Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 1. Wien, 1850.einer Urne, auf welcher der Name des Verstorbenen, sein Geburtstag u. s. w. verzeichnet ist. Diese Urnen werden in den Gängen aufgestellt oder wohl auch von den Verwandten mit nach Hause genommen. Am Aller-Seelentage nun werden die Seitenwände der Hallen mit schwarzen Stoffen, Goldtreffen und andern Zierathen ausgeschmückt, die Urnen auf erhöhte Gestelle gesetzt, mit Blumen und Bändern reich behangen und durch viele Wachslichter in silbernen Armleuchtern und Lustern erleuchtet. Da geht es denn vom frühen Morgen bis Mittag äußerst lebhaft zu; die Frauen und Mädchen beten für die Manen ihrer verstorbenen Verwandten, und die jungen Herren sind so neugierig wie bei uns in Europa, sie wollen die Mädchen beten sehen. Frauen und Mädchen gehen an diesem Tage schwarz gekleidet, und tragen häufig zum großen Aerger der neugierigen, jungen Herren, über Kopf und Gesicht einen schwarzen Schleier, -- mit einem Hute darf man überhaupt bei keinem Kirchenfeste erscheinen. Jedoch das glänzendste aller Feste, die ich hier sah, war die Taufe der kaiserlichen Prinzessin. Diese Feierlichkeit fand am 15. November in der Hofkapelle statt, die durch eine, zu diesem Zwecke eigens gebaute, offene Gallerie mit dem Pallaste verbunden war. Gegen 3 Uhr Nachmittag stellte sich eine Menge Militär auf dem Schloßplatze auf, die Garden vertheilten sich auf den Gallerien und in der Kirche, und das Musikchor spielte schöne Melodien, darunter häufig die Volkshymne, die angeblich der letztverstorbene Kaiser, Peter I., komponirt hat. Eine Equipage nach der andern kam an einer Urne, auf welcher der Name des Verstorbenen, sein Geburtstag u. s. w. verzeichnet ist. Diese Urnen werden in den Gängen aufgestellt oder wohl auch von den Verwandten mit nach Hause genommen. Am Aller-Seelentage nun werden die Seitenwände der Hallen mit schwarzen Stoffen, Goldtreffen und andern Zierathen ausgeschmückt, die Urnen auf erhöhte Gestelle gesetzt, mit Blumen und Bändern reich behangen und durch viele Wachslichter in silbernen Armleuchtern und Lustern erleuchtet. Da geht es denn vom frühen Morgen bis Mittag äußerst lebhaft zu; die Frauen und Mädchen beten für die Manen ihrer verstorbenen Verwandten, und die jungen Herren sind so neugierig wie bei uns in Europa, sie wollen die Mädchen beten sehen. Frauen und Mädchen gehen an diesem Tage schwarz gekleidet, und tragen häufig zum großen Aerger der neugierigen, jungen Herren, über Kopf und Gesicht einen schwarzen Schleier, — mit einem Hute darf man überhaupt bei keinem Kirchenfeste erscheinen. Jedoch das glänzendste aller Feste, die ich hier sah, war die Taufe der kaiserlichen Prinzessin. Diese Feierlichkeit fand am 15. November in der Hofkapelle statt, die durch eine, zu diesem Zwecke eigens gebaute, offene Gallerie mit dem Pallaste verbunden war. Gegen 3 Uhr Nachmittag stellte sich eine Menge Militär auf dem Schloßplatze auf, die Garden vertheilten sich auf den Gallerien und in der Kirche, und das Musikchor spielte schöne Melodien, darunter häufig die Volkshymne, die angeblich der letztverstorbene Kaiser, Peter I., komponirt hat. Eine Equipage nach der andern kam an <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0051" n="44"/> einer Urne, auf welcher der Name des Verstorbenen, sein Geburtstag u. s. w. verzeichnet ist. Diese Urnen werden in den Gängen aufgestellt oder wohl auch von den Verwandten mit nach Hause genommen.</p> <p> Am Aller-Seelentage nun werden die Seitenwände der Hallen mit schwarzen Stoffen, Goldtreffen und andern Zierathen ausgeschmückt, die Urnen auf erhöhte Gestelle gesetzt, mit Blumen und Bändern reich behangen und durch viele Wachslichter in silbernen Armleuchtern und Lustern erleuchtet. Da geht es denn vom frühen Morgen bis Mittag äußerst lebhaft zu; die Frauen und Mädchen beten für die Manen ihrer verstorbenen Verwandten, und die jungen Herren sind so neugierig wie bei uns in Europa, sie wollen die Mädchen beten sehen.</p> <p> Frauen und Mädchen gehen an diesem Tage schwarz gekleidet, und tragen häufig zum großen Aerger der neugierigen, jungen Herren, über Kopf und Gesicht einen schwarzen Schleier, — mit einem Hute darf man überhaupt bei keinem Kirchenfeste erscheinen.</p> <p> Jedoch das glänzendste aller Feste, die ich hier sah, war <hi rendition="#g">die Taufe der kaiserlichen Prinzessin</hi>. Diese Feierlichkeit fand am 15. November in der Hofkapelle statt, die durch eine, zu diesem Zwecke eigens gebaute, offene Gallerie mit dem Pallaste verbunden war.</p> <p> Gegen 3 Uhr Nachmittag stellte sich eine Menge Militär auf dem Schloßplatze auf, die Garden vertheilten sich auf den Gallerien und in der Kirche, und das Musikchor spielte schöne Melodien, darunter häufig die Volkshymne, die angeblich der letztverstorbene Kaiser, Peter I., komponirt hat. Eine Equipage nach der andern kam an </p> </div> </body> </text> </TEI> [44/0051]
einer Urne, auf welcher der Name des Verstorbenen, sein Geburtstag u. s. w. verzeichnet ist. Diese Urnen werden in den Gängen aufgestellt oder wohl auch von den Verwandten mit nach Hause genommen.
Am Aller-Seelentage nun werden die Seitenwände der Hallen mit schwarzen Stoffen, Goldtreffen und andern Zierathen ausgeschmückt, die Urnen auf erhöhte Gestelle gesetzt, mit Blumen und Bändern reich behangen und durch viele Wachslichter in silbernen Armleuchtern und Lustern erleuchtet. Da geht es denn vom frühen Morgen bis Mittag äußerst lebhaft zu; die Frauen und Mädchen beten für die Manen ihrer verstorbenen Verwandten, und die jungen Herren sind so neugierig wie bei uns in Europa, sie wollen die Mädchen beten sehen.
Frauen und Mädchen gehen an diesem Tage schwarz gekleidet, und tragen häufig zum großen Aerger der neugierigen, jungen Herren, über Kopf und Gesicht einen schwarzen Schleier, — mit einem Hute darf man überhaupt bei keinem Kirchenfeste erscheinen.
Jedoch das glänzendste aller Feste, die ich hier sah, war die Taufe der kaiserlichen Prinzessin. Diese Feierlichkeit fand am 15. November in der Hofkapelle statt, die durch eine, zu diesem Zwecke eigens gebaute, offene Gallerie mit dem Pallaste verbunden war.
Gegen 3 Uhr Nachmittag stellte sich eine Menge Militär auf dem Schloßplatze auf, die Garden vertheilten sich auf den Gallerien und in der Kirche, und das Musikchor spielte schöne Melodien, darunter häufig die Volkshymne, die angeblich der letztverstorbene Kaiser, Peter I., komponirt hat. Eine Equipage nach der andern kam an
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