen Kreis von Menschen versammelt gesehen. Eine Stunde später, als wir von der Besichtigung des Palastes zurückkamen, saßen sie noch beisammen. Wir traten näher um zu sehen was ihre Aufmerksamkeit so sehr feßle: es waren einige Dutzend gezähmter Vögelchen, die auf Stangen saßen und den Wärtern das Futter aus den Händen nahmen oder sich darum streiten mußten. Die Zuseher waren, wie man uns sagte, fast durchgehends Prinzen. Mehrere saßen auf Stühlen, andere standen in Gemeinschaft mit ihrem Gefolge darneben. In ihrem Hausanzuge unterscheiden sich die Prinzen von ihrer Dienerschaft sehr wenig, auch an Bildung und Kenntnissen sollen sie wenig vor ihnen voraus haben.
Eine nicht viel bessere Spielerei belustigt den Kaiser; es ist dies sein Militär, das aus Knaben von acht bis vierzehn Jahren besteht. Sie tragen erbärmliche Uniformen, die an Schnitt und Farbe den englischen gleichen; ihre Exercitien werden theils von alten Officieren, theils von Knaben geleitet. Ich bedauerte die junge Kriegerschaar von Herzen und begriff kaum, wie es ihnen möglich war die schweren Gewehre und Fahnen zu handhaben. Für gewöhnlich sitzt der Monarch täglich einige Stunden in der kleinen Empfangshalle und unterhält sich an den
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Zitationshilfe: | Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 2. Wien, 1850, S. 214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt02_1850/221>, abgerufen am 16.02.2025. |