such zum Aufruhr, wider die Rechte der Wahr- heit, das Wissentschaftliche in der Religion vor das Volk zu bringen, und vor ihm, als wär es der Richter, darüber zu plaidiren; so gut als es Ti- ranney ist, das Urtheil über dieses Wissentschaftli- che in der Religion der bürgerlichen Macht zu un- terwerfen.
Der Dienst des Allerhöchsten ist von wissen- schaftlichen Meynungen über Religionssachen un- abhangend; und das Volk soll vom Altar weg nicht behelliget werden mit irgend einer Streitigkeit der Priester.
Läßt man es zu -- so giebt man den Kopf des Volks in die Hand des Priesters -- und ver- zeihet mir ihr Fürsten! aber ich glaube, wer den Kopf des Volks in seiner Hand hat, der ist auch seines Kopfgelds sicher wenn er will; die Sache hat nicht kleinen Reiz aus ihren Wirkungen zu schließen.
Menschheit! auf allen Blättern ruft die Ge- schichte, du tödtest eher die Thiere der Erde, und vertilgest eher die Fische im Meer, als die Macht der Priester und den Sinn ihrer Pfafheit, wenn du das Wissentschaftliche ihres Religions-Unterrichts zur Grundlegung der Kopfbildung des Volks machst.
Die Kopfbildung des Volks ist die Sache sei- ner häuslichen und bürgerlichen Sicherheit, und
also
ſuch zum Aufruhr, wider die Rechte der Wahr- heit, das Wiſſentſchaftliche in der Religion vor das Volk zu bringen, und vor ihm, als waͤr es der Richter, daruͤber zu plaidiren; ſo gut als es Ti- ranney iſt, das Urtheil uͤber dieſes Wiſſentſchaftli- che in der Religion der buͤrgerlichen Macht zu un- terwerfen.
Der Dienſt des Allerhoͤchſten iſt von wiſſen- ſchaftlichen Meynungen uͤber Religionsſachen un- abhangend; und das Volk ſoll vom Altar weg nicht behelliget werden mit irgend einer Streitigkeit der Prieſter.
Laͤßt man es zu — ſo giebt man den Kopf des Volks in die Hand des Prieſters — und ver- zeihet mir ihr Fuͤrſten! aber ich glaube, wer den Kopf des Volks in ſeiner Hand hat, der iſt auch ſeines Kopfgelds ſicher wenn er will; die Sache hat nicht kleinen Reiz aus ihren Wirkungen zu ſchließen.
Menſchheit! auf allen Blaͤttern ruft die Ge- ſchichte, du toͤdteſt eher die Thiere der Erde, und vertilgeſt eher die Fiſche im Meer, als die Macht der Prieſter und den Sinn ihrer Pfafheit, wenn du das Wiſſentſchaftliche ihres Religions-Unterrichts zur Grundlegung der Kopfbildung des Volks machſt.
Die Kopfbildung des Volks iſt die Sache ſei- ner haͤuslichen und buͤrgerlichen Sicherheit, und
alſo
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0354"n="336"/>ſuch zum Aufruhr, wider die Rechte der Wahr-<lb/>
heit, das Wiſſentſchaftliche in der Religion vor das<lb/>
Volk zu bringen, und vor ihm, als waͤr es der<lb/><hirendition="#g">Richter</hi>, daruͤber zu plaidiren; ſo gut als es Ti-<lb/>
ranney iſt, das Urtheil uͤber dieſes Wiſſentſchaftli-<lb/>
che in der Religion der buͤrgerlichen Macht zu un-<lb/>
terwerfen.</p><lb/><p>Der Dienſt des Allerhoͤchſten iſt von wiſſen-<lb/>ſchaftlichen Meynungen uͤber Religionsſachen un-<lb/>
abhangend; und das Volk ſoll vom Altar weg<lb/>
nicht behelliget werden mit irgend einer Streitigkeit<lb/>
der Prieſter.</p><lb/><p>Laͤßt man es zu —ſo giebt man den Kopf<lb/>
des Volks in die Hand des Prieſters — und ver-<lb/>
zeihet mir ihr Fuͤrſten! aber ich glaube, wer den<lb/>
Kopf des Volks in ſeiner Hand hat, der iſt auch<lb/>ſeines Kopfgelds ſicher wenn er will; die Sache<lb/>
hat nicht kleinen Reiz aus ihren Wirkungen zu<lb/>ſchließen.</p><lb/><p>Menſchheit! auf allen Blaͤttern ruft die Ge-<lb/>ſchichte, du toͤdteſt eher die Thiere der Erde, und<lb/>
vertilgeſt eher die Fiſche im Meer, als die Macht<lb/>
der Prieſter und den Sinn ihrer Pfafheit, wenn du<lb/>
das Wiſſentſchaftliche ihres Religions-Unterrichts<lb/>
zur Grundlegung der Kopfbildung des Volks machſt.</p><lb/><p>Die Kopfbildung des Volks iſt die Sache ſei-<lb/>
ner haͤuslichen und buͤrgerlichen Sicherheit, und<lb/><fwplace="bottom"type="catch">alſo</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[336/0354]
ſuch zum Aufruhr, wider die Rechte der Wahr-
heit, das Wiſſentſchaftliche in der Religion vor das
Volk zu bringen, und vor ihm, als waͤr es der
Richter, daruͤber zu plaidiren; ſo gut als es Ti-
ranney iſt, das Urtheil uͤber dieſes Wiſſentſchaftli-
che in der Religion der buͤrgerlichen Macht zu un-
terwerfen.
Der Dienſt des Allerhoͤchſten iſt von wiſſen-
ſchaftlichen Meynungen uͤber Religionsſachen un-
abhangend; und das Volk ſoll vom Altar weg
nicht behelliget werden mit irgend einer Streitigkeit
der Prieſter.
Laͤßt man es zu — ſo giebt man den Kopf
des Volks in die Hand des Prieſters — und ver-
zeihet mir ihr Fuͤrſten! aber ich glaube, wer den
Kopf des Volks in ſeiner Hand hat, der iſt auch
ſeines Kopfgelds ſicher wenn er will; die Sache
hat nicht kleinen Reiz aus ihren Wirkungen zu
ſchließen.
Menſchheit! auf allen Blaͤttern ruft die Ge-
ſchichte, du toͤdteſt eher die Thiere der Erde, und
vertilgeſt eher die Fiſche im Meer, als die Macht
der Prieſter und den Sinn ihrer Pfafheit, wenn du
das Wiſſentſchaftliche ihres Religions-Unterrichts
zur Grundlegung der Kopfbildung des Volks machſt.
Die Kopfbildung des Volks iſt die Sache ſei-
ner haͤuslichen und buͤrgerlichen Sicherheit, und
alſo
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787, S. 336. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787/354>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.