Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 1. Wien, 1850.

Bild:
<< vorherige Seite

mit Verfertigung von Kleidern, Schuhen, Tapezier-, Gold-, Silber-Arbeiten u. s. w. beschäftiget, und traf manch zierlich gekleidetes Negermädchen, am feinsten Damenputze, an den zartesten Stickereien arbeitend. Ich glaubte fürwahr oft zu träumen, wenn ich diese armen Geschöpfe, die ich mir als freie Wilde in ihren heimathlichen Wäldern vorstellte, in den Läden und Zimmern solch' feine Geschäfte vollbringen sah! Und dennoch scheint es ihnen nicht so schwer zu fallen, als man glauben sollte. Sie verrichteten stets scherzend und munter ihre Arbeiten.

Unter der hiesigen sogenannten gebildeten Klasse sind manche, die, nach all' den Beweisen mechanischer Geschicklichkeit und auch geistiger Auffassung, welche die Schwarzen häufig entwickeln, noch immer behaupten, dieselben ständen an Geisteskraft so tief unter den Weißen, daß man sie nur als einen Uebergang vom Affen- zum Menschengeschlechte betrachten könnte. Ich gebe zu, daß sie einigermaßen entfernt von der geistigen Bildung der Weißen sind; finde aber die Ursache nicht in dem Mangel an Verstand, sondern in dem gänzlichen Mangel an Erziehung. Für sie ist keine Schule errichtet, sie bekommen keinen Unterricht, -- kurz es geschieht nicht das Geringste, ihre geistigen Fähigkeiten zu entwickeln. Man hält ihren Geist wie in alten despotischen Staaten vorsätzlich in Fesseln, denn das Erwachen dieses Volkes dürfte den Weißen fürchterlich sein. An Zahl ist es ihnen um das Vierfache*) überlegen, und käme es zu dem Bewußtsein dieser

*) Man rechnet durchgehends auf 4 Schwarze einen Weißen.

mit Verfertigung von Kleidern, Schuhen, Tapezier-, Gold-, Silber-Arbeiten u. s. w. beschäftiget, und traf manch zierlich gekleidetes Negermädchen, am feinsten Damenputze, an den zartesten Stickereien arbeitend. Ich glaubte fürwahr oft zu träumen, wenn ich diese armen Geschöpfe, die ich mir als freie Wilde in ihren heimathlichen Wäldern vorstellte, in den Läden und Zimmern solch’ feine Geschäfte vollbringen sah! Und dennoch scheint es ihnen nicht so schwer zu fallen, als man glauben sollte. Sie verrichteten stets scherzend und munter ihre Arbeiten.

Unter der hiesigen sogenannten gebildeten Klasse sind manche, die, nach all’ den Beweisen mechanischer Geschicklichkeit und auch geistiger Auffassung, welche die Schwarzen häufig entwickeln, noch immer behaupten, dieselben ständen an Geisteskraft so tief unter den Weißen, daß man sie nur als einen Uebergang vom Affen- zum Menschengeschlechte betrachten könnte. Ich gebe zu, daß sie einigermaßen entfernt von der geistigen Bildung der Weißen sind; finde aber die Ursache nicht in dem Mangel an Verstand, sondern in dem gänzlichen Mangel an Erziehung. Für sie ist keine Schule errichtet, sie bekommen keinen Unterricht, — kurz es geschieht nicht das Geringste, ihre geistigen Fähigkeiten zu entwickeln. Man hält ihren Geist wie in alten despotischen Staaten vorsätzlich in Fesseln, denn das Erwachen dieses Volkes dürfte den Weißen fürchterlich sein. An Zahl ist es ihnen um das Vierfache*) überlegen, und käme es zu dem Bewußtsein dieser

*) Man rechnet durchgehends auf 4 Schwarze einen Weißen.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0042" n="35"/>
mit Verfertigung von Kleidern, Schuhen, Tapezier-, Gold-, Silber-Arbeiten u. s. w. beschäftiget, und traf manch zierlich gekleidetes Negermädchen, am feinsten Damenputze, an den zartesten Stickereien arbeitend. Ich glaubte fürwahr oft zu träumen, wenn ich diese armen Geschöpfe, die ich mir als freie Wilde in ihren heimathlichen Wäldern vorstellte, in den Läden und Zimmern solch&#x2019; feine Geschäfte vollbringen sah! Und dennoch scheint es ihnen nicht so schwer zu fallen, als man glauben sollte. Sie verrichteten stets scherzend und munter ihre Arbeiten.</p>
        <p>   Unter der hiesigen sogenannten gebildeten Klasse sind manche, die, nach all&#x2019; den Beweisen mechanischer Geschicklichkeit und auch geistiger Auffassung, welche die Schwarzen häufig entwickeln, noch immer behaupten, dieselben ständen an <hi rendition="#g">Geisteskraft</hi> so tief unter den Weißen, daß man sie nur als einen Uebergang vom Affen- zum Menschengeschlechte betrachten könnte. Ich gebe zu, daß sie einigermaßen entfernt von der geistigen <hi rendition="#g">Bildung</hi> der Weißen sind; finde aber die Ursache nicht in dem Mangel an Verstand, sondern in dem gänzlichen Mangel an Erziehung. Für sie ist keine Schule errichtet, sie bekommen keinen Unterricht, &#x2014; kurz es geschieht nicht das Geringste, ihre geistigen Fähigkeiten zu entwickeln. Man hält ihren Geist wie in alten despotischen Staaten vorsätzlich in Fesseln, denn das Erwachen dieses Volkes dürfte den Weißen fürchterlich sein. An Zahl ist es ihnen um das Vierfache<note place="foot" n="*)">Man rechnet durchgehends auf 4 Schwarze einen Weißen.</note> überlegen, und käme es zu dem Bewußtsein dieser
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[35/0042] mit Verfertigung von Kleidern, Schuhen, Tapezier-, Gold-, Silber-Arbeiten u. s. w. beschäftiget, und traf manch zierlich gekleidetes Negermädchen, am feinsten Damenputze, an den zartesten Stickereien arbeitend. Ich glaubte fürwahr oft zu träumen, wenn ich diese armen Geschöpfe, die ich mir als freie Wilde in ihren heimathlichen Wäldern vorstellte, in den Läden und Zimmern solch’ feine Geschäfte vollbringen sah! Und dennoch scheint es ihnen nicht so schwer zu fallen, als man glauben sollte. Sie verrichteten stets scherzend und munter ihre Arbeiten. Unter der hiesigen sogenannten gebildeten Klasse sind manche, die, nach all’ den Beweisen mechanischer Geschicklichkeit und auch geistiger Auffassung, welche die Schwarzen häufig entwickeln, noch immer behaupten, dieselben ständen an Geisteskraft so tief unter den Weißen, daß man sie nur als einen Uebergang vom Affen- zum Menschengeschlechte betrachten könnte. Ich gebe zu, daß sie einigermaßen entfernt von der geistigen Bildung der Weißen sind; finde aber die Ursache nicht in dem Mangel an Verstand, sondern in dem gänzlichen Mangel an Erziehung. Für sie ist keine Schule errichtet, sie bekommen keinen Unterricht, — kurz es geschieht nicht das Geringste, ihre geistigen Fähigkeiten zu entwickeln. Man hält ihren Geist wie in alten despotischen Staaten vorsätzlich in Fesseln, denn das Erwachen dieses Volkes dürfte den Weißen fürchterlich sein. An Zahl ist es ihnen um das Vierfache *) überlegen, und käme es zu dem Bewußtsein dieser *) Man rechnet durchgehends auf 4 Schwarze einen Weißen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Sophie: A digital library of works by german-speaking women: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-06-28T07:11:29Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition (2013-06-28T07:11:29Z)
Bayerische Staatsbibliothek Digital: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-06-28T07:11:29Z)

Weitere Informationen:

  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert
  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert
  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein
  • Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.) sind nicht konsequent wie in der Vorlage gekennzeichnet



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt01_1850
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt01_1850/42
Zitationshilfe: Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 1. Wien, 1850, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt01_1850/42>, abgerufen am 23.11.2024.