Klaus. Es ist wohl so, Ihr Gnaden, aber man muß auch nicht seyn, wie sie ist, sie hat keinen guten Menschen.
General. Warum doch auch das?
Klaus. Sie will es nicht anderst. Sie sagt zu keinem Menschen weder einen guten Tag, noch gute Nacht, und giebt Niemandem kein gutes Wort, außert sie wolle von jemand etwas, dann kann sie so freundlich seyn als keine. --
Der General erwiederte ihm, das wolle doch izt nichts sagen, es sey mit dem Grüßen und Behü- ten so eine Gewohnheit, der eine habe sie, der an- dere habe sie nicht.
Aber Klaus ließe ihm nichts daraus gehen, und sagte, die gemeine Leute können den Unterschied ge- wiß so gut machen als die andern; ob eine Herr- schaft so etwas aus Gewohnheit thue, oder aus bö- sem Willen, und in der Absicht zu kränken: und das thue Sylvia gegen Große und Kleine, gegen die Herrschaft, und gegen die Dienste, und so gar ge- gen unschuldige Kinder. Wo sie nur den guten Karl sehe, der doch außer ihr allen Menschen lieb sey, könne sie sich nicht enthalten, es möge um den Weg seyn wer immer wolle, ihn zu verspotten.
General. Aber thut sie doch das? --
Klaus. Mein Gott! was für ein Unmensch müßte ich auch seyn, wenn ich so etwas wider je-
mand
Klaus. Es iſt wohl ſo, Ihr Gnaden, aber man muß auch nicht ſeyn, wie ſie iſt, ſie hat keinen guten Menſchen.
General. Warum doch auch das?
Klaus. Sie will es nicht anderſt. Sie ſagt zu keinem Menſchen weder einen guten Tag, noch gute Nacht, und giebt Niemandem kein gutes Wort, außert ſie wolle von jemand etwas, dann kann ſie ſo freundlich ſeyn als keine. —
Der General erwiederte ihm, das wolle doch izt nichts ſagen, es ſey mit dem Gruͤßen und Behuͤ- ten ſo eine Gewohnheit, der eine habe ſie, der an- dere habe ſie nicht.
Aber Klaus ließe ihm nichts daraus gehen, und ſagte, die gemeine Leute koͤnnen den Unterſchied ge- wiß ſo gut machen als die andern; ob eine Herr- ſchaft ſo etwas aus Gewohnheit thue, oder aus boͤ- ſem Willen, und in der Abſicht zu kraͤnken: und das thue Sylvia gegen Große und Kleine, gegen die Herrſchaft, und gegen die Dienſte, und ſo gar ge- gen unſchuldige Kinder. Wo ſie nur den guten Karl ſehe, der doch außer ihr allen Menſchen lieb ſey, koͤnne ſie ſich nicht enthalten, es moͤge um den Weg ſeyn wer immer wolle, ihn zu verſpotten.
General. Aber thut ſie doch das? —
Klaus. Mein Gott! was fuͤr ein Unmenſch muͤßte ich auch ſeyn, wenn ich ſo etwas wider je-
mand
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Klaus. Es iſt wohl ſo, Ihr Gnaden, aber
man muß auch nicht ſeyn, wie ſie iſt, ſie hat keinen
guten Menſchen.
General. Warum doch auch das?
Klaus. Sie will es nicht anderſt. Sie ſagt
zu keinem Menſchen weder einen guten Tag, noch
gute Nacht, und giebt Niemandem kein gutes Wort,
außert ſie wolle von jemand etwas, dann kann ſie
ſo freundlich ſeyn als keine. —
Der General erwiederte ihm, das wolle doch
izt nichts ſagen, es ſey mit dem Gruͤßen und Behuͤ-
ten ſo eine Gewohnheit, der eine habe ſie, der an-
dere habe ſie nicht.
Aber Klaus ließe ihm nichts daraus gehen, und
ſagte, die gemeine Leute koͤnnen den Unterſchied ge-
wiß ſo gut machen als die andern; ob eine Herr-
ſchaft ſo etwas aus Gewohnheit thue, oder aus boͤ-
ſem Willen, und in der Abſicht zu kraͤnken: und
das thue Sylvia gegen Große und Kleine, gegen die
Herrſchaft, und gegen die Dienſte, und ſo gar ge-
gen unſchuldige Kinder. Wo ſie nur den guten
Karl ſehe, der doch außer ihr allen Menſchen lieb
ſey, koͤnne ſie ſich nicht enthalten, es moͤge um den
Weg ſeyn wer immer wolle, ihn zu verſpotten.
General. Aber thut ſie doch das? —
Klaus. Mein Gott! was fuͤr ein Unmenſch
muͤßte ich auch ſeyn, wenn ich ſo etwas wider je-
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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787/66>, abgerufen am 29.11.2024.
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