Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 2. Wien, 1850.Silber und mit vielen kostbaren Edelsteinen ausgeschmückt. Ein Pfau in der Mitte ist blos aus Edelsteinen zusammengesetzt; doch machen all' diese vielen und großen Edelsteine keinen besondern Effekt, da sie sehr plump und unvortheilhaft gefaßt sind. Unter dem Riesensturze befinden sich sechs kleinere, die von reinem Golde sein sollen, -- der letzte deckt den Zahn der allmächtigen Gottheit. Den äußeren Sturz versperren drei Schlösser, zu welchem zwei der Schlüssel bei dem englischen Gouverneur liegen, während der dritte bei dem Oberpriester des Tempels bleibt. Vor kurzem hat aber das Gouvernement die beiden Schlüssel unter großen Feierlichkeiten den Eingebornen zurückgegeben, und sie befinden sich jetzt bei einem der Radscha's (Prinzen) der Insel. Die Reliquie selbst wird höchstens einem Prinzen oder sonst einem Mächtigen der Erde gezeigt, andere Leute müssen sich mit den Worten des Priesters begnügen, der gegen eine kleine Belohnung die Gefälligkeit hat, die Größe und Schönheit des Zahnes zu beschreiben. Seine blendend weiße Farbe soll das Elfenbein beschämen, seine Form, alles der Art bisher Gesehene übertreffen, und seine Größe der eines mächtigen Ochsenzahnes entsprechen. Unzählige Menschen wallfahrten jährlich hieher, um dem göttlichen Zahne ihre Verehrung darzubringen. Der Glauben macht selig; -- gibt es doch unter den christlichen Secten viele Menschen, die Dinge für wahr halten, wozu kein minder fester Glaube gehört. So erinnere ich mich noch aus meiner Jugendzeit einst einem Feste beigewohnt zu haben, das zu Calvaria, einem Wallfahrtsorte Silber und mit vielen kostbaren Edelsteinen ausgeschmückt. Ein Pfau in der Mitte ist blos aus Edelsteinen zusammengesetzt; doch machen all’ diese vielen und großen Edelsteine keinen besondern Effekt, da sie sehr plump und unvortheilhaft gefaßt sind. Unter dem Riesensturze befinden sich sechs kleinere, die von reinem Golde sein sollen, — der letzte deckt den Zahn der allmächtigen Gottheit. Den äußeren Sturz versperren drei Schlösser, zu welchem zwei der Schlüssel bei dem englischen Gouverneur liegen, während der dritte bei dem Oberpriester des Tempels bleibt. Vor kurzem hat aber das Gouvernement die beiden Schlüssel unter großen Feierlichkeiten den Eingebornen zurückgegeben, und sie befinden sich jetzt bei einem der Radscha’s (Prinzen) der Insel. Die Reliquie selbst wird höchstens einem Prinzen oder sonst einem Mächtigen der Erde gezeigt, andere Leute müssen sich mit den Worten des Priesters begnügen, der gegen eine kleine Belohnung die Gefälligkeit hat, die Größe und Schönheit des Zahnes zu beschreiben. Seine blendend weiße Farbe soll das Elfenbein beschämen, seine Form, alles der Art bisher Gesehene übertreffen, und seine Größe der eines mächtigen Ochsenzahnes entsprechen. Unzählige Menschen wallfahrten jährlich hieher, um dem göttlichen Zahne ihre Verehrung darzubringen. Der Glauben macht selig; — gibt es doch unter den christlichen Secten viele Menschen, die Dinge für wahr halten, wozu kein minder fester Glaube gehört. So erinnere ich mich noch aus meiner Jugendzeit einst einem Feste beigewohnt zu haben, das zu Calvaria, einem Wallfahrtsorte <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0109" n="102"/> Silber und mit vielen kostbaren Edelsteinen ausgeschmückt. Ein Pfau in der Mitte ist blos aus Edelsteinen zusammengesetzt; doch machen all’ diese vielen und großen Edelsteine keinen besondern Effekt, da sie sehr plump und unvortheilhaft gefaßt sind.</p> <p>Unter dem Riesensturze befinden sich sechs kleinere, die von reinem Golde sein sollen, — der letzte deckt den Zahn der allmächtigen Gottheit. Den äußeren Sturz versperren drei Schlösser, zu welchem zwei der Schlüssel bei dem englischen Gouverneur liegen, während der dritte bei dem Oberpriester des Tempels bleibt. Vor kurzem hat aber das Gouvernement die beiden Schlüssel unter großen Feierlichkeiten den Eingebornen zurückgegeben, und sie befinden sich jetzt bei einem der Radscha’s (Prinzen) der Insel.</p> <p>Die Reliquie selbst wird höchstens einem Prinzen oder sonst einem Mächtigen der Erde gezeigt, andere Leute müssen sich mit den Worten des Priesters begnügen, der gegen eine kleine Belohnung die Gefälligkeit hat, die Größe und Schönheit des Zahnes zu beschreiben. Seine blendend weiße Farbe soll das Elfenbein beschämen, seine Form, alles der Art bisher Gesehene übertreffen, und seine Größe der eines mächtigen Ochsenzahnes entsprechen.</p> <p>Unzählige Menschen wallfahrten jährlich hieher, um dem göttlichen Zahne ihre Verehrung darzubringen.</p> <p>Der Glauben macht selig; — gibt es doch unter den christlichen Secten viele Menschen, die Dinge für wahr halten, wozu kein minder fester Glaube gehört. So erinnere ich mich noch aus meiner Jugendzeit einst einem Feste beigewohnt zu haben, das zu Calvaria, einem Wallfahrtsorte</p> <p> </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [102/0109]
Silber und mit vielen kostbaren Edelsteinen ausgeschmückt. Ein Pfau in der Mitte ist blos aus Edelsteinen zusammengesetzt; doch machen all’ diese vielen und großen Edelsteine keinen besondern Effekt, da sie sehr plump und unvortheilhaft gefaßt sind.
Unter dem Riesensturze befinden sich sechs kleinere, die von reinem Golde sein sollen, — der letzte deckt den Zahn der allmächtigen Gottheit. Den äußeren Sturz versperren drei Schlösser, zu welchem zwei der Schlüssel bei dem englischen Gouverneur liegen, während der dritte bei dem Oberpriester des Tempels bleibt. Vor kurzem hat aber das Gouvernement die beiden Schlüssel unter großen Feierlichkeiten den Eingebornen zurückgegeben, und sie befinden sich jetzt bei einem der Radscha’s (Prinzen) der Insel.
Die Reliquie selbst wird höchstens einem Prinzen oder sonst einem Mächtigen der Erde gezeigt, andere Leute müssen sich mit den Worten des Priesters begnügen, der gegen eine kleine Belohnung die Gefälligkeit hat, die Größe und Schönheit des Zahnes zu beschreiben. Seine blendend weiße Farbe soll das Elfenbein beschämen, seine Form, alles der Art bisher Gesehene übertreffen, und seine Größe der eines mächtigen Ochsenzahnes entsprechen.
Unzählige Menschen wallfahrten jährlich hieher, um dem göttlichen Zahne ihre Verehrung darzubringen.
Der Glauben macht selig; — gibt es doch unter den christlichen Secten viele Menschen, die Dinge für wahr halten, wozu kein minder fester Glaube gehört. So erinnere ich mich noch aus meiner Jugendzeit einst einem Feste beigewohnt zu haben, das zu Calvaria, einem Wallfahrtsorte
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Zitationshilfe: | Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 2. Wien, 1850, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt02_1850/109>, abgerufen am 16.02.2025. |