Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 2. Wien, 1850.beinahe vor jedem Hause steht das Sinnbild des Gottes Schiwa. Von dem Tempeln in der Stadt ist der schönste der "Visvishas": er hat zwei durch Säulengänge verbundene Thürme, deren Spitzen mit Goldplatten belegt sind. Eine Mauer umgibt den Tempel. Wir durften den Vorhof betreten und bis an die Eingangsthüren gehen. Darinnen sahen wir einige Sinnbilder des Vischnu und Schiwa, die mit Blumen bekränzt und mit Fruchtkörnern von Reis, Waizen u. dgl. überstreut waren. In den Vorhallen standen kleine Stiere von Metall oder Stein, und lebende weiße Stiere (ich zählte deren acht) gingen frei umher. Diese Letzteren werden für heilig geachtet und dürfen sich ungehindert überall hinbegeben, ja es ist ihnen sogar nicht verwehrt, ihren Hunger mit den geopferten Blumen und Fruchtkörnern zu stillen. Dergleichen heilige Thiere verweilen nicht nur in den Tempeln, sie gehen auch in den Straßen umher. Die Leute weichen ihnen ehrerbietig aus und werfen ihnen mitunter auch Futter zu; doch lassen sie selbe nicht, wie einst, von dem zum Kaufe ausgestellten Getreide naschen. -- Wenn einer der heiligen Stiere stirbt, so wird er in den Fluß geworfen oder verbrannt; er genießt hierinnen gleiche Ehre mit den Hindus. In dem Tempel befanden sich Männer und Weiber, die Blumen gebracht hatten, mit welchen sie die Sinnbilder schmückten und bekränzten. Manche legten auch ein Stück Geld unter die Blumen. Sie spritzten Gangeswasser über beinahe vor jedem Hause steht das Sinnbild des Gottes Schiwa. Von dem Tempeln in der Stadt ist der schönste der „Visvishas“: er hat zwei durch Säulengänge verbundene Thürme, deren Spitzen mit Goldplatten belegt sind. Eine Mauer umgibt den Tempel. Wir durften den Vorhof betreten und bis an die Eingangsthüren gehen. Darinnen sahen wir einige Sinnbilder des Vischnu und Schiwa, die mit Blumen bekränzt und mit Fruchtkörnern von Reis, Waizen u. dgl. überstreut waren. In den Vorhallen standen kleine Stiere von Metall oder Stein, und lebende weiße Stiere (ich zählte deren acht) gingen frei umher. Diese Letzteren werden für heilig geachtet und dürfen sich ungehindert überall hinbegeben, ja es ist ihnen sogar nicht verwehrt, ihren Hunger mit den geopferten Blumen und Fruchtkörnern zu stillen. Dergleichen heilige Thiere verweilen nicht nur in den Tempeln, sie gehen auch in den Straßen umher. Die Leute weichen ihnen ehrerbietig aus und werfen ihnen mitunter auch Futter zu; doch lassen sie selbe nicht, wie einst, von dem zum Kaufe ausgestellten Getreide naschen. — Wenn einer der heiligen Stiere stirbt, so wird er in den Fluß geworfen oder verbrannt; er genießt hierinnen gleiche Ehre mit den Hindus. In dem Tempel befanden sich Männer und Weiber, die Blumen gebracht hatten, mit welchen sie die Sinnbilder schmückten und bekränzten. Manche legten auch ein Stück Geld unter die Blumen. Sie spritzten Gangeswasser über <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0177" n="170"/> beinahe vor jedem Hause steht das Sinnbild des Gottes Schiwa.</p> <p>Von dem Tempeln in der Stadt ist der schönste der „Visvishas“: er hat zwei durch Säulengänge verbundene Thürme, deren Spitzen mit Goldplatten belegt sind. Eine Mauer umgibt den Tempel. Wir durften den Vorhof betreten und bis an die Eingangsthüren gehen. Darinnen sahen wir einige Sinnbilder des Vischnu und Schiwa, die mit Blumen bekränzt und mit Fruchtkörnern von Reis, Waizen u. dgl. überstreut waren. In den Vorhallen standen kleine Stiere von Metall oder Stein, und lebende weiße Stiere (ich zählte deren acht) gingen frei umher. Diese Letzteren werden für heilig geachtet und dürfen sich ungehindert überall hinbegeben, ja es ist ihnen sogar nicht verwehrt, ihren Hunger mit den geopferten Blumen und Fruchtkörnern zu stillen.</p> <p>Dergleichen heilige Thiere verweilen nicht nur in den Tempeln, sie gehen auch in den Straßen umher. Die Leute weichen ihnen ehrerbietig aus und werfen ihnen mitunter auch Futter zu; doch lassen sie selbe nicht, wie einst, von dem zum Kaufe ausgestellten Getreide naschen. — Wenn einer der heiligen Stiere stirbt, so wird er in den Fluß geworfen oder verbrannt; er genießt hierinnen gleiche Ehre mit den Hindus.</p> <p>In dem Tempel befanden sich Männer und Weiber, die Blumen gebracht hatten, mit welchen sie die Sinnbilder schmückten und bekränzten. Manche legten auch ein Stück Geld unter die Blumen. Sie spritzten Gangeswasser über </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [170/0177]
beinahe vor jedem Hause steht das Sinnbild des Gottes Schiwa.
Von dem Tempeln in der Stadt ist der schönste der „Visvishas“: er hat zwei durch Säulengänge verbundene Thürme, deren Spitzen mit Goldplatten belegt sind. Eine Mauer umgibt den Tempel. Wir durften den Vorhof betreten und bis an die Eingangsthüren gehen. Darinnen sahen wir einige Sinnbilder des Vischnu und Schiwa, die mit Blumen bekränzt und mit Fruchtkörnern von Reis, Waizen u. dgl. überstreut waren. In den Vorhallen standen kleine Stiere von Metall oder Stein, und lebende weiße Stiere (ich zählte deren acht) gingen frei umher. Diese Letzteren werden für heilig geachtet und dürfen sich ungehindert überall hinbegeben, ja es ist ihnen sogar nicht verwehrt, ihren Hunger mit den geopferten Blumen und Fruchtkörnern zu stillen.
Dergleichen heilige Thiere verweilen nicht nur in den Tempeln, sie gehen auch in den Straßen umher. Die Leute weichen ihnen ehrerbietig aus und werfen ihnen mitunter auch Futter zu; doch lassen sie selbe nicht, wie einst, von dem zum Kaufe ausgestellten Getreide naschen. — Wenn einer der heiligen Stiere stirbt, so wird er in den Fluß geworfen oder verbrannt; er genießt hierinnen gleiche Ehre mit den Hindus.
In dem Tempel befanden sich Männer und Weiber, die Blumen gebracht hatten, mit welchen sie die Sinnbilder schmückten und bekränzten. Manche legten auch ein Stück Geld unter die Blumen. Sie spritzten Gangeswasser über
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Zitationshilfe: | Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 2. Wien, 1850, S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt02_1850/177>, abgerufen am 16.02.2025. |