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Petersen, Julius: Die Wissenschaft von der Dichtung. System und Methodenlehre der Literaturwissenschaft. 2. Auflage. Berlin, 1944.

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keine ganz dem Lebensgefühl des Dichters entsprechende Echtheit ppe_432.002
besaß.

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Jede Umarbeitung eines früheren Werkes trägt der gewandelten ppe_432.004
Lebenserfahrung Rechnung. So hat auch Gottfried Kellers "Grüner ppe_432.005
Heinrich", der nach ursprünglichem Plan in einem zypressendunkeln ppe_432.006
Schluß das verfehlte Leben erlöschen ließ, sich in der zweiten Gestalt ppe_432.007
dem neuen Aufbau eines tätigen Lebens zugewandt. Damit war dem ppe_432.008
Beruf, den der Dichter selbst inzwischen gefunden hatte, entsprochen.

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Endlich sei noch die Wiederaufnahme eines Planes nach jahrzehntelanger ppe_432.010
Pause erwähnt mit Goethes "Novelle", die auf das ppe_432.011
dreißig Jahre zurückliegende Stanzenepos "Die Jagd" zurückgeht. ppe_432.012
Wilhelm v. Humboldt hat von dem Plan des Jahres 1797 berichtet, ppe_432.013
und es ist zu sehen, daß wesentliche Motive erhalten blieben. Aber ppe_432.014
Gattungswechsel und Übergang zur Prosa haben neben dem Altersstil ppe_432.015
die Ausführung unter andere Gesetze gestellt.

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c) Ausführung

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In und mit dem Plan pflegt bereits die sprachliche Gestaltung einzusetzen ppe_432.018
in einem Maße, das den verschiedenen Typen der Schaffensweise ppe_432.019
entspricht. Mit der unmittelbaren Inspiration ist der Rhythmus ppe_432.020
des Ganzen eingegeben; bei der intuitiven Schaffensweise kommen ppe_432.021
während des Suchens nach der Idee und bei ihrer Herausarbeitung ppe_432.022
einzelne Partien probeweise zur sprachlichen Gestaltung; bei der ppe_432.023
meditativen Arbeit beginnt die Sprachgebung erst nach Feststellung ppe_432.024
des Planes, um sogleich der endgültigen Form zuzueilen.

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Es kommt darauf an, ob die erste Konzeption festgehalten wird. ppe_432.026
Wie Goethes eben erwähnte "Novelle", so wurden, ohne gleichgroßen ppe_432.027
Abstand von der endgültigen Ausführung, Hölderlins "Hyperion" und ppe_432.028
Gottfried Kellers "Romeo und Julia auf dem Dorfe" zunächst als ppe_432.029
Versdichtungen begonnen. Schiller war genötigt, seinen "Don Carlos" ppe_432.030
für den Gebrauch kleiner Bühnen in elende Prosa zurückzuübersetzen, ppe_432.031
und es bleibt umstritten, ob er dafür ursprüngliche Entwürfe, ppe_432.032
die der Versifikation vorausgegangen waren, verwendet hat. Den ppe_432.033
"Wallenstein" begann er nach den gemachten Erfahrungen in Prosa ppe_432.034
und lebte als Dichter erst wieder auf, nachdem er sich für die Versform ppe_432.035
entschlossen hatte. Goethe hat sogar um die Form der Iphigenie ppe_432.036
in vier verschiedenen Fassungen von Prosa und rhythmischer Prosa ppe_432.037
gerungen, bis er am Ufer des Gardasees die endgültige Form fand. ppe_432.038
Eine Änderung des Planes war damit nicht verbunden.

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Bei dramatischen Dichtungen kann eine Prosa-Skizze des Dialogs ppe_432.040
zwischen dem Szenar und der Versgestalt die Zwischenstufe bilden,

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Zitationshilfe: Petersen, Julius: Die Wissenschaft von der Dichtung. System und Methodenlehre der Literaturwissenschaft. 2. Auflage. Berlin, 1944, S. 432. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/petersen_poetik_1944/456>, abgerufen am 25.11.2024.