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Petersen, Julius: Die Wissenschaft von der Dichtung. System und Methodenlehre der Literaturwissenschaft. 2. Auflage. Berlin, 1944.

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Dieser dritten Hauptgattung wurde die gesamte Kunstprosa zugerechnet. ppe_063.002
Auch Schiller hat den Romanschreiber nur als Halbbruder des ppe_063.003
Dichters gelten lassen wollen, Bernhardis "Sprachlehre" nannte die ppe_063.004
Form des Romans halbpoetisch, und noch Paul Ernst sprach vom ppe_063.005
Roman als Halbkunst. Dagegen schreibt ein Dichter unserer Tage, ppe_063.006
wie Erwin Guido Kolbenheyer, dem Naturalismus das Verdienst zu, ppe_063.007
den Roman zur Dichtung gemacht zu haben, und Oswald Spengler ppe_063.008
hielt ihn für die größte Wortkunstform des Jahrhunderts. Ist in dieser ppe_063.009
Richtung der Begriff erweitert, so hat er umgekehrt eine Verengerung ppe_063.010
erlebt, indem aller lehrhafte Reimgebrauch mehr und mehr aus ppe_063.011
der als Ausdrucksform begriffenen Dichtung ausschied. Es wird deutlich, ppe_063.012
daß nach Kriterien der äußeren Sprachform keine Unterscheidung ppe_063.013
zu treffen ist.

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Der Abgrenzung von "Dichtung" und "Literatur" hat Benedetto ppe_063.015
Croce jüngst ein eigenes Buch gewidmet, nachdem er alle möglichen ppe_063.016
Werke der Ästhetik, Poetik und Rhetorik vergebens nachgeschlagen ppe_063.017
hatte, um eine befriedigende Erklärung zu finden. Was er selbst beiträgt, ppe_063.018
dürfte auch noch keine endgültige Lösung darstellen. Der Dichtung ppe_063.019
als innerlicher Weltschöpfung, die alle Teile zu einem harmonischen ppe_063.020
Ganzen verknüpfend, aus der Enge des Endlichen ins Unendliche ppe_063.021
hinüberträgt und dem einzigen Kriterium der Schönheit unterworfen ppe_063.022
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Grundlagen beruhende Geistesform anderer Art gegenübergestellt; ppe_063.024
daneben findet noch eine prosaische, eine rednerische, eine ppe_063.025
empfindsame und eine leidenschaftliche Ausdrucksform der Sprache ppe_063.026
ihren Platz. Praktisch aber bleibt die schon früher vertretene Auffassung ppe_063.027
in Geltung, daß nur die schöpferischen Geister zur Geschichte ppe_063.028
der Dichtung gehören. Für die überragenden eigenschöpferischen ppe_063.029
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nicht nach seinen Ursprüngen zu begreifen sucht. Wenn dabei die ppe_063.033
historische Betrachtungsweise ausdrücklich ausgeschlossen wird, kann ppe_063.034
man dann eigentlich von Geschichte der Dichtung sprechen? Die von ppe_063.035
Croce anerkannte "storia della poesia" ist angewandte Ästhetik, aber ppe_063.036
keine Geschichte. Anders darf es bei den kleinen Geistern sein; alle ppe_063.037
Werte, die zeitlich und räumlich gebunden sind, sollen nach historischer ppe_063.038
Methode behandelt werden; dafür sind sie aber nicht der Dichtungsgeschichte, ppe_063.039
sondern der Geschichte der Kultur, der Neigungen ppe_063.040
und der Zielsetzungen verschiedener Völker zuzusprechen.

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Bei solcher Gebietsaufteilung zwischen einer auf geschichtliche

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Zitationshilfe: Petersen, Julius: Die Wissenschaft von der Dichtung. System und Methodenlehre der Literaturwissenschaft. 2. Auflage. Berlin, 1944, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/petersen_poetik_1944/87>, abgerufen am 23.11.2024.