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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787.

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deiner Vogtanvertrauten, würdest du nicht sagen,
das Gott erbarm'? -- Und würde kein Waislein,
dessen Gut du unter den Händen hast, wenn es
alles wüßte was du thust, seufzen, das Gott er-
barm? -- Wann du Gutes willst, und Gutes
thust, thust du es dem Armen wie deinem Kind?
-- Oder thust du es mit der Geisel in der Hand?
-- Würgst du dem Menschen, dem du Brod
giebst, das Herz ab? -- Kannst du standhaft,
anhaltend, geduldig und nachsichtig helfen, wo
ohne Standhaftigkeit, Geduld und Nachsicht un-
möglich zu helfen ist? --

So las der Pfarrer; und der Aelteste der
Vorgesezten antwortete ihm mit lauter Stimme
vor allem Volk: -- Diener des Allerhöchsten! wir
sind ein schwaches Geschlecht, und vergeßlos wie
unsere Väter, die vor uns gelebt; -- aber werde
nicht müde, uns den Spiegel unserer Pflichten
immer vor Augen zu halten, damit wir in der
Furcht Gottes bleiben, und unsere Pflichten je län-
ger je weniger vergessen! -- Dann las der Pfar-
rer auch ihnen das Bild eines guten und eines
schlechten Dorfvorgesezten öffentlich vor allem Volk
vor. -- Das Bild war auf keiner Seite übertrie-
ben; aber es sezte deutlich und vielseitig ins Licht,
wie ein guter Vorgesezter auf Kind und Kindskin-
der hinunter Wohlstand und Segen, der andere
hingegen Verwirrung und Unglück veranlassen und

deiner Vogtanvertrauten, wuͤrdeſt du nicht ſagen,
das Gott erbarm'? — Und wuͤrde kein Waiſlein,
deſſen Gut du unter den Haͤnden haſt, wenn es
alles wuͤßte was du thuſt, ſeufzen, das Gott er-
barm? — Wann du Gutes willſt, und Gutes
thuſt, thuſt du es dem Armen wie deinem Kind?
— Oder thuſt du es mit der Geiſel in der Hand?
— Wuͤrgſt du dem Menſchen, dem du Brod
giebſt, das Herz ab? — Kannſt du ſtandhaft,
anhaltend, geduldig und nachſichtig helfen, wo
ohne Standhaftigkeit, Geduld und Nachſicht un-
moͤglich zu helfen iſt? —

So las der Pfarrer; und der Aelteſte der
Vorgeſezten antwortete ihm mit lauter Stimme
vor allem Volk: — Diener des Allerhoͤchſten! wir
ſind ein ſchwaches Geſchlecht, und vergeßlos wie
unſere Vaͤter, die vor uns gelebt; — aber werde
nicht muͤde, uns den Spiegel unſerer Pflichten
immer vor Augen zu halten, damit wir in der
Furcht Gottes bleiben, und unſere Pflichten je laͤn-
ger je weniger vergeſſen! — Dann las der Pfar-
rer auch ihnen das Bild eines guten und eines
ſchlechten Dorfvorgeſezten oͤffentlich vor allem Volk
vor. — Das Bild war auf keiner Seite uͤbertrie-
ben; aber es ſezte deutlich und vielſeitig ins Licht,
wie ein guter Vorgeſezter auf Kind und Kindskin-
der hinunter Wohlſtand und Segen, der andere
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[354/0372] deiner Vogtanvertrauten, wuͤrdeſt du nicht ſagen, das Gott erbarm'? — Und wuͤrde kein Waiſlein, deſſen Gut du unter den Haͤnden haſt, wenn es alles wuͤßte was du thuſt, ſeufzen, das Gott er- barm? — Wann du Gutes willſt, und Gutes thuſt, thuſt du es dem Armen wie deinem Kind? — Oder thuſt du es mit der Geiſel in der Hand? — Wuͤrgſt du dem Menſchen, dem du Brod giebſt, das Herz ab? — Kannſt du ſtandhaft, anhaltend, geduldig und nachſichtig helfen, wo ohne Standhaftigkeit, Geduld und Nachſicht un- moͤglich zu helfen iſt? — So las der Pfarrer; und der Aelteſte der Vorgeſezten antwortete ihm mit lauter Stimme vor allem Volk: — Diener des Allerhoͤchſten! wir ſind ein ſchwaches Geſchlecht, und vergeßlos wie unſere Vaͤter, die vor uns gelebt; — aber werde nicht muͤde, uns den Spiegel unſerer Pflichten immer vor Augen zu halten, damit wir in der Furcht Gottes bleiben, und unſere Pflichten je laͤn- ger je weniger vergeſſen! — Dann las der Pfar- rer auch ihnen das Bild eines guten und eines ſchlechten Dorfvorgeſezten oͤffentlich vor allem Volk vor. — Das Bild war auf keiner Seite uͤbertrie- ben; aber es ſezte deutlich und vielſeitig ins Licht, wie ein guter Vorgeſezter auf Kind und Kindskin- der hinunter Wohlſtand und Segen, der andere hingegen Verwirrung und Ungluͤck veranlaſſen und

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Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787, S. 354. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787/372>, abgerufen am 23.11.2024.