ppe_140.001 eingetreten sind. Nach der großen Arbeitspause, die durch historische ppe_140.002 und philosophische Selbstbesinnung ausgefüllt ist, wird das planmäßige ppe_140.003 Schaffen, das eine Organisation des Stoffes zur Fabel voraussetzt, ppe_140.004 immer mehr Schillers Grundsatz. Das Erz des Stoffes mußte, ppe_140.005 nachdem es erlebnismäßig durchglüht war, unter den Schmiedehammer ppe_140.006 zweckmäßiger Formung gelegt und auf dem Amboß dramatischer ppe_140.007 Notwendigkeit zur Fabel zurechtgeschlagen werden. Welche Änderungen ppe_140.008 des Planes sich während dieser Arbeit noch ergaben, ist aus dem ppe_140.009 fertigen Werk nicht mehr zu erkennen.
ppe_140.010 Die Redaktion des Stofflichen auf einen formelhaft gebundenen ppe_140.011 Handlungszusammenhang wird in Gustav Freytags "Technik des ppe_140.012 Dramas" als Abkühlungsprozeß der warmen Seele bezeichnet; diese ppe_140.013 reflektierende Arbeitsphase muß ihre Spuren in Aufbau und Gliederung ppe_140.014 jedes Werkes hinterlassen. So hat Schiller dem Faust-Dichter ppe_140.015 gegenüber die Notwendigkeit betont, einen poetischen Reifen um das ppe_140.016 Ganze zu legen und es einer Idee zu unterwerfen. Das bedeutete ppe_140.017 nichts anderes als die Forderung einer Fabel, durch deren Prägung ppe_140.018 das Werk erst zum Drama werde. Dem widersprach beim Faust- ppe_140.019 Dichter die Totalität der Weltsicht in ihrer epischen Weite. Goethe ppe_140.020 hat später Eckermann gegenüber bestritten, daß er das reiche, bunte ppe_140.021 Leben auf die magere Schnur einer einzigen durchgehenden Idee ppe_140.022 aufgereiht habe. Nur für seinen Roman "Die Wahlverwandtschaften" ppe_140.023 hat er die bewußte Erarbeitung einer dem Verstande faßlichen Idee ppe_140.024 zugegeben. Dieser strengen Verkettung zu einer Fabel von fast dramatischer ppe_140.025 Schicksalsfügung verdankt denn auch der klassische Roman ppe_140.026 seine tragische Wirkung. Man trifft auch da wieder auf die Situation ppe_140.027 des Mannes zwischen zwei Frauen. Nur findet dieser Konflikt sein ppe_140.028 Gegengewicht in der Stellung Charlottens zwischen zwei Männern, ppe_140.029 und damit ist die Annäherung an das chemische Gleichnis der attractio ppe_140.030 electiva angebahnt. Das gäbe eine sehr einfache, banale Fabel, die ppe_140.031 dem Sprichwort "gleich und gleich gesellt sich gern" entspräche. Die ppe_140.032 Lösung, die nach dem naturwissenschaftlichen Gesetz angezeigt wird. ppe_140.033 bestünde in der Verbindung Eduards mit Ottilie und in der des Hauptmanns ppe_140.034 mit Charlotte. Aber diese lustspielmäßige natürliche Lösung ppe_140.035 wird in der sittlichen Welt verhindert durch das Problem der Unauflöslichkeit ppe_140.036 der Ehe, das zur tragischen Idee der Entsagung hinführt.
ppe_140.037 Gibt dieses Beispiel bereits einen Ausblick auf die unmittelbare ppe_140.038 Stufenfolge von Situation, Fabel, Charakteren, Motiven, Problemen ppe_140.039 und Idee, so muß der vorgenommene Weg der Analyse zunächst ppe_140.040 wieder zurückführen zur Verbindung der Fabel mit der künstlerischen ppe_140.041 Absicht.
ppe_140.001 eingetreten sind. Nach der großen Arbeitspause, die durch historische ppe_140.002 und philosophische Selbstbesinnung ausgefüllt ist, wird das planmäßige ppe_140.003 Schaffen, das eine Organisation des Stoffes zur Fabel voraussetzt, ppe_140.004 immer mehr Schillers Grundsatz. Das Erz des Stoffes mußte, ppe_140.005 nachdem es erlebnismäßig durchglüht war, unter den Schmiedehammer ppe_140.006 zweckmäßiger Formung gelegt und auf dem Amboß dramatischer ppe_140.007 Notwendigkeit zur Fabel zurechtgeschlagen werden. Welche Änderungen ppe_140.008 des Planes sich während dieser Arbeit noch ergaben, ist aus dem ppe_140.009 fertigen Werk nicht mehr zu erkennen.
ppe_140.010 Die Redaktion des Stofflichen auf einen formelhaft gebundenen ppe_140.011 Handlungszusammenhang wird in Gustav Freytags „Technik des ppe_140.012 Dramas“ als Abkühlungsprozeß der warmen Seele bezeichnet; diese ppe_140.013 reflektierende Arbeitsphase muß ihre Spuren in Aufbau und Gliederung ppe_140.014 jedes Werkes hinterlassen. So hat Schiller dem Faust-Dichter ppe_140.015 gegenüber die Notwendigkeit betont, einen poetischen Reifen um das ppe_140.016 Ganze zu legen und es einer Idee zu unterwerfen. Das bedeutete ppe_140.017 nichts anderes als die Forderung einer Fabel, durch deren Prägung ppe_140.018 das Werk erst zum Drama werde. Dem widersprach beim Faust- ppe_140.019 Dichter die Totalität der Weltsicht in ihrer epischen Weite. Goethe ppe_140.020 hat später Eckermann gegenüber bestritten, daß er das reiche, bunte ppe_140.021 Leben auf die magere Schnur einer einzigen durchgehenden Idee ppe_140.022 aufgereiht habe. Nur für seinen Roman „Die Wahlverwandtschaften“ ppe_140.023 hat er die bewußte Erarbeitung einer dem Verstande faßlichen Idee ppe_140.024 zugegeben. Dieser strengen Verkettung zu einer Fabel von fast dramatischer ppe_140.025 Schicksalsfügung verdankt denn auch der klassische Roman ppe_140.026 seine tragische Wirkung. Man trifft auch da wieder auf die Situation ppe_140.027 des Mannes zwischen zwei Frauen. Nur findet dieser Konflikt sein ppe_140.028 Gegengewicht in der Stellung Charlottens zwischen zwei Männern, ppe_140.029 und damit ist die Annäherung an das chemische Gleichnis der attractio ppe_140.030 electiva angebahnt. Das gäbe eine sehr einfache, banale Fabel, die ppe_140.031 dem Sprichwort „gleich und gleich gesellt sich gern“ entspräche. Die ppe_140.032 Lösung, die nach dem naturwissenschaftlichen Gesetz angezeigt wird. ppe_140.033 bestünde in der Verbindung Eduards mit Ottilie und in der des Hauptmanns ppe_140.034 mit Charlotte. Aber diese lustspielmäßige natürliche Lösung ppe_140.035 wird in der sittlichen Welt verhindert durch das Problem der Unauflöslichkeit ppe_140.036 der Ehe, das zur tragischen Idee der Entsagung hinführt.
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Petersen, Julius: Die Wissenschaft von der Dichtung. System und Methodenlehre der Literaturwissenschaft. 2. Auflage. Berlin, 1944, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/petersen_poetik_1944/164>, abgerufen am 28.11.2024.
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