Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 2. Wien, 1850.kleiner als diese, äußerst zart und niedlich gebaut und längs des Rückens mit schmalen, dunkelbraunen Streifen gezeichnet. Sie setzten ohne große Scheu vor uns über die Straße, über Gräben und Gebüsche, machten Sprünge von mehr denn zwanzig Fuß und dabei waren ihre Bewegungen so anmuthig, daß es schien als ob sie durch die Luft tanzten. Nicht minder erfreute mich der Anblick eines wilden Pfauenpaares. Es gewährt ein ganz eigenthümliches Vergnügen, Thiere im freien Zustande zu sehen, die wir Europäer gewohnt sind als Seltenheiten gleich den exotischen Gewächsen in Käfigen und andern engen Räumen zu bewahren. Der Pfau ist hier im Naturzustande etwas größer als ich ihn in Europa sah; auch kam mir das Farbenspiel, der Glanz des Gefieders schöner und lebhafter vor. Dieser Vogel wird von dem Indier beinahe so heilig gehalten wie die Kuh. Die Thiere scheinen diese Humanität ordentlich zu verstehen, denn man sieht sie wie das Hausgeflügel in den Dörfern herum spazieren oder auf den Dächern gemächlich der Ruhe pflegen. In manchen Gegenden sind die Indier für diese Thiere so eingenommen, daß es kein Europäer wagen dürfte, nach ihnen zu scheißen, ohne sich den größten Beleidigungen auszusetzen. Erst vor vier Monaten fielen zwei englische Soldaten als Opfer dieser Nichtachtung der hindostanischen Gebräuche. Sie tödteten einige Pfauen, das Volk fiel wuthentbrannt über die Mörder und mißhandelte sie dermaßen, daß sie kurze Zeit darnach starben. Fattipoor-Sikri liegt auf einem Hügel, man sieht daher die Festungsmauern, die Moscheen und andere kleiner als diese, äußerst zart und niedlich gebaut und längs des Rückens mit schmalen, dunkelbraunen Streifen gezeichnet. Sie setzten ohne große Scheu vor uns über die Straße, über Gräben und Gebüsche, machten Sprünge von mehr denn zwanzig Fuß und dabei waren ihre Bewegungen so anmuthig, daß es schien als ob sie durch die Luft tanzten. Nicht minder erfreute mich der Anblick eines wilden Pfauenpaares. Es gewährt ein ganz eigenthümliches Vergnügen, Thiere im freien Zustande zu sehen, die wir Europäer gewohnt sind als Seltenheiten gleich den exotischen Gewächsen in Käfigen und andern engen Räumen zu bewahren. Der Pfau ist hier im Naturzustande etwas größer als ich ihn in Europa sah; auch kam mir das Farbenspiel, der Glanz des Gefieders schöner und lebhafter vor. Dieser Vogel wird von dem Indier beinahe so heilig gehalten wie die Kuh. Die Thiere scheinen diese Humanität ordentlich zu verstehen, denn man sieht sie wie das Hausgeflügel in den Dörfern herum spazieren oder auf den Dächern gemächlich der Ruhe pflegen. In manchen Gegenden sind die Indier für diese Thiere so eingenommen, daß es kein Europäer wagen dürfte, nach ihnen zu scheißen, ohne sich den größten Beleidigungen auszusetzen. Erst vor vier Monaten fielen zwei englische Soldaten als Opfer dieser Nichtachtung der hindostanischen Gebräuche. Sie tödteten einige Pfauen, das Volk fiel wuthentbrannt über die Mörder und mißhandelte sie dermaßen, daß sie kurze Zeit darnach starben. Fattipoor-Sikri liegt auf einem Hügel, man sieht daher die Festungsmauern, die Moscheen und andere <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0209" n="202"/> kleiner als diese, äußerst zart und niedlich gebaut und längs des Rückens mit schmalen, dunkelbraunen Streifen gezeichnet. Sie setzten ohne große Scheu vor uns über die Straße, über Gräben und Gebüsche, machten Sprünge von mehr denn zwanzig Fuß und dabei waren ihre Bewegungen so anmuthig, daß es schien als ob sie durch die Luft tanzten. Nicht minder erfreute mich der Anblick eines wilden Pfauenpaares. Es gewährt ein ganz eigenthümliches Vergnügen, Thiere im freien Zustande zu sehen, die wir Europäer gewohnt sind als Seltenheiten gleich den exotischen Gewächsen in Käfigen und andern engen Räumen zu bewahren.</p> <p>Der Pfau ist hier im Naturzustande etwas größer als ich ihn in Europa sah; auch kam mir das Farbenspiel, der Glanz des Gefieders schöner und lebhafter vor.</p> <p>Dieser Vogel wird von dem Indier beinahe so heilig gehalten wie die Kuh. Die Thiere scheinen diese Humanität ordentlich zu verstehen, denn man sieht sie wie das Hausgeflügel in den Dörfern herum spazieren oder auf den Dächern gemächlich der Ruhe pflegen. In manchen Gegenden sind die Indier für diese Thiere so eingenommen, daß es kein Europäer wagen dürfte, nach ihnen zu scheißen, ohne sich den größten Beleidigungen auszusetzen. Erst vor vier Monaten fielen zwei englische Soldaten als Opfer dieser Nichtachtung der hindostanischen Gebräuche. Sie tödteten einige Pfauen, das Volk fiel wuthentbrannt über die Mörder und mißhandelte sie dermaßen, daß sie kurze Zeit darnach starben.</p> <p>Fattipoor-Sikri liegt auf einem Hügel, man sieht daher die Festungsmauern, die Moscheen und andere </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [202/0209]
kleiner als diese, äußerst zart und niedlich gebaut und längs des Rückens mit schmalen, dunkelbraunen Streifen gezeichnet. Sie setzten ohne große Scheu vor uns über die Straße, über Gräben und Gebüsche, machten Sprünge von mehr denn zwanzig Fuß und dabei waren ihre Bewegungen so anmuthig, daß es schien als ob sie durch die Luft tanzten. Nicht minder erfreute mich der Anblick eines wilden Pfauenpaares. Es gewährt ein ganz eigenthümliches Vergnügen, Thiere im freien Zustande zu sehen, die wir Europäer gewohnt sind als Seltenheiten gleich den exotischen Gewächsen in Käfigen und andern engen Räumen zu bewahren.
Der Pfau ist hier im Naturzustande etwas größer als ich ihn in Europa sah; auch kam mir das Farbenspiel, der Glanz des Gefieders schöner und lebhafter vor.
Dieser Vogel wird von dem Indier beinahe so heilig gehalten wie die Kuh. Die Thiere scheinen diese Humanität ordentlich zu verstehen, denn man sieht sie wie das Hausgeflügel in den Dörfern herum spazieren oder auf den Dächern gemächlich der Ruhe pflegen. In manchen Gegenden sind die Indier für diese Thiere so eingenommen, daß es kein Europäer wagen dürfte, nach ihnen zu scheißen, ohne sich den größten Beleidigungen auszusetzen. Erst vor vier Monaten fielen zwei englische Soldaten als Opfer dieser Nichtachtung der hindostanischen Gebräuche. Sie tödteten einige Pfauen, das Volk fiel wuthentbrannt über die Mörder und mißhandelte sie dermaßen, daß sie kurze Zeit darnach starben.
Fattipoor-Sikri liegt auf einem Hügel, man sieht daher die Festungsmauern, die Moscheen und andere
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Zitationshilfe: | Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 2. Wien, 1850, S. 202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt02_1850/209>, abgerufen am 16.07.2024. |