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Petersen, Julius: Die Wissenschaft von der Dichtung. System und Methodenlehre der Literaturwissenschaft. 2. Auflage. Berlin, 1944.

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Freunde" (1810) von der deutschen Allgemeinheit Goethes gesprochen, ppe_462.002
weil sein Sinn seines Volkes sei. Er fuhr fort: "Ein großer ppe_462.003
Mensch steht nicht allein in den Schranken seines Volkes und seiner ppe_462.004
Zeit, das Größte und Höchste aller Zeiten und Völker nennt er durch ppe_462.005
Geburtsrecht sein, weil er der Hochgeborene ist."

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6. Widerhall

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Wie der Ton von seiner Resonanz, so hängt die Existenz des Dichters ppe_462.008
von der Wirkung ab, in der sich seine Sendung erfüllt. Die ppe_462.009
Kausalreihe, die durch das Verhältnis zwischen Dichter und Werk ppe_462.010
begonnen wird, setzt sich fort in der Gemeinde, die der Dichter ppe_462.011
durch seine Werke findet in Raum und Zeit. Es ist eine endlose ppe_462.012
Kette, in der, wie Rudolf Alexander Schröder einmal ausgesprochen ppe_462.013
hat, Dichtung erst Wirklichkeit wird. Wenn man in gleicher Weise ppe_462.014
sagen kann, daß der Dichter in seiner Wirkung erst zur Existenz ppe_462.015
gelangt, so entscheidet nicht der unmittelbare Erfolg. Die Aufnahme, ppe_462.016
die jedes einzelne Werk und schließlich die Gesamterscheinung des ppe_462.017
Dichters bei zeitgenössischer Kritik und Leserschaft gefunden haben, ppe_462.018
wird zur Geschichte von Widerständen, die aus rückständigen Vorurteilen ppe_462.019
erstarrter Autoritäten, überlebter Geschmacksrichtung und ppe_462.020
der Befremdung bedrohter Gesellschaftsschichten hervorgegangen ppe_462.021
sind. Der Satz, daß der Lebende recht hat, pflegt sich weder in der ppe_462.022
Haltung des Publikums, noch in der Erfahrung des Dichters zu bewahrheiten. ppe_462.023
Es ist vielmehr eine traurige Wahrheit, daß oftmals erst ppe_462.024
dem Toten das Recht zuteil wird, um das der Lebende vergebens gerungen ppe_462.025
hat. Aber wenn es eine Tragik ist, so ist sie erhebender Art, ppe_462.026
insofern es den Rechtsspruch eines ästhetischen Weltgerichtes gibt, ppe_462.027
vor dem wahrhafte Echtheit und Größe sich als Ewigkeitswerte ppe_462.028
durchsetzen, während aller bloß zeitliche Glanz verblaßt.

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Das Nachleben entscheidet über die wirkliche Existenz des Dichters ppe_462.030
in einem zweiten Dasein, das ihm in seinen Werken verliehen ppe_462.031
ist. Alle Untersuchungen über seine Fortwirkung finden indessen ihre ppe_462.032
Berechtigung nur in der Tatsache, daß er heute noch lebendig ist und ppe_462.033
daß seine Sendung fortbesteht. Das Weiterleben eines Vergessenen, ppe_462.034
der keinerlei Wirkung mehr auf die Gegenwart ausüben kann, bis zu ppe_462.035
dem Zeitpunkt zu verfolgen, an dem die Wirkung erlosch, also bis zu ppe_462.036
seinem zweiten Tode, hätte wenig Sinn, auch wenn ein Weiterbestehen ppe_462.037
der Geltung durch Jahrhunderte zu verfolgen wäre. Diese ppe_462.038
geschmacksgeschichtliche Frage könnte zu existenzieller Bedeutung ppe_462.039
erst dadurch gelangen, daß sich die Vergessenheit als Scheintod erweist

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Freunde“ (1810) von der deutschen Allgemeinheit Goethes gesprochen, ppe_462.002
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Mensch steht nicht allein in den Schranken seines Volkes und seiner ppe_462.004
Zeit, das Größte und Höchste aller Zeiten und Völker nennt er durch ppe_462.005
Geburtsrecht sein, weil er der Hochgeborene ist.“

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6. Widerhall

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Wie der Ton von seiner Resonanz, so hängt die Existenz des Dichters ppe_462.008
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erstarrter Autoritäten, überlebter Geschmacksrichtung und ppe_462.020
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Das Nachleben entscheidet über die wirkliche Existenz des Dichters ppe_462.030
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Zitationshilfe: Petersen, Julius: Die Wissenschaft von der Dichtung. System und Methodenlehre der Literaturwissenschaft. 2. Auflage. Berlin, 1944, S. 462. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/petersen_poetik_1944/486>, abgerufen am 22.11.2024.