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Petersen, Julius: Die Wissenschaft von der Dichtung. System und Methodenlehre der Literaturwissenschaft. 2. Auflage. Berlin, 1944.

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Vorlagen der ältesten Drucke bildeten. Das ist bei Shakespeare anzunehmen. ppe_094.002
Die Unterschiede der voneinander unabhängigen Ausgaben ppe_094.003
in Folio und Quarto sind so erheblich, daß sie beiderseits nicht auf ppe_094.004
authentische Handschriften, sondern nur auf Nachschriften von Aufführungen, ppe_094.005
auf Rollenhefte, Soufflierbücher und ähnliche Zwischenglieder ppe_094.006
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anderer als der von Nachdrucken, ohne daß ein rechtmäßiger Vordruck ppe_094.008
vorhanden wäre. Damit stellen sich auch in der Drucküberlieferung ppe_094.009
Verhältnisse dar, die denen der mittelalterlichen Handschriftenüberlieferung ppe_094.010
nahekommen. Für jedes einzelne Stück mußte ppe_094.011
erst ein eigener Text aufgebaut werden in Abwägung des Wertes der ppe_094.012
verschiedenartigen Überlieferung und nach Maßgabe eines Gesamtbildes ppe_094.013
vom echten Shakespeare in seiner charakteristischen Schreibweise ppe_094.014
und Ausdrucksform. Aber da dieses Gesamtbild erst aus den ppe_094.015
Einzeltexten zu gewinnen war, bewegt sich die Kritik des Shakespeareschen ppe_094.016
Textes in Zirkelschlüssen, mit deren Auflösung nach jahrhundertelanger ppe_094.017
Arbeit alles wieder in Fluß kommt. Ähnlich wie Lachmann ppe_094.018
die mittelhochdeutschen Klassikertexte nach gewissen grammatischen ppe_094.019
und metrischen Grundsätzen, die er als allgemeingültig ppe_094.020
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Shakespearestil, hauptsächlich auf Grund der Folio-Ausgabe hergestellt ppe_094.022
worden, der für alle kritischen Einzelfragen die Richtlinie gab. Seit ppe_094.023
nun aber neuere Forschung (J. Dover Wilson, J. M. Robertson) für ppe_094.024
einzelne Texte (z. B. Hamlet) den Quartausgaben den Vorzug gibt, ist ppe_094.025
der Bau ins Wanken geraten und muß gestützt oder erneuert werden.

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Durch solche Umwälzung werden die anderen außerordentlichen ppe_094.027
philologischen Leistungen der Shakespeare-Forschung keineswegs hinfällig. ppe_094.028
Ein großer Gewinn, der unerschüttert bleibt, ist die in mühseliger ppe_094.029
Einzelforschung gewonnene Feststellung der Reihenfolge seiner ppe_094.030
Werke. Die Entstehungszeit jedes einzelnen Stückes war durch eine ppe_094.031
Einkreisung zu ermitteln, die von zwei Punkten auszugehen hatte, ppe_094.032
dem terminus a quo, dem Zeitpunkt, vor dem es nicht geschrieben ppe_094.033
sein kann, und dem terminus ante quem, vor dem es geschrieben sein ppe_094.034
muß. Die Grenze nach unten ist durch die Spiegelung bestimmter ppe_094.035
Zeitereignisse und datierbarer literarischer Einflüsse, durch Anspielungen ppe_094.036
auf geschichtliche Vorgänge und Persönlichkeiten und damit ppe_094.037
zusammenhängende politische Tendenzen, wie durch Quellen, die erst ppe_094.038
von einem bekannten Zeitpunkt ab zugänglich waren, festgelegt; die ppe_094.039
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Anspielungen auf das fertige Werk, durch Polemik, wie durch ppe_094.041
andere sichtbare Einwirkung auf die Dichtung der Zeitgenossen. Die

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Vorlagen der ältesten Drucke bildeten. Das ist bei Shakespeare anzunehmen. ppe_094.002
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in Folio und Quarto sind so erheblich, daß sie beiderseits nicht auf ppe_094.004
authentische Handschriften, sondern nur auf Nachschriften von Aufführungen, ppe_094.005
auf Rollenhefte, Soufflierbücher und ähnliche Zwischenglieder ppe_094.006
zurückgeführt werden können. Ihr Wert ist deshalb kaum ein ppe_094.007
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Verhältnisse dar, die denen der mittelalterlichen Handschriftenüberlieferung ppe_094.010
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erst ein eigener Text aufgebaut werden in Abwägung des Wertes der ppe_094.012
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die mittelhochdeutschen Klassikertexte nach gewissen grammatischen ppe_094.019
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Shakespearestil, hauptsächlich auf Grund der Folio-Ausgabe hergestellt ppe_094.022
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der Bau ins Wanken geraten und muß gestützt oder erneuert werden.

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Durch solche Umwälzung werden die anderen außerordentlichen ppe_094.027
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Einkreisung zu ermitteln, die von zwei Punkten auszugehen hatte, ppe_094.032
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muß. Die Grenze nach unten ist durch die Spiegelung bestimmter ppe_094.035
Zeitereignisse und datierbarer literarischer Einflüsse, durch Anspielungen ppe_094.036
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Zitationshilfe: Petersen, Julius: Die Wissenschaft von der Dichtung. System und Methodenlehre der Literaturwissenschaft. 2. Auflage. Berlin, 1944, S. 94. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/petersen_poetik_1944/118>, abgerufen am 24.11.2024.