Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 1. Wien, 1850.andern Orten würde man gewiß gleich eine Sammlung veranstaltet, oder den Armen wenigstens bedauert und getröstet haben; zum Lachen hätte gewiß niemand Ursache gefunden. Es ist dieß zwar nur eine kleine Begebenheit; aber gerade in solchen Kleinigkeiten lernt man oft auch den Charakter der Menschen kennen. Während meiner Anwesenheit in Valparaiso trug sich übrigens noch eine ganz andere, wahrhaft grauenvolle Geschichte zu. Wie bereits bemerkt so ist es auch hier, wie in manchen Ländern Europa's, gebräuchlich, die Verbrecher zu öffentlichen Arbeiten zu verwenden. -- Einer dieser Sträflinge nun suchte den Wärter durch Bestechung für seine Befreiung zu gewinnen, was ihm auch in so weit gelang, als sich der Wärter verbindlich machte, ihm gegen Bezahlung einer Onze (17 spanische Thaler) Gelegenheit zur Flucht zu verschaffen. Da nun die Gefangenen täglich des Morgens und des Mittags von ihren Verwandten und Freunden besucht werden und auch von diesen Lebensmittel empfangen dürfen, so brachte ihm seine Frau bei einer solchen Gelegenheit das Geld, nach dessen Empfange der Wärter es einzurichten wußte, daß der Verbrecher am nächsten Morgen nicht, wie es gewöhnlich geschah, mit einem andern an dieselbe Kette gefesselt wurde; er konnte allein gehen und auf diese Art leichter entfliehen, um so mehr, als der Ort der Arbeit in einer ziemlich einsamen Gegend lag. Der Plan war sehr schlau angelegt; -- aber mochte der Wärter sich anders besonnen haben, oder lag es schon andern Orten würde man gewiß gleich eine Sammlung veranstaltet, oder den Armen wenigstens bedauert und getröstet haben; zum Lachen hätte gewiß niemand Ursache gefunden. Es ist dieß zwar nur eine kleine Begebenheit; aber gerade in solchen Kleinigkeiten lernt man oft auch den Charakter der Menschen kennen. Während meiner Anwesenheit in Valparaiso trug sich übrigens noch eine ganz andere, wahrhaft grauenvolle Geschichte zu. Wie bereits bemerkt so ist es auch hier, wie in manchen Ländern Europa’s, gebräuchlich, die Verbrecher zu öffentlichen Arbeiten zu verwenden. — Einer dieser Sträflinge nun suchte den Wärter durch Bestechung für seine Befreiung zu gewinnen, was ihm auch in so weit gelang, als sich der Wärter verbindlich machte, ihm gegen Bezahlung einer Onze (17 spanische Thaler) Gelegenheit zur Flucht zu verschaffen. Da nun die Gefangenen täglich des Morgens und des Mittags von ihren Verwandten und Freunden besucht werden und auch von diesen Lebensmittel empfangen dürfen, so brachte ihm seine Frau bei einer solchen Gelegenheit das Geld, nach dessen Empfange der Wärter es einzurichten wußte, daß der Verbrecher am nächsten Morgen nicht, wie es gewöhnlich geschah, mit einem andern an dieselbe Kette gefesselt wurde; er konnte allein gehen und auf diese Art leichter entfliehen, um so mehr, als der Ort der Arbeit in einer ziemlich einsamen Gegend lag. Der Plan war sehr schlau angelegt; — aber mochte der Wärter sich anders besonnen haben, oder lag es schon <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0144" n="137"/> andern Orten würde man gewiß gleich eine Sammlung veranstaltet, oder den Armen wenigstens bedauert und getröstet haben; zum Lachen hätte gewiß niemand Ursache gefunden. Es ist dieß zwar nur eine kleine Begebenheit; aber gerade in solchen Kleinigkeiten lernt man oft auch den Charakter der Menschen kennen.</p> <p> Während meiner Anwesenheit in Valparaiso trug sich übrigens noch eine ganz andere, wahrhaft grauenvolle Geschichte zu.</p> <p> Wie bereits bemerkt so ist es auch hier, wie in manchen Ländern Europa’s, gebräuchlich, die Verbrecher zu öffentlichen Arbeiten zu verwenden. — Einer dieser Sträflinge nun suchte den Wärter durch Bestechung für seine Befreiung zu gewinnen, was ihm auch in so weit gelang, als sich der Wärter verbindlich machte, ihm gegen Bezahlung einer Onze (17 spanische Thaler) Gelegenheit zur Flucht zu verschaffen. Da nun die Gefangenen täglich des Morgens und des Mittags von ihren Verwandten und Freunden besucht werden und auch von diesen Lebensmittel empfangen dürfen, so brachte ihm seine Frau bei einer solchen Gelegenheit das Geld, nach dessen Empfange der Wärter es einzurichten wußte, daß der Verbrecher am nächsten Morgen nicht, wie es gewöhnlich geschah, mit einem andern an dieselbe Kette gefesselt wurde; er konnte allein gehen und auf diese Art leichter entfliehen, um so mehr, als der Ort der Arbeit in einer ziemlich einsamen Gegend lag.</p> <p> Der Plan war sehr schlau angelegt; — aber mochte der Wärter sich anders besonnen haben, oder lag es schon </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [137/0144]
andern Orten würde man gewiß gleich eine Sammlung veranstaltet, oder den Armen wenigstens bedauert und getröstet haben; zum Lachen hätte gewiß niemand Ursache gefunden. Es ist dieß zwar nur eine kleine Begebenheit; aber gerade in solchen Kleinigkeiten lernt man oft auch den Charakter der Menschen kennen.
Während meiner Anwesenheit in Valparaiso trug sich übrigens noch eine ganz andere, wahrhaft grauenvolle Geschichte zu.
Wie bereits bemerkt so ist es auch hier, wie in manchen Ländern Europa’s, gebräuchlich, die Verbrecher zu öffentlichen Arbeiten zu verwenden. — Einer dieser Sträflinge nun suchte den Wärter durch Bestechung für seine Befreiung zu gewinnen, was ihm auch in so weit gelang, als sich der Wärter verbindlich machte, ihm gegen Bezahlung einer Onze (17 spanische Thaler) Gelegenheit zur Flucht zu verschaffen. Da nun die Gefangenen täglich des Morgens und des Mittags von ihren Verwandten und Freunden besucht werden und auch von diesen Lebensmittel empfangen dürfen, so brachte ihm seine Frau bei einer solchen Gelegenheit das Geld, nach dessen Empfange der Wärter es einzurichten wußte, daß der Verbrecher am nächsten Morgen nicht, wie es gewöhnlich geschah, mit einem andern an dieselbe Kette gefesselt wurde; er konnte allein gehen und auf diese Art leichter entfliehen, um so mehr, als der Ort der Arbeit in einer ziemlich einsamen Gegend lag.
Der Plan war sehr schlau angelegt; — aber mochte der Wärter sich anders besonnen haben, oder lag es schon
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