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Petersen, Julius: Die Wissenschaft von der Dichtung. System und Methodenlehre der Literaturwissenschaft. 2. Auflage. Berlin, 1944.

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Form bemühen mag. Die Werke des Literaten kommen deshalb für ppe_067.002
die Literaturgeschichte nur als Literatur zweiten Ranges, als Nachahmungen ppe_067.003
oder Gegenbeispiele wirklicher Dichtung in Betracht; die ppe_067.004
Werke des Dichters aber, auch wenn sie keine Dichtungen sind, verdienen ppe_067.005
um des Verfassers willen in der Dichtergeschichte ihren Platz.

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Damit ist es aber noch nicht getan. Auch andere Werke und Begebenheiten, ppe_067.007
die weder als Dichtungen noch als Werke eines Dichters ppe_067.008
anzusehen sind, müssen Beachtung finden, wenn sie für das dichterische ppe_067.009
Schaffen eines großen Einzelnen oder eines ganzen Zeitalters ppe_067.010
von einflußgebender Bedeutung waren. Auch sie gehören zu den ppe_067.011
zusammenhangvermittelnden Bindegliedern als Voraussetzungen dichterischer ppe_067.012
Schöpfung, so wie Kritiken und Nachahmungen als deren ppe_067.013
Ausstrahlung sich anschließen.

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Kehren wir noch einmal zur Frage nach dem Verhältnis, das ppe_067.015
zwischen Dichtung und anderen geistesgeschichtlich bedeutsamen ppe_067.016
Werken innerhalb der Literaturgeschichte bestehen kann, zurück, so ppe_067.017
ist es Sache der Darstellung, die erst am Schluß des Ganzen erörtert ppe_067.018
werden soll, zwischen vier verschiedenen Schichten ein Verhältnis ppe_067.019
herzustellen, das auch durch den zur Verfügung stehenden Raum mitbestimmt ppe_067.020
wird. Hauptsache bleiben die Werke der Dichter, sie müssen ppe_067.021
in jeder Untersuchung und Darstellung in den Vordergrund treten. ppe_067.022
Die Werke der Literaten schließen sich an als der Chor, der hinter ppe_067.023
den Protagonisten steht. Wenn sie auch keine eigenschöpferische ppe_067.024
Bedeutung haben, so legen sie in ihrer Gefolgschaft Zeugnis ab für ppe_067.025
die bahnbrechende Wirkung großer Dichtungen und für den stilbildenden ppe_067.026
Zug der Zeit. Als drittes kommen alle großen geistigen ppe_067.027
Ereignisse außerhalb der Dichtung und schönen Literatur (es kann ppe_067.028
sich um religiöse Gemeinschaftserlebnisse, um politische Bewegungen, ppe_067.029
um Kunstwerke, Erfindungen, Entdeckungen und Umgestaltungen ppe_067.030
des Weltbildes handeln) in Betracht; sie sind repräsentative Symbole ppe_067.031
des Zeitgeistes, die die Vorgänge der Dichtung beleuchten und in ihr ppe_067.032
sich auswirken. Als viertes ist alle weltanschauliche Literatur an die ppe_067.033
Dichtung heranzuziehen, soweit sie Quelle ihrer Gestaltung und ppe_067.034
Mittel für ihr Verstehen bedeutet. Die Reihenfolge und Bewertung ppe_067.035
dieser Schichten wird davon abhängen, ob eine mehr ästhetische, ppe_067.036
mehr kulturgeschichtliche, mehr ethnologische, mehr geistesgeschichtliche ppe_067.037
Einstellung vorwaltet. Immer aber muß es notwendiger Ordnungsgrundsatz ppe_067.038
sein, daß die Masse im Hintergrund bleibt und auch ppe_067.039
als Chor nur durch repräsentative Auswahl vertreten ist, während die ppe_067.040
stimmführenden Dichter im Vordergrund stehen.

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Diese Grundsätze, die der Vorstellung einer "histoire sans noms"

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Damit ist es aber noch nicht getan. Auch andere Werke und Begebenheiten, ppe_067.007
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Schöpfung, so wie Kritiken und Nachahmungen als deren ppe_067.013
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sich um religiöse Gemeinschaftserlebnisse, um politische Bewegungen, ppe_067.029
um Kunstwerke, Erfindungen, Entdeckungen und Umgestaltungen ppe_067.030
des Weltbildes handeln) in Betracht; sie sind repräsentative Symbole ppe_067.031
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Dichtung heranzuziehen, soweit sie Quelle ihrer Gestaltung und ppe_067.034
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Zitationshilfe: Petersen, Julius: Die Wissenschaft von der Dichtung. System und Methodenlehre der Literaturwissenschaft. 2. Auflage. Berlin, 1944, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/petersen_poetik_1944/91>, abgerufen am 22.11.2024.