[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787.§. 68. [Spaltenumbruch]
Mene Mene Thekel, Uphrasin. Einwürfe. 1.Er streite wider alle Erfahrung, daß man ein Volk in der Welt so weit bringen könne, als man sage, daß Arner sei- ne Bauern in Bonnal bringen wolle. 2. Alle Anstalten fürs Volk, so gut man es mey- ne, und so gut man sie mache, arten immer aus, und werden oft schneller als der Wind wehet, aus Volks-Anstalten blos Pfründe für die Mäntel- träger und Schattenbil- der der Versorger, die man dem Volk geben wolle. 3. Es mangle den Landedelleuten allgemein: Antworten. 1. Die Geschichte der Alten zeige we- nigstens, daß man ein Volk weit bringen könne, und zu versorgen sey man es schuldig. 2. Das sey wahr, aber sie wollen zum voraus er- klären, daß sie auf keine Anstalten antragen wer- den, die zu Pfründen für die Mantelträger und Schattenbilder der Volks- versorger ausarten könn- ten. Im Gegentheil sey das Wesen dessen, so sie anzutragen Lust haben, von einer Natur, daß es vielen solchen Mantelträ- gern ihre Mäntel recht schwer machen würde. 3. Die Edelleute seyen Menschen wie andere; ih- §. 68. [Spaltenumbruch]
Mene Mene Thekel, Uphraſin. Einwuͤrfe. 1.Er ſtreite wider alle Erfahrung, daß man ein Volk in der Welt ſo weit bringen koͤnne, als man ſage, daß Arner ſei- ne Bauern in Bonnal bringen wolle. 2. Alle Anſtalten fuͤrs Volk, ſo gut man es mey- ne, und ſo gut man ſie mache, arten immer aus, und werden oft ſchneller als der Wind wehet, aus Volks-Anſtalten blos Pfruͤnde fuͤr die Maͤntel- traͤger und Schattenbil- der der Verſorger, die man dem Volk geben wolle. 3. Es mangle den Landedelleuten allgemein: Antworten. 1. Die Geſchichte der Alten zeige we- nigſtens, daß man ein Volk weit bringen koͤnne, und zu verſorgen ſey man es ſchuldig. 2. Das ſey wahr, aber ſie wollen zum voraus er- klaͤren, daß ſie auf keine Anſtalten antragen wer- den, die zu Pfruͤnden fuͤr die Manteltraͤger und Schattenbilder der Volks- verſorger ausarten koͤnn- ten. Im Gegentheil ſey das Weſen deſſen, ſo ſie anzutragen Luſt haben, von einer Natur, daß es vielen ſolchen Manteltraͤ- gern ihre Maͤntel recht ſchwer machen wuͤrde. 3. Die Edelleute ſeyen Menſchen wie andere; ih- <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0445" n="427"/> <div n="1"> <head>§. 68.<lb/><hi rendition="#aq">Mene Mene Thekel, Uphraſin.</hi></head><lb/> <cb/> <div xml:id="t1.1" next="#t1.2" n="2"> <head> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Einwuͤrfe.</hi> </hi> </head><lb/> <list> <item>1.<hi rendition="#in">E</hi>r ſtreite wider alle<lb/> Erfahrung, daß<lb/> man ein Volk in der Welt<lb/> ſo weit bringen koͤnne, als<lb/> man ſage, daß Arner ſei-<lb/> ne Bauern in Bonnal<lb/> bringen wolle.</item><lb/> <item>2. Alle Anſtalten fuͤrs<lb/> Volk, ſo gut man es mey-<lb/> ne, und ſo gut man ſie<lb/> mache, arten immer aus,<lb/> und werden oft ſchneller<lb/> als der Wind wehet, aus<lb/> Volks-Anſtalten blos<lb/> Pfruͤnde fuͤr die Maͤntel-<lb/> traͤger und Schattenbil-<lb/> der der Verſorger, die<lb/> man dem Volk geben<lb/> wolle.</item><lb/> <item>3. Es mangle den<lb/> Landedelleuten allgemein:</item> </list> </div><lb/> <cb/> <div xml:id="t2.1" next="#t2.2" n="2"> <head> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Antworten.</hi> </hi><lb/> </head> <list> <item>1. <hi rendition="#in">D</hi>ie Geſchichte der<lb/> Alten zeige we-<lb/> nigſtens, daß man ein Volk<lb/> weit bringen koͤnne, und<lb/> zu verſorgen ſey man es<lb/> ſchuldig.</item><lb/> <item>2. Das ſey wahr, aber<lb/> ſie wollen zum voraus er-<lb/> klaͤren, daß ſie auf keine<lb/> Anſtalten antragen wer-<lb/> den, die zu Pfruͤnden fuͤr<lb/> die Manteltraͤger und<lb/> Schattenbilder der Volks-<lb/> verſorger ausarten koͤnn-<lb/> ten. Im Gegentheil ſey<lb/> das Weſen deſſen, ſo ſie<lb/> anzutragen Luſt haben,<lb/> von einer Natur, daß es<lb/> vielen ſolchen Manteltraͤ-<lb/> gern ihre Maͤntel recht<lb/> ſchwer machen wuͤrde.</item><lb/> <item>3. Die Edelleute ſeyen<lb/> Menſchen wie andere; ih-<lb/></item> </list> </div> </div> </body> </text> </TEI> [427/0445]
§. 68.
Mene Mene Thekel, Uphraſin.
Einwuͤrfe.
1.Er ſtreite wider alle
Erfahrung, daß
man ein Volk in der Welt
ſo weit bringen koͤnne, als
man ſage, daß Arner ſei-
ne Bauern in Bonnal
bringen wolle.
2. Alle Anſtalten fuͤrs
Volk, ſo gut man es mey-
ne, und ſo gut man ſie
mache, arten immer aus,
und werden oft ſchneller
als der Wind wehet, aus
Volks-Anſtalten blos
Pfruͤnde fuͤr die Maͤntel-
traͤger und Schattenbil-
der der Verſorger, die
man dem Volk geben
wolle.
3. Es mangle den
Landedelleuten allgemein:
Antworten.
1. Die Geſchichte der
Alten zeige we-
nigſtens, daß man ein Volk
weit bringen koͤnne, und
zu verſorgen ſey man es
ſchuldig.
2. Das ſey wahr, aber
ſie wollen zum voraus er-
klaͤren, daß ſie auf keine
Anſtalten antragen wer-
den, die zu Pfruͤnden fuͤr
die Manteltraͤger und
Schattenbilder der Volks-
verſorger ausarten koͤnn-
ten. Im Gegentheil ſey
das Weſen deſſen, ſo ſie
anzutragen Luſt haben,
von einer Natur, daß es
vielen ſolchen Manteltraͤ-
gern ihre Maͤntel recht
ſchwer machen wuͤrde.
3. Die Edelleute ſeyen
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Zitationshilfe: | [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787, S. 427. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787/445>, abgerufen am 23.02.2025. |