Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 2. Wien, 1850.

Bild:
<< vorherige Seite

bestreichen ihren Körper mit Kuhdung, das Gesicht nicht ausgenommen, und überstreuen sich dann mit Asche; Brust und Stirne bemalen sie mit den Sinnbildern des Schiwa und Vischnu, die struppigen Haare färben sie dunkelrothbraun. Man kann nicht leicht etwas häßlicheres und widerlicheres sehen als diese Priester. Sie gehen in allen Straßen umher und predigen überall und was ihnen einfällt; sie stehen aber bei weitem nicht in der Achtung wie die Märtyrer.

Einer der Herren, die ich in Benares kennen lernte, war so gütig, mir einige Bemerkungen über die Verhältnisse des Bauers zu der Regierung mitzutheilen. Der Bauer hat keinen Grundbesitz, er ist nur Pächter. Alles Land gehört entweder der englischen Regierung, der ostindischen Compagnie oder den eingebornen Fürsten. Die Länder werden im Großen verpachtet, die Hauptpächter zerstückeln sie in kleine Partien und überlassen diese dem Bauer. Das Schicksal des letzteren hängt gänzlich von der Güte oder Härte des Oberpächters ab. Dieser macht die Preise des Pachtschillings; er fordert die Summe oft zu einer Zeit, wo die Frucht noch nicht geerndtet ist und der Bauer nicht zahlen kann; der Arme ist dann gezwungen, um den halben Preis die ungereiste Saat auf dem Felde zu verkaufen, die der Pächter gewöhnlich unter dem Namen eines andern an sich zu bringen weiß. Dem unglücklichen Bauer bleibt oft kaum so viel, um sich und den Seinigen das Leben zu fristen.

Gesetze un[d] Richter gibt es freilich im Lande, und

bestreichen ihren Körper mit Kuhdung, das Gesicht nicht ausgenommen, und überstreuen sich dann mit Asche; Brust und Stirne bemalen sie mit den Sinnbildern des Schiwa und Vischnu, die struppigen Haare färben sie dunkelrothbraun. Man kann nicht leicht etwas häßlicheres und widerlicheres sehen als diese Priester. Sie gehen in allen Straßen umher und predigen überall und was ihnen einfällt; sie stehen aber bei weitem nicht in der Achtung wie die Märtyrer.

Einer der Herren, die ich in Benares kennen lernte, war so gütig, mir einige Bemerkungen über die Verhältnisse des Bauers zu der Regierung mitzutheilen. Der Bauer hat keinen Grundbesitz, er ist nur Pächter. Alles Land gehört entweder der englischen Regierung, der ostindischen Compagnie oder den eingebornen Fürsten. Die Länder werden im Großen verpachtet, die Hauptpächter zerstückeln sie in kleine Partien und überlassen diese dem Bauer. Das Schicksal des letzteren hängt gänzlich von der Güte oder Härte des Oberpächters ab. Dieser macht die Preise des Pachtschillings; er fordert die Summe oft zu einer Zeit, wo die Frucht noch nicht geerndtet ist und der Bauer nicht zahlen kann; der Arme ist dann gezwungen, um den halben Preis die ungereiste Saat auf dem Felde zu verkaufen, die der Pächter gewöhnlich unter dem Namen eines andern an sich zu bringen weiß. Dem unglücklichen Bauer bleibt oft kaum so viel, um sich und den Seinigen das Leben zu fristen.

Gesetze un[d] Richter gibt es freilich im Lande, und

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0190" n="183"/>
bestreichen ihren Körper mit Kuhdung, das Gesicht nicht ausgenommen, und überstreuen sich dann mit Asche; Brust und Stirne bemalen sie mit den Sinnbildern des Schiwa und Vischnu, die struppigen Haare färben sie dunkelrothbraun. Man kann nicht leicht etwas häßlicheres und widerlicheres sehen als diese Priester. Sie gehen in allen Straßen umher und predigen überall und was ihnen einfällt; sie stehen aber bei weitem nicht in der Achtung wie die Märtyrer.<lb/></p>
          <p>Einer der Herren, die ich in Benares kennen lernte, war so gütig, mir einige Bemerkungen über die Verhältnisse des Bauers zu der Regierung mitzutheilen. Der Bauer hat keinen Grundbesitz, er ist nur Pächter. Alles Land gehört entweder der englischen Regierung, der ostindischen Compagnie oder den eingebornen Fürsten. Die Länder werden im Großen verpachtet, die Hauptpächter zerstückeln sie in kleine Partien und überlassen diese dem Bauer. Das Schicksal des letzteren hängt gänzlich von der Güte oder Härte des Oberpächters ab. Dieser macht die Preise des Pachtschillings; er fordert die Summe oft zu einer Zeit, wo die Frucht noch nicht geerndtet ist und der Bauer nicht zahlen kann; der Arme ist dann gezwungen, um den halben Preis die ungereiste Saat auf dem Felde zu verkaufen, die der Pächter gewöhnlich unter dem Namen eines andern an sich zu bringen weiß. Dem unglücklichen Bauer bleibt oft kaum so viel, um sich und den Seinigen das Leben zu fristen.</p>
          <p>Gesetze un[d] Richter gibt es freilich im Lande, und
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[183/0190] bestreichen ihren Körper mit Kuhdung, das Gesicht nicht ausgenommen, und überstreuen sich dann mit Asche; Brust und Stirne bemalen sie mit den Sinnbildern des Schiwa und Vischnu, die struppigen Haare färben sie dunkelrothbraun. Man kann nicht leicht etwas häßlicheres und widerlicheres sehen als diese Priester. Sie gehen in allen Straßen umher und predigen überall und was ihnen einfällt; sie stehen aber bei weitem nicht in der Achtung wie die Märtyrer. Einer der Herren, die ich in Benares kennen lernte, war so gütig, mir einige Bemerkungen über die Verhältnisse des Bauers zu der Regierung mitzutheilen. Der Bauer hat keinen Grundbesitz, er ist nur Pächter. Alles Land gehört entweder der englischen Regierung, der ostindischen Compagnie oder den eingebornen Fürsten. Die Länder werden im Großen verpachtet, die Hauptpächter zerstückeln sie in kleine Partien und überlassen diese dem Bauer. Das Schicksal des letzteren hängt gänzlich von der Güte oder Härte des Oberpächters ab. Dieser macht die Preise des Pachtschillings; er fordert die Summe oft zu einer Zeit, wo die Frucht noch nicht geerndtet ist und der Bauer nicht zahlen kann; der Arme ist dann gezwungen, um den halben Preis die ungereiste Saat auf dem Felde zu verkaufen, die der Pächter gewöhnlich unter dem Namen eines andern an sich zu bringen weiß. Dem unglücklichen Bauer bleibt oft kaum so viel, um sich und den Seinigen das Leben zu fristen. Gesetze un[d] Richter gibt es freilich im Lande, und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Sophie: A digital library of works by german-speaking women: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-06-28T07:11:29Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition (2013-06-28T07:11:29Z)
Bayerische Staatsbibliothek Digital: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-06-28T07:11:29Z)

Weitere Informationen:

  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert
  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert
  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein
  • Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.) sind nicht konsequent wie in der Vorlage gekennzeichnet



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt02_1850
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt02_1850/190
Zitationshilfe: Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 2. Wien, 1850, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt02_1850/190>, abgerufen am 28.11.2024.