Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 1. Wien, 1850.ganz merkwürdig menschenleer, und die allgemeine Stille wird nur durch das unausstehliche Knarren der Bauernkarren unterbrochen. Diese Karren ruhen auf zwei Rädern, oder, besser gesagt, auf zwei hölzernen Scheiben, die oft nicht einmal durch einen eisernen Reif zusammengehalten sind. Die Achsen, ebenfalls von Holz, werden nicht geschmiert, und davon rührt diese höllische Musik her. Eine sonderbare Mode herrscht in diesem heißen Klima in der Kleidertracht: alle Männer, die Sclaven ausgenommen, tragen große Tuchmäntel, deren eine Hälfte sie um die Achsel schlagen, selbst viele Frauen sah ich in weite, lange Tuchkrägen gehüllt. In St. Paulo ist auch eine hohe Schule; doch tritt für Studierende, die vom Lande oder von kleineren Städten kommen, der unangenehme Fall ein, daß sie Niemand aufnimmt. Sie sind gezwungen, Wohnungen zu miethen, selbe einzurichten und einen eigenen Haushalt zu führen. Noch besuchten wir einige Kirchen, die in ihrem Aeußeren und Inneren wenig sehenswerthes boten, und dann zum Schlusse den botanischen Garten, welcher außer einer Pflanzung chinesischen Thees auch nichts interessantes enthielt. Alles dies war in einigen Stunden abgethan, und wir hätten füglich die Reise nach Santos an folgenden Morgen wieder antreten können. Allein der Franzose, der uns in Folge seiner übergroßen Ermüdung auf dem Spaziergange nicht begleitet hatte, ersuchte uns, die Heimkehr noch um einen halben Tag zu verzögern und es so einzurichten, daß wir in Rio Grande über Nacht blieben. ganz merkwürdig menschenleer, und die allgemeine Stille wird nur durch das unausstehliche Knarren der Bauernkarren unterbrochen. Diese Karren ruhen auf zwei Rädern, oder, besser gesagt, auf zwei hölzernen Scheiben, die oft nicht einmal durch einen eisernen Reif zusammengehalten sind. Die Achsen, ebenfalls von Holz, werden nicht geschmiert, und davon rührt diese höllische Musik her. Eine sonderbare Mode herrscht in diesem heißen Klima in der Kleidertracht: alle Männer, die Sclaven ausgenommen, tragen große Tuchmäntel, deren eine Hälfte sie um die Achsel schlagen, selbst viele Frauen sah ich in weite, lange Tuchkrägen gehüllt. In St. Paulo ist auch eine hohe Schule; doch tritt für Studierende, die vom Lande oder von kleineren Städten kommen, der unangenehme Fall ein, daß sie Niemand aufnimmt. Sie sind gezwungen, Wohnungen zu miethen, selbe einzurichten und einen eigenen Haushalt zu führen. Noch besuchten wir einige Kirchen, die in ihrem Aeußeren und Inneren wenig sehenswerthes boten, und dann zum Schlusse den botanischen Garten, welcher außer einer Pflanzung chinesischen Thees auch nichts interessantes enthielt. Alles dies war in einigen Stunden abgethan, und wir hätten füglich die Reise nach Santos an folgenden Morgen wieder antreten können. Allein der Franzose, der uns in Folge seiner übergroßen Ermüdung auf dem Spaziergange nicht begleitet hatte, ersuchte uns, die Heimkehr noch um einen halben Tag zu verzögern und es so einzurichten, daß wir in Rio Grande über Nacht blieben. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0125" n="118"/> ganz merkwürdig menschenleer, und die allgemeine Stille wird nur durch das unausstehliche Knarren der Bauernkarren unterbrochen. Diese Karren ruhen auf zwei Rädern, oder, besser gesagt, auf zwei hölzernen Scheiben, die oft nicht einmal durch einen eisernen Reif zusammengehalten sind. Die Achsen, ebenfalls von Holz, werden nicht geschmiert, und davon rührt diese höllische Musik her.</p> <p> Eine sonderbare Mode herrscht in diesem heißen Klima in der Kleidertracht: alle Männer, die Sclaven ausgenommen, tragen große Tuchmäntel, deren eine Hälfte sie um die Achsel schlagen, selbst viele Frauen sah ich in weite, lange Tuchkrägen gehüllt.</p> <p> In St. Paulo ist auch eine hohe Schule; doch tritt für Studierende, die vom Lande oder von kleineren Städten kommen, der unangenehme Fall ein, daß sie Niemand aufnimmt. Sie sind gezwungen, Wohnungen zu miethen, selbe einzurichten und einen eigenen Haushalt zu führen.</p> <p> Noch besuchten wir einige Kirchen, die in ihrem Aeußeren und Inneren wenig sehenswerthes boten, und dann zum Schlusse den botanischen Garten, welcher außer einer Pflanzung chinesischen Thees auch nichts interessantes enthielt.</p> <p> Alles dies war in einigen Stunden abgethan, und wir hätten füglich die Reise nach Santos an folgenden Morgen wieder antreten können. Allein der Franzose, der uns in Folge seiner übergroßen Ermüdung auf dem Spaziergange nicht begleitet hatte, ersuchte uns, die Heimkehr noch um einen halben Tag zu verzögern und es so einzurichten, daß wir in <hi rendition="#aq">Rio Grande</hi> über Nacht blieben.</p> </div> </body> </text> </TEI> [118/0125]
ganz merkwürdig menschenleer, und die allgemeine Stille wird nur durch das unausstehliche Knarren der Bauernkarren unterbrochen. Diese Karren ruhen auf zwei Rädern, oder, besser gesagt, auf zwei hölzernen Scheiben, die oft nicht einmal durch einen eisernen Reif zusammengehalten sind. Die Achsen, ebenfalls von Holz, werden nicht geschmiert, und davon rührt diese höllische Musik her.
Eine sonderbare Mode herrscht in diesem heißen Klima in der Kleidertracht: alle Männer, die Sclaven ausgenommen, tragen große Tuchmäntel, deren eine Hälfte sie um die Achsel schlagen, selbst viele Frauen sah ich in weite, lange Tuchkrägen gehüllt.
In St. Paulo ist auch eine hohe Schule; doch tritt für Studierende, die vom Lande oder von kleineren Städten kommen, der unangenehme Fall ein, daß sie Niemand aufnimmt. Sie sind gezwungen, Wohnungen zu miethen, selbe einzurichten und einen eigenen Haushalt zu führen.
Noch besuchten wir einige Kirchen, die in ihrem Aeußeren und Inneren wenig sehenswerthes boten, und dann zum Schlusse den botanischen Garten, welcher außer einer Pflanzung chinesischen Thees auch nichts interessantes enthielt.
Alles dies war in einigen Stunden abgethan, und wir hätten füglich die Reise nach Santos an folgenden Morgen wieder antreten können. Allein der Franzose, der uns in Folge seiner übergroßen Ermüdung auf dem Spaziergange nicht begleitet hatte, ersuchte uns, die Heimkehr noch um einen halben Tag zu verzögern und es so einzurichten, daß wir in Rio Grande über Nacht blieben.
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Zitationshilfe: | Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 1. Wien, 1850, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt01_1850/125>, abgerufen am 17.02.2025. |