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Petersen, Julius: Die Wissenschaft von der Dichtung. System und Methodenlehre der Literaturwissenschaft. 2. Auflage. Berlin, 1944.

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unentbehrlich, aber nicht vollwertig ist. Es wird ihr manchmal kein ppe_082.002
anderes Verdienst zuerkannt, als die Straßen zu pflastern und zu ppe_082.003
reinigen, damit den königlichen Karossen, die zu ihrem Ziele fliegen, ppe_082.004
unterwegs kein Unglück passiert.

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In der Tat kann man sagen, daß alle geschichtlichen Wissenschaften, ppe_082.006
die auf Auswertung sprachlicher Quellen angewiesen sind, die philologischen ppe_082.007
Handlangerdienste in Anspruch nehmen müssen, um auf ppe_082.008
dem festen Boden zuverlässiger Textüberlieferung und eindeutiger ppe_082.009
Interpretation über keine Unebenheiten zu stolpern. Jede Fakultät ppe_082.010
hat in diesem Sinne ihr sprachliches Wegebauamt; Exegese des Alten ppe_082.011
wie des Neuen Testamentes und der Kirchenväter, römische wie ppe_082.012
deutsche und vergleichende Rechtsgeschichte, Philosophiegeschichte ppe_082.013
wie Geschichte der Naturwissenschaften und der Medizin betrachten ppe_082.014
die Philologie als ihre Hilfswissenschaft. Das tut jede Wissenschaft, ppe_082.015
die sich als Mittelpunkt fühlen muß, gegenüber ihren Nachbargebieten, ppe_082.016
mit denen sie im Austausch steht. Nun aber wird die Philologie ppe_082.017
ihrerseits von soviel Nachbarschaften in Anspruch genommen, daß sie, ppe_082.018
ähnlich wie die Philosophie, eine zentrale Stellung in den Geisteswissenschaften ppe_082.019
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Mittelpunkt jene bildet, größer; die Philosophie ist allen Einzelwissenschaften ppe_082.021
übergeordnet; die Philologie ist den verschiedenen ppe_082.022
Geisteswissenschaften beigeordnet. Aber da die Mittelpunkte der ppe_082.023
beiden Kreise auseinander liegen, können sie als Brennpunkte erscheinen, ppe_082.024
die im Verhältnis einer gewissen Polarität, um nicht zu ppe_082.025
sagen Rivalität, zueinander stehen.

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In der Literaturwissenschaft ist dieses Kräftespiel, wie bereits der ppe_082.027
geschichtliche Überblick zeigte, geradezu verfassungsmäßige Struktur ppe_082.028
und Gesetz des Blutumlaufes. Wenn Literaturwissenschaft, wie im ppe_082.029
Eingang erklärt wurde, nichts anderes als Methodenlehre ist, so muß ppe_082.030
ihr die Aufgabe zufallen, zwischen philosophischer und philologischer ppe_082.031
Methode einen Ausgleich herbeizuführen.

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Man hat sowohl der Philosophie als der Philologie den Charakter ppe_082.033
der Einzelwissenschaft abstreiten wollen und in ihnen überhaupt nur ppe_082.034
Methoden des Denkens und Deutens erblickt. Daß es einmal im ppe_082.035
Sinne einer Bedeutungssteigerung, das andere Mal im Sinne einer ppe_082.036
Bedeutungsminderung geschehen ist, indem der Philosophie eine allbeherrschende, ppe_082.037
der Philologie eine alldienende Stellung beigemessen ppe_082.038
wurde, ist hier nicht von so großer Wichtigkeit. Aber wohl ist festzustellen, ppe_082.039
daß neben dieser allgemeinen Bedeutung beide Wissenschaften ppe_082.040
den Anspruch auf ihre Eigengebiete in der Praxis bewahrt ppe_082.041
haben. Nur daß wir dann nicht mehr von einer Philologie sprechen,

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wie des Neuen Testamentes und der Kirchenväter, römische wie ppe_082.012
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die sich als Mittelpunkt fühlen muß, gegenüber ihren Nachbargebieten, ppe_082.016
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Geisteswissenschaften beigeordnet. Aber da die Mittelpunkte der ppe_082.023
beiden Kreise auseinander liegen, können sie als Brennpunkte erscheinen, ppe_082.024
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geschichtliche Überblick zeigte, geradezu verfassungsmäßige Struktur ppe_082.028
und Gesetz des Blutumlaufes. Wenn Literaturwissenschaft, wie im ppe_082.029
Eingang erklärt wurde, nichts anderes als Methodenlehre ist, so muß ppe_082.030
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Man hat sowohl der Philosophie als der Philologie den Charakter ppe_082.033
der Einzelwissenschaft abstreiten wollen und in ihnen überhaupt nur ppe_082.034
Methoden des Denkens und Deutens erblickt. Daß es einmal im ppe_082.035
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Zitationshilfe: Petersen, Julius: Die Wissenschaft von der Dichtung. System und Methodenlehre der Literaturwissenschaft. 2. Auflage. Berlin, 1944, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/petersen_poetik_1944/106>, abgerufen am 22.11.2024.