Woche haben sie alle drey eine Schrift unterzeich- net, die mitten unter Arners Papieren da lag -- das ist eins. -- Denn ist die Abschaffung des Gal- gens, und das Projekt mit dem Steuerfond, das sind beydes nicht Sachen, von denen man glauben kann, sie seyen ohne Rücksicht auf größere Gesichts- punkte von dem guten Arner blos zum Nutzen und Frommen seines Dorfs ausgeheckt worden. -- Er schwieg izt, und sah den Eindruck, den es auf den Herzog machte. -- Dieser saß staunend da, stoß- te seine Lippen vorwärts, nahm sie dann wieder zu- rück unter die Zähne, sagte dann -- wenn du dich nicht irrest, so ist das die sonderbarste Sache, die mir in meinem Leben begegnet. --
Helidor. Ich irre mich gewiß nicht -- und auf alle Umstände, die ich erzählt, können Sie bauen. --
Fürst. Bey allem dem scheint mir die Sache noch unglaublich --
Helidor. Sie ist aber sicher, und sie werden Ih- nen gewiß mit einem Menschlichkeitsprojekt kommen.
Fürst. Ich will sehen was es giebt. --
Helidor. Werden Sie ihnen Gehör geben? --
Fürst. (Nach einigem Staunen) -- Das weiß ich nicht. --
Helidor. Aber ich weiß es, Sie werden es thun. --
Fürst. Träumest du noch einmal in einer Stunde?
Woche haben ſie alle drey eine Schrift unterzeich- net, die mitten unter Arners Papieren da lag — das iſt eins. — Denn iſt die Abſchaffung des Gal- gens, und das Projekt mit dem Steuerfond, das ſind beydes nicht Sachen, von denen man glauben kann, ſie ſeyen ohne Ruͤckſicht auf groͤßere Geſichts- punkte von dem guten Arner blos zum Nutzen und Frommen ſeines Dorfs ausgeheckt worden. — Er ſchwieg izt, und ſah den Eindruck, den es auf den Herzog machte. — Dieſer ſaß ſtaunend da, ſtoß- te ſeine Lippen vorwaͤrts, nahm ſie dann wieder zu- ruͤck unter die Zaͤhne, ſagte dann — wenn du dich nicht irreſt, ſo iſt das die ſonderbarſte Sache, die mir in meinem Leben begegnet. —
Helidor. Ich irre mich gewiß nicht — und auf alle Umſtaͤnde, die ich erzaͤhlt, koͤnnen Sie bauen. —
Fuͤrſt. Bey allem dem ſcheint mir die Sache noch unglaublich —
Helidor. Sie iſt aber ſicher, und ſie werden Ih- nen gewiß mit einem Menſchlichkeitsprojekt kommen.
Fuͤrſt. Ich will ſehen was es giebt. —
Helidor. Werden Sie ihnen Gehoͤr geben? —
Fuͤrſt. (Nach einigem Staunen) — Das weiß ich nicht. —
Helidor. Aber ich weiß es, Sie werden es thun. —
Fuͤrſt. Traͤumeſt du noch einmal in einer Stunde?
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Woche haben ſie alle drey eine Schrift unterzeich-
net, die mitten unter Arners Papieren da lag —
das iſt eins. — Denn iſt die Abſchaffung des Gal-
gens, und das Projekt mit dem Steuerfond, das
ſind beydes nicht Sachen, von denen man glauben
kann, ſie ſeyen ohne Ruͤckſicht auf groͤßere Geſichts-
punkte von dem guten Arner blos zum Nutzen und
Frommen ſeines Dorfs ausgeheckt worden. —
Er ſchwieg izt, und ſah den Eindruck, den es auf
den Herzog machte. — Dieſer ſaß ſtaunend da, ſtoß-
te ſeine Lippen vorwaͤrts, nahm ſie dann wieder zu-
ruͤck unter die Zaͤhne, ſagte dann — wenn du dich
nicht irreſt, ſo iſt das die ſonderbarſte Sache, die
mir in meinem Leben begegnet. —
Helidor. Ich irre mich gewiß nicht — und auf
alle Umſtaͤnde, die ich erzaͤhlt, koͤnnen Sie bauen. —
Fuͤrſt. Bey allem dem ſcheint mir die Sache
noch unglaublich —
Helidor. Sie iſt aber ſicher, und ſie werden Ih-
nen gewiß mit einem Menſchlichkeitsprojekt kommen.
Fuͤrſt. Ich will ſehen was es giebt. —
Helidor. Werden Sie ihnen Gehoͤr geben? —
Fuͤrſt. (Nach einigem Staunen) — Das weiß
ich nicht. —
Helidor. Aber ich weiß es, Sie werden es
thun. —
Fuͤrſt. Traͤumeſt du noch einmal in einer
Stunde?
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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787, S. 411. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787/429>, abgerufen am 22.11.2024.
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