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Petersen, Julius: Die Wissenschaft von der Dichtung. System und Methodenlehre der Literaturwissenschaft. 2. Auflage. Berlin, 1944.

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Pietismus oder des Nationalsozialismus. Immer handelt es sich um ppe_509.002
Gehalt, Gesinnung und Bewegung einer Gemeinschaft, die in der ppe_509.003
Dichtung Ausdruck findet. Die räumliche, zeitliche, gesellschaftliche ppe_509.004
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Ganzen, nämlich der Dichtung einer Nation oder eines Zeitalters, ppe_509.007
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Dagegen kann von der Dichtkunst der Nürnberger Pegnitzschäfer ppe_509.009
oder des Göttinger Hains, der Skalden oder der Minnesänger, ppe_509.010
der Neulateiner oder der Jesuiten, des Irrationalismus oder des Naturalismus ppe_509.011
auch bei zeitlicher Festlegung vorwiegend im Sinne einer ppe_509.012
analysierenden Charakteristik der Form, des Technischen und Stilistischen ppe_509.013
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geringere Rolle. Je enger allerdings Weltanschauung und Stil zusammenhängen, ppe_509.015
desto eher kann man Dichtung und Dichtkunst in Beziehung ppe_509.016
setzen, und in zeitlich bestimmten Begriffen wie Renaissance, ppe_509.017
Klassik, Romantik fallen die Erscheinungen beinahe zusammen. Man ppe_509.018
kann Dichtung und Dichtkunst in gegenseitiger Annäherung aufsteigen ppe_509.019
lassen zum Treffpunkt des Geistes, so wie im ersten Teil (S. 111) ppe_509.020
für das einzelne Dichtwerk eine Begriffspyramide von den Grundlagen ppe_509.021
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emporgeführt wurde. Wie dort, so würden hier auf der einen Seite, ppe_509.023
auf der der Dichtung, alle Qualitäten des Gehaltes, auf der anderen, ppe_509.024
der Dichtkunst, alle Formbegriffe, aber auch die der Gattung liegen. ppe_509.025
Aber ohne die Wechselbeziehung können, für sich betrachtet, die ppe_509.026
Elemente der Dichtkunst keine Bausteine der Synthese bedeuten, weil ppe_509.027
es an Substanz fehlt. Wie in der Mittelsäule jenes Schemas hat man ppe_509.028
auch hier einen tragenden Pfeiler anzunehmen im Volkskörper und ppe_509.029
seinem Erleben. An den Platz, der dort dem Dichter zugedacht ist, ppe_509.030
wäre hier die Nation zu setzen, die in den verschiedenen Typen ihrer ppe_509.031
Dichter repräsentiert ist.

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Dichtung besagt durchweg einen Sammelbegriff, der auf ein einzelnes ppe_509.033
Werk eigentlich nur bei wahrhaft allumfassender Bedeutung, ppe_509.034
wenn es den Geist einer Nation oder eines Zeitalters repräsentiert, ppe_509.035
anzuwenden ist; Dichtkunst bezeichnet eine Leistungsfähigkeit, kraft ppe_509.036
deren schon ein kleineres Meisterstück Anerkennung finden kann. ppe_509.037
Dichtung erscheint immer als etwas Hervorgebrachtes, Dichtkunst als ppe_509.038
ein Vermögen hervorzubringen. Was in der Dichtung als unbegreiflicher ppe_509.039
Vorgang innerer Notwendigkeit, unter deren Zwang nicht nur ppe_509.040
der Einzelne, sondern die Gemeinschaft steht, sich vollzogen hat, wirkt ppe_509.041
bei der Dichtkunst als ein mehr oder weniger bewußtes Können,

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Pietismus oder des Nationalsozialismus. Immer handelt es sich um ppe_509.002
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[509/0533] ppe_509.001 Pietismus oder des Nationalsozialismus. Immer handelt es sich um ppe_509.002 Gehalt, Gesinnung und Bewegung einer Gemeinschaft, die in der ppe_509.003 Dichtung Ausdruck findet. Die räumliche, zeitliche, gesellschaftliche ppe_509.004 oder weltanschauliche und geistesgeschichtliche Bestimmung weist ppe_509.005 jeder dieser Erscheinungen einen Platz im Aufbau eines noch größeren ppe_509.006 Ganzen, nämlich der Dichtung einer Nation oder eines Zeitalters, ppe_509.007 an. ppe_509.008 Dagegen kann von der Dichtkunst der Nürnberger Pegnitzschäfer ppe_509.009 oder des Göttinger Hains, der Skalden oder der Minnesänger, ppe_509.010 der Neulateiner oder der Jesuiten, des Irrationalismus oder des Naturalismus ppe_509.011 auch bei zeitlicher Festlegung vorwiegend im Sinne einer ppe_509.012 analysierenden Charakteristik der Form, des Technischen und Stilistischen ppe_509.013 die Rede sein. Gehalt und Gesinnung spielen dabei eine ppe_509.014 geringere Rolle. Je enger allerdings Weltanschauung und Stil zusammenhängen, ppe_509.015 desto eher kann man Dichtung und Dichtkunst in Beziehung ppe_509.016 setzen, und in zeitlich bestimmten Begriffen wie Renaissance, ppe_509.017 Klassik, Romantik fallen die Erscheinungen beinahe zusammen. Man ppe_509.018 kann Dichtung und Dichtkunst in gegenseitiger Annäherung aufsteigen ppe_509.019 lassen zum Treffpunkt des Geistes, so wie im ersten Teil (S. 111) ppe_509.020 für das einzelne Dichtwerk eine Begriffspyramide von den Grundlagen ppe_509.021 des Stoffes und der Form bis zum Zusammentreffen in der Idee ppe_509.022 emporgeführt wurde. Wie dort, so würden hier auf der einen Seite, ppe_509.023 auf der der Dichtung, alle Qualitäten des Gehaltes, auf der anderen, ppe_509.024 der Dichtkunst, alle Formbegriffe, aber auch die der Gattung liegen. ppe_509.025 Aber ohne die Wechselbeziehung können, für sich betrachtet, die ppe_509.026 Elemente der Dichtkunst keine Bausteine der Synthese bedeuten, weil ppe_509.027 es an Substanz fehlt. Wie in der Mittelsäule jenes Schemas hat man ppe_509.028 auch hier einen tragenden Pfeiler anzunehmen im Volkskörper und ppe_509.029 seinem Erleben. An den Platz, der dort dem Dichter zugedacht ist, ppe_509.030 wäre hier die Nation zu setzen, die in den verschiedenen Typen ihrer ppe_509.031 Dichter repräsentiert ist. ppe_509.032 Dichtung besagt durchweg einen Sammelbegriff, der auf ein einzelnes ppe_509.033 Werk eigentlich nur bei wahrhaft allumfassender Bedeutung, ppe_509.034 wenn es den Geist einer Nation oder eines Zeitalters repräsentiert, ppe_509.035 anzuwenden ist; Dichtkunst bezeichnet eine Leistungsfähigkeit, kraft ppe_509.036 deren schon ein kleineres Meisterstück Anerkennung finden kann. ppe_509.037 Dichtung erscheint immer als etwas Hervorgebrachtes, Dichtkunst als ppe_509.038 ein Vermögen hervorzubringen. Was in der Dichtung als unbegreiflicher ppe_509.039 Vorgang innerer Notwendigkeit, unter deren Zwang nicht nur ppe_509.040 der Einzelne, sondern die Gemeinschaft steht, sich vollzogen hat, wirkt ppe_509.041 bei der Dichtkunst als ein mehr oder weniger bewußtes Können,

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Zitationshilfe: Petersen, Julius: Die Wissenschaft von der Dichtung. System und Methodenlehre der Literaturwissenschaft. 2. Auflage. Berlin, 1944, S. 509. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/petersen_poetik_1944/533>, abgerufen am 25.11.2024.