Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 2. Wien, 1850.Auch im Felde der Wissenschaften leistet Lady Cameron Schönes. Unseres Bürger "Leonore" fand an ihr eine würdige Uebersetzerin. Außerdem ist sie die zärtlichste Gattin und Mutter, lebt nur ihrer Familie, kümmert sich wenig um die Außenwelt und wird deshalb von der großen Menge ein Original genannt. Gäbe es doch nur viele solche Originale! -- Ich hatte keinen Brief an diese liebenswürdige Dame; sie hörte aber zufällig von meinen Reisen und suchte mich auf. Ueberhaupt fand ich hier wahre Gastfreundschaft -- ich wurde in den besten Cirkeln mit Zuvorkommenheit und Herzlichkeit empfangen, und jedermann bemühte sich, mir gefällig zu sein. Unwillkürlich gedachte ich des österreichischen Ministers in Rio de Janeiro, Grafen Rehberg, der schon meinte, mich sehr auszuzeichnen, daß er mich zu einem einfachen Male in seine Villa lud. Diese Ehre mußte ich entweder mit einem stundenlangen Gange in der glühenden Sonnenhitze oder mit sechs Milreis (sechs Gulden 42 kr. C. M.) für den Wagen erkaufen. In Calcutta ließ man mich stets im Wagen abholen. Noch viel könnte ich von diesem Herrn Grafen erzählen, dessen Benehmen mir fühlen ließ, wie ungeschickt es von mir sei, daß ich nicht einer reichen, aristokratischen Familie entstammte. Anders war der Minister, Herr Cameron, anders der Justizminister, Herr Peel, -- diese ehrten mich meiner selbst willen, ohne sich um meine Ahnen zu kümmern. Bei Herrn Peel war während meiner Anwesenheit zu Calcutta ein großes Fest zur Feier seines Geburtstages. Auch im Felde der Wissenschaften leistet Lady Cameron Schönes. Unseres Bürger „Leonore“ fand an ihr eine würdige Uebersetzerin. Außerdem ist sie die zärtlichste Gattin und Mutter, lebt nur ihrer Familie, kümmert sich wenig um die Außenwelt und wird deshalb von der großen Menge ein Original genannt. Gäbe es doch nur viele solche Originale! — Ich hatte keinen Brief an diese liebenswürdige Dame; sie hörte aber zufällig von meinen Reisen und suchte mich auf. Ueberhaupt fand ich hier wahre Gastfreundschaft — ich wurde in den besten Cirkeln mit Zuvorkommenheit und Herzlichkeit empfangen, und jedermann bemühte sich, mir gefällig zu sein. Unwillkürlich gedachte ich des österreichischen Ministers in Rio de Janeiro, Grafen Rehberg, der schon meinte, mich sehr auszuzeichnen, daß er mich zu einem einfachen Male in seine Villa lud. Diese Ehre mußte ich entweder mit einem stundenlangen Gange in der glühenden Sonnenhitze oder mit sechs Milreis (sechs Gulden 42 kr. C. M.) für den Wagen erkaufen. In Calcutta ließ man mich stets im Wagen abholen. Noch viel könnte ich von diesem Herrn Grafen erzählen, dessen Benehmen mir fühlen ließ, wie ungeschickt es von mir sei, daß ich nicht einer reichen, aristokratischen Familie entstammte. Anders war der Minister, Herr Cameron, anders der Justizminister, Herr Peel, — diese ehrten mich meiner selbst willen, ohne sich um meine Ahnen zu kümmern. Bei Herrn Peel war während meiner Anwesenheit zu Calcutta ein großes Fest zur Feier seines Geburtstages. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0138" n="131"/> <p>Auch im Felde der Wissenschaften leistet Lady Cameron Schönes. Unseres Bürger „Leonore“ fand an ihr eine würdige Uebersetzerin.</p> <p>Außerdem ist sie die zärtlichste Gattin und Mutter, lebt nur ihrer Familie, kümmert sich wenig um die Außenwelt und wird deshalb von der großen Menge ein Original genannt. Gäbe es doch nur viele solche Originale! —</p> <p>Ich hatte keinen Brief an diese liebenswürdige Dame; sie hörte aber zufällig von meinen Reisen und suchte mich auf. Ueberhaupt fand ich hier wahre Gastfreundschaft — ich wurde in den besten Cirkeln mit Zuvorkommenheit und Herzlichkeit empfangen, und jedermann bemühte sich, mir gefällig zu sein. Unwillkürlich gedachte ich des österreichischen Ministers in Rio de Janeiro, Grafen Rehberg, der schon meinte, mich sehr auszuzeichnen, daß er mich zu einem einfachen Male in seine Villa lud. Diese Ehre mußte ich entweder mit einem stundenlangen Gange in der glühenden Sonnenhitze oder mit sechs Milreis (sechs Gulden 42 kr. C. M.) für den Wagen erkaufen. In Calcutta ließ man mich stets im Wagen abholen. Noch viel könnte ich von diesem Herrn Grafen erzählen, dessen Benehmen mir fühlen ließ, wie ungeschickt es von mir sei, daß ich nicht einer reichen, aristokratischen Familie entstammte. Anders war der Minister, Herr Cameron, anders der Justizminister, Herr Peel, — diese ehrten mich meiner selbst willen, ohne sich um meine Ahnen zu kümmern.</p> <p>Bei Herrn Peel war während meiner Anwesenheit zu Calcutta ein großes Fest zur Feier seines Geburtstages. </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [131/0138]
Auch im Felde der Wissenschaften leistet Lady Cameron Schönes. Unseres Bürger „Leonore“ fand an ihr eine würdige Uebersetzerin.
Außerdem ist sie die zärtlichste Gattin und Mutter, lebt nur ihrer Familie, kümmert sich wenig um die Außenwelt und wird deshalb von der großen Menge ein Original genannt. Gäbe es doch nur viele solche Originale! —
Ich hatte keinen Brief an diese liebenswürdige Dame; sie hörte aber zufällig von meinen Reisen und suchte mich auf. Ueberhaupt fand ich hier wahre Gastfreundschaft — ich wurde in den besten Cirkeln mit Zuvorkommenheit und Herzlichkeit empfangen, und jedermann bemühte sich, mir gefällig zu sein. Unwillkürlich gedachte ich des österreichischen Ministers in Rio de Janeiro, Grafen Rehberg, der schon meinte, mich sehr auszuzeichnen, daß er mich zu einem einfachen Male in seine Villa lud. Diese Ehre mußte ich entweder mit einem stundenlangen Gange in der glühenden Sonnenhitze oder mit sechs Milreis (sechs Gulden 42 kr. C. M.) für den Wagen erkaufen. In Calcutta ließ man mich stets im Wagen abholen. Noch viel könnte ich von diesem Herrn Grafen erzählen, dessen Benehmen mir fühlen ließ, wie ungeschickt es von mir sei, daß ich nicht einer reichen, aristokratischen Familie entstammte. Anders war der Minister, Herr Cameron, anders der Justizminister, Herr Peel, — diese ehrten mich meiner selbst willen, ohne sich um meine Ahnen zu kümmern.
Bei Herrn Peel war während meiner Anwesenheit zu Calcutta ein großes Fest zur Feier seines Geburtstages.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt02_1850 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt02_1850/138 |
Zitationshilfe: | Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 2. Wien, 1850, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt02_1850/138>, abgerufen am 16.02.2025. |