Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 2. Wien, 1850.An der Bauart der Häuser fand ich nichts besonderes -- die Fronte geht gewöhnlich in den Hof oder Garten. Ich besuchte unter anderem die Grotte, in welcher der berühmte Portugiese Camoens seine herrliche Lusiade gedichtet haben soll. Er wurde in Folge eines satirischen Gedichtes (Disperates no India) im Jahre 1556 nach Macao verwiesen, wo er mehrere Jahre bis zu seiner Zurückberufung lebte. -- Die Grotte liegt unsern der Stadt auf einer reizenden Anhöhe. Da in Handelsgeschäften nichts zu machen war, so beschloß der Kapitän den nächsten Morgen wieder in See zu gehen. Er bot mir freundlichst an, mich nach Hong-Kong als Gast mitzunehmen; ich hatte nämlich die Ueberfahrt nur bis Macao ausbedungen. Seine Einladung war mir um so angenehmer, als ich für Macao keinen einzigen Empfehlungsbrief hatte, und überdieß die Gelegenheiten nach Hong-Kong nicht sehr häufig sind. Unser Schiff lag, des seichten Fahrwassers wegen, ziemlich weit vom Lande, im Bereiche der Streifereien der Piraten, die hier äußerst zahlreich und kühn sind. Es wurden daher für diese Nacht alle Vorsichtsmaßregeln angeordnet und eine doppelte Wache ausgestellt. Noch im Jahre 1842 überfielen die Piraten auf der Rhede von Macao eine Brigg, tödteten die Mannschaft und plünderten das Schiff. Der Kapitän war auf dem Lande geblieben, die Mannschaft hatte sich sorglos dem Schlafe überlassen, und nur einen Mann als Wache ausgestellt. Da, mitten in der Nacht, kam ein Schampan (kleineres Fahrzeug als eine Dschonke) heran gerudert, An der Bauart der Häuser fand ich nichts besonderes — die Fronte geht gewöhnlich in den Hof oder Garten. Ich besuchte unter anderem die Grotte, in welcher der berühmte Portugiese Camoens seine herrliche Lusiade gedichtet haben soll. Er wurde in Folge eines satirischen Gedichtes (Disperates no India) im Jahre 1556 nach Macao verwiesen, wo er mehrere Jahre bis zu seiner Zurückberufung lebte. — Die Grotte liegt unsern der Stadt auf einer reizenden Anhöhe. Da in Handelsgeschäften nichts zu machen war, so beschloß der Kapitän den nächsten Morgen wieder in See zu gehen. Er bot mir freundlichst an, mich nach Hong-Kong als Gast mitzunehmen; ich hatte nämlich die Ueberfahrt nur bis Macao ausbedungen. Seine Einladung war mir um so angenehmer, als ich für Macao keinen einzigen Empfehlungsbrief hatte, und überdieß die Gelegenheiten nach Hong-Kong nicht sehr häufig sind. Unser Schiff lag, des seichten Fahrwassers wegen, ziemlich weit vom Lande, im Bereiche der Streifereien der Piraten, die hier äußerst zahlreich und kühn sind. Es wurden daher für diese Nacht alle Vorsichtsmaßregeln angeordnet und eine doppelte Wache ausgestellt. Noch im Jahre 1842 überfielen die Piraten auf der Rhede von Macao eine Brigg, tödteten die Mannschaft und plünderten das Schiff. Der Kapitän war auf dem Lande geblieben, die Mannschaft hatte sich sorglos dem Schlafe überlassen, und nur einen Mann als Wache ausgestellt. Da, mitten in der Nacht, kam ein Schampan (kleineres Fahrzeug als eine Dschonke) heran gerudert, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0010" n="3"/> <p>An der Bauart der Häuser fand ich nichts besonderes — die Fronte geht gewöhnlich in den Hof oder Garten.</p> <p>Ich besuchte unter anderem die Grotte, in welcher der berühmte Portugiese Camoens seine herrliche Lusiade gedichtet haben soll. Er wurde in Folge eines satirischen Gedichtes (Disperates no India) im Jahre 1556 nach Macao verwiesen, wo er mehrere Jahre bis zu seiner Zurückberufung lebte. — Die Grotte liegt unsern der Stadt auf einer reizenden Anhöhe.</p> <p>Da in Handelsgeschäften nichts zu machen war, so beschloß der Kapitän den nächsten Morgen wieder in See zu gehen. Er bot mir freundlichst an, mich nach Hong-Kong als Gast mitzunehmen; ich hatte nämlich die Ueberfahrt nur bis Macao ausbedungen. Seine Einladung war mir um so angenehmer, als ich für Macao keinen einzigen Empfehlungsbrief hatte, und überdieß die Gelegenheiten nach Hong-Kong nicht sehr häufig sind.</p> <p>Unser Schiff lag, des seichten Fahrwassers wegen, ziemlich weit vom Lande, im Bereiche der Streifereien der Piraten, die hier äußerst zahlreich und kühn sind. Es wurden daher für diese Nacht alle Vorsichtsmaßregeln angeordnet und eine doppelte Wache ausgestellt. </p> <p>Noch im Jahre 1842 überfielen die Piraten auf der Rhede von Macao eine Brigg, tödteten die Mannschaft und plünderten das Schiff. Der Kapitän war auf dem Lande geblieben, die Mannschaft hatte sich sorglos dem Schlafe überlassen, und nur einen Mann als Wache ausgestellt. Da, mitten in der Nacht, kam ein Schampan (kleineres Fahrzeug als eine Dschonke) heran gerudert, </p> </div> </body> </text> </TEI> [3/0010]
An der Bauart der Häuser fand ich nichts besonderes — die Fronte geht gewöhnlich in den Hof oder Garten.
Ich besuchte unter anderem die Grotte, in welcher der berühmte Portugiese Camoens seine herrliche Lusiade gedichtet haben soll. Er wurde in Folge eines satirischen Gedichtes (Disperates no India) im Jahre 1556 nach Macao verwiesen, wo er mehrere Jahre bis zu seiner Zurückberufung lebte. — Die Grotte liegt unsern der Stadt auf einer reizenden Anhöhe.
Da in Handelsgeschäften nichts zu machen war, so beschloß der Kapitän den nächsten Morgen wieder in See zu gehen. Er bot mir freundlichst an, mich nach Hong-Kong als Gast mitzunehmen; ich hatte nämlich die Ueberfahrt nur bis Macao ausbedungen. Seine Einladung war mir um so angenehmer, als ich für Macao keinen einzigen Empfehlungsbrief hatte, und überdieß die Gelegenheiten nach Hong-Kong nicht sehr häufig sind.
Unser Schiff lag, des seichten Fahrwassers wegen, ziemlich weit vom Lande, im Bereiche der Streifereien der Piraten, die hier äußerst zahlreich und kühn sind. Es wurden daher für diese Nacht alle Vorsichtsmaßregeln angeordnet und eine doppelte Wache ausgestellt.
Noch im Jahre 1842 überfielen die Piraten auf der Rhede von Macao eine Brigg, tödteten die Mannschaft und plünderten das Schiff. Der Kapitän war auf dem Lande geblieben, die Mannschaft hatte sich sorglos dem Schlafe überlassen, und nur einen Mann als Wache ausgestellt. Da, mitten in der Nacht, kam ein Schampan (kleineres Fahrzeug als eine Dschonke) heran gerudert,
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