Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 2. Wien, 1850.

Bild:
<< vorherige Seite

und wich nicht von der Stelle. Er wollte es mit Gewalt wieder nehmen; da sah ich aber glücklicherweise in einiger Ferne zwei englische Soldaten, denen ich zuschrie und zuwinkte, herbei zu kommen. Als der Bursche dies sah, lief er davon. -- Ich erzählte den Soldaten mein Abentheuer; sie wünschten mir Glück zur Rettung meines Gepäckes und führten mich hierauf zur Kaserne, wo einer der Offiziere so gefällig war, mich in einen andern Gasthof führen zu lassen.

Mein erster Besuch galt dem Tempel Dagoha, der eine große Reliquie der Gottheit Buddha: einen ihrer Zähne enthält. Der Tempel sammt den Nebengebäuden ist von Mauern umgeben. Der Umfang des Haupttempels erschien sehr unbedeutend, und das Allerheiligste, welches den Zahn enthält, ist ein kleines Gemach von kaum zwanzig Fuß im Durchmesser. Tiefe Finsterniß herrscht darinnen, da es keine Fenster hat, und innerhalb der Thüre ein Vorhang hängt, um das einfallende Licht abzuhalten. Die Wände und die Decke sind mit seidenen Teppichen ausgelegt, die aber kein anderes Verdienst als jenes des Alters haben. Sie waren zwar mit Goldfäden durchwirkt, scheinen jedoch nie allzureich gewesen zu sein, und ich konnte mir durchaus nicht vorstellen, daß sie je einen so großen, blendenden Effekt hervorgebracht haben, wie manche Reiseberichte melden. Das halbe Gemach nimmt eine große Tafel (eine Art Altar) ein, die mit Silberplatten ausgetäfelt und an den Kanten mit Edelsteinen besetzt ist. Auf dieser Tafel steht ein glockenartiger Sturz, der an dem unteren Ende einen Durchmesser von wenigstens drei Fuß, und eine gleiche Höhe hat. Er ist von stark vergoldetem

und wich nicht von der Stelle. Er wollte es mit Gewalt wieder nehmen; da sah ich aber glücklicherweise in einiger Ferne zwei englische Soldaten, denen ich zuschrie und zuwinkte, herbei zu kommen. Als der Bursche dies sah, lief er davon. — Ich erzählte den Soldaten mein Abentheuer; sie wünschten mir Glück zur Rettung meines Gepäckes und führten mich hierauf zur Kaserne, wo einer der Offiziere so gefällig war, mich in einen andern Gasthof führen zu lassen.

Mein erster Besuch galt dem Tempel Dagoha, der eine große Reliquie der Gottheit Buddha: einen ihrer Zähne enthält. Der Tempel sammt den Nebengebäuden ist von Mauern umgeben. Der Umfang des Haupttempels erschien sehr unbedeutend, und das Allerheiligste, welches den Zahn enthält, ist ein kleines Gemach von kaum zwanzig Fuß im Durchmesser. Tiefe Finsterniß herrscht darinnen, da es keine Fenster hat, und innerhalb der Thüre ein Vorhang hängt, um das einfallende Licht abzuhalten. Die Wände und die Decke sind mit seidenen Teppichen ausgelegt, die aber kein anderes Verdienst als jenes des Alters haben. Sie waren zwar mit Goldfäden durchwirkt, scheinen jedoch nie allzureich gewesen zu sein, und ich konnte mir durchaus nicht vorstellen, daß sie je einen so großen, blendenden Effekt hervorgebracht haben, wie manche Reiseberichte melden. Das halbe Gemach nimmt eine große Tafel (eine Art Altar) ein, die mit Silberplatten ausgetäfelt und an den Kanten mit Edelsteinen besetzt ist. Auf dieser Tafel steht ein glockenartiger Sturz, der an dem unteren Ende einen Durchmesser von wenigstens drei Fuß, und eine gleiche Höhe hat. Er ist von stark vergoldetem

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0108" n="101"/>
und wich nicht von der Stelle. Er wollte es mit Gewalt wieder nehmen; da sah ich aber glücklicherweise in einiger Ferne zwei englische Soldaten, denen ich zuschrie und zuwinkte, herbei zu kommen. Als der Bursche dies sah, lief er davon. &#x2014; Ich erzählte den Soldaten mein Abentheuer; sie wünschten mir Glück zur Rettung meines Gepäckes und führten mich hierauf zur Kaserne, wo einer der Offiziere so gefällig war, mich in einen andern Gasthof führen zu lassen.</p>
          <p>Mein erster Besuch galt dem Tempel Dagoha, der eine große Reliquie der Gottheit Buddha: einen ihrer Zähne enthält. Der Tempel sammt den Nebengebäuden ist von Mauern umgeben. Der Umfang des Haupttempels erschien sehr unbedeutend, und das Allerheiligste, welches den Zahn enthält, ist ein kleines Gemach von kaum zwanzig Fuß im Durchmesser. Tiefe Finsterniß herrscht darinnen, da es keine Fenster hat, und innerhalb der Thüre ein Vorhang hängt, um das einfallende Licht abzuhalten. Die Wände und die Decke sind mit seidenen Teppichen ausgelegt, die aber kein anderes Verdienst als jenes des Alters haben. Sie waren zwar mit Goldfäden durchwirkt, scheinen jedoch nie allzureich gewesen zu sein, und ich konnte mir durchaus nicht vorstellen, daß sie je einen so großen, blendenden Effekt hervorgebracht haben, wie manche Reiseberichte melden. Das halbe Gemach nimmt eine große Tafel (eine Art Altar) ein, die mit Silberplatten ausgetäfelt und an den Kanten mit Edelsteinen besetzt ist. Auf dieser Tafel steht ein glockenartiger Sturz, der an dem unteren Ende einen Durchmesser von wenigstens drei Fuß, und eine gleiche Höhe hat. Er ist von stark vergoldetem
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[101/0108] und wich nicht von der Stelle. Er wollte es mit Gewalt wieder nehmen; da sah ich aber glücklicherweise in einiger Ferne zwei englische Soldaten, denen ich zuschrie und zuwinkte, herbei zu kommen. Als der Bursche dies sah, lief er davon. — Ich erzählte den Soldaten mein Abentheuer; sie wünschten mir Glück zur Rettung meines Gepäckes und führten mich hierauf zur Kaserne, wo einer der Offiziere so gefällig war, mich in einen andern Gasthof führen zu lassen. Mein erster Besuch galt dem Tempel Dagoha, der eine große Reliquie der Gottheit Buddha: einen ihrer Zähne enthält. Der Tempel sammt den Nebengebäuden ist von Mauern umgeben. Der Umfang des Haupttempels erschien sehr unbedeutend, und das Allerheiligste, welches den Zahn enthält, ist ein kleines Gemach von kaum zwanzig Fuß im Durchmesser. Tiefe Finsterniß herrscht darinnen, da es keine Fenster hat, und innerhalb der Thüre ein Vorhang hängt, um das einfallende Licht abzuhalten. Die Wände und die Decke sind mit seidenen Teppichen ausgelegt, die aber kein anderes Verdienst als jenes des Alters haben. Sie waren zwar mit Goldfäden durchwirkt, scheinen jedoch nie allzureich gewesen zu sein, und ich konnte mir durchaus nicht vorstellen, daß sie je einen so großen, blendenden Effekt hervorgebracht haben, wie manche Reiseberichte melden. Das halbe Gemach nimmt eine große Tafel (eine Art Altar) ein, die mit Silberplatten ausgetäfelt und an den Kanten mit Edelsteinen besetzt ist. Auf dieser Tafel steht ein glockenartiger Sturz, der an dem unteren Ende einen Durchmesser von wenigstens drei Fuß, und eine gleiche Höhe hat. Er ist von stark vergoldetem

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Sophie: A digital library of works by german-speaking women: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-06-28T07:11:29Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition (2013-06-28T07:11:29Z)
Bayerische Staatsbibliothek Digital: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-06-28T07:11:29Z)

Weitere Informationen:

  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert
  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert
  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein
  • Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.) sind nicht konsequent wie in der Vorlage gekennzeichnet



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt02_1850
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt02_1850/108
Zitationshilfe: Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 2. Wien, 1850, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt02_1850/108>, abgerufen am 28.11.2024.