Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787.

Bild:
<< vorherige Seite

auf gedoppelte Warnung in seinem Fehler fortfuhr,
dem Dorfrath zu besonderm Aufsehen empfohlen,
und dann dorfte der Harschier bey Tag und bey
Nacht zu jeder Stund in seinem Haus erscheinen,
und bey ihm aussuchen was er wollte.

Auch nahm der Junker allem fremden Gesin-
del, das unter der alten Dorfregierung als abge-
dankte Schloß-Schuhputzer, Kammerdiener, Kam-
mermägde, Perüquenmacher und dergleichen, mit
dem ganzen Gefolg von Töchtern, Mägden, in
seinen Dörfern eingenistet, die Bewilligung, sich in
der Herrschaft aufzuhalten; gab ihnen sämtlich ei-
nen Laufpaß bis auf die nächste Stadt, und den
Dörfern auf der Stelle einen Freyheitsbrief und das
Recht, zu ewigen Zeiten nicht schuldig zu seyn, ei-
nem Herrschaftsherrn eine fremde Manns- oder
Weibsperson wider ihren Willen abzunehmen, und
auf ihren Dörfern sitzen zu lassen

Auch die Lumpenwächter, mit den rothen Na-
sen und rostigen Spießen, hob er auf; sezte aber
an den Gränzen der Herrschaft allenthalben Hüt-
ten, bey denen er Tag und Nacht fünf bis sechs
Männern abwechselnd Arbeit gab, mit Kohlen
brennen, Holzsagen und spalten, die dann zugleich
Wachtdienst thun mußten. Eben so mußten die
Schloßwachten mit ihren alten rothen Röcken ihm
ab den Augen. Er konnte Menschen, die an Leib

auf gedoppelte Warnung in ſeinem Fehler fortfuhr,
dem Dorfrath zu beſonderm Aufſehen empfohlen,
und dann dorfte der Harſchier bey Tag und bey
Nacht zu jeder Stund in ſeinem Haus erſcheinen,
und bey ihm ausſuchen was er wollte.

Auch nahm der Junker allem fremden Geſin-
del, das unter der alten Dorfregierung als abge-
dankte Schloß-Schuhputzer, Kammerdiener, Kam-
mermaͤgde, Peruͤquenmacher und dergleichen, mit
dem ganzen Gefolg von Toͤchtern, Maͤgden, in
ſeinen Doͤrfern eingeniſtet, die Bewilligung, ſich in
der Herrſchaft aufzuhalten; gab ihnen ſaͤmtlich ei-
nen Laufpaß bis auf die naͤchſte Stadt, und den
Doͤrfern auf der Stelle einen Freyheitsbrief und das
Recht, zu ewigen Zeiten nicht ſchuldig zu ſeyn, ei-
nem Herrſchaftsherrn eine fremde Manns- oder
Weibsperſon wider ihren Willen abzunehmen, und
auf ihren Doͤrfern ſitzen zu laſſen

Auch die Lumpenwaͤchter, mit den rothen Na-
ſen und roſtigen Spießen, hob er auf; ſezte aber
an den Graͤnzen der Herrſchaft allenthalben Huͤt-
ten, bey denen er Tag und Nacht fuͤnf bis ſechs
Maͤnnern abwechſelnd Arbeit gab, mit Kohlen
brennen, Holzſagen und ſpalten, die dann zugleich
Wachtdienſt thun mußten. Eben ſo mußten die
Schloßwachten mit ihren alten rothen Roͤcken ihm
ab den Augen. Er konnte Menſchen, die an Leib

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0319" n="301"/>
auf gedoppelte Warnung in &#x017F;einem Fehler fortfuhr,<lb/>
dem Dorfrath zu be&#x017F;onderm Auf&#x017F;ehen empfohlen,<lb/>
und dann dorfte der Har&#x017F;chier bey Tag und bey<lb/>
Nacht zu jeder Stund in &#x017F;einem Haus er&#x017F;cheinen,<lb/>
und bey ihm aus&#x017F;uchen was er wollte.</p><lb/>
        <p>Auch nahm der Junker allem fremden Ge&#x017F;in-<lb/>
del, das unter der alten Dorfregierung als abge-<lb/>
dankte Schloß-Schuhputzer, Kammerdiener, Kam-<lb/>
merma&#x0364;gde, Peru&#x0364;quenmacher und dergleichen, mit<lb/>
dem ganzen Gefolg von To&#x0364;chtern, Ma&#x0364;gden, in<lb/>
&#x017F;einen Do&#x0364;rfern eingeni&#x017F;tet, die Bewilligung, &#x017F;ich in<lb/>
der Herr&#x017F;chaft aufzuhalten; gab ihnen &#x017F;a&#x0364;mtlich ei-<lb/>
nen Laufpaß bis auf die na&#x0364;ch&#x017F;te Stadt, und den<lb/>
Do&#x0364;rfern auf der Stelle einen Freyheitsbrief und das<lb/>
Recht, zu ewigen Zeiten nicht &#x017F;chuldig zu &#x017F;eyn, ei-<lb/>
nem Herr&#x017F;chaftsherrn eine fremde Manns- oder<lb/>
Weibsper&#x017F;on wider ihren Willen abzunehmen, und<lb/>
auf ihren Do&#x0364;rfern &#x017F;itzen zu la&#x017F;&#x017F;en</p><lb/>
        <p>Auch die Lumpenwa&#x0364;chter, mit den rothen Na-<lb/>
&#x017F;en und ro&#x017F;tigen Spießen, hob er auf; &#x017F;ezte aber<lb/>
an den Gra&#x0364;nzen der Herr&#x017F;chaft allenthalben Hu&#x0364;t-<lb/>
ten, bey denen er Tag und Nacht fu&#x0364;nf bis &#x017F;echs<lb/>
Ma&#x0364;nnern abwech&#x017F;elnd Arbeit gab, mit Kohlen<lb/>
brennen, Holz&#x017F;agen und &#x017F;palten, die dann zugleich<lb/>
Wachtdien&#x017F;t thun mußten. Eben &#x017F;o mußten die<lb/>
Schloßwachten mit ihren alten rothen Ro&#x0364;cken ihm<lb/>
ab den Augen. Er konnte Men&#x017F;chen, die an Leib<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[301/0319] auf gedoppelte Warnung in ſeinem Fehler fortfuhr, dem Dorfrath zu beſonderm Aufſehen empfohlen, und dann dorfte der Harſchier bey Tag und bey Nacht zu jeder Stund in ſeinem Haus erſcheinen, und bey ihm ausſuchen was er wollte. Auch nahm der Junker allem fremden Geſin- del, das unter der alten Dorfregierung als abge- dankte Schloß-Schuhputzer, Kammerdiener, Kam- mermaͤgde, Peruͤquenmacher und dergleichen, mit dem ganzen Gefolg von Toͤchtern, Maͤgden, in ſeinen Doͤrfern eingeniſtet, die Bewilligung, ſich in der Herrſchaft aufzuhalten; gab ihnen ſaͤmtlich ei- nen Laufpaß bis auf die naͤchſte Stadt, und den Doͤrfern auf der Stelle einen Freyheitsbrief und das Recht, zu ewigen Zeiten nicht ſchuldig zu ſeyn, ei- nem Herrſchaftsherrn eine fremde Manns- oder Weibsperſon wider ihren Willen abzunehmen, und auf ihren Doͤrfern ſitzen zu laſſen Auch die Lumpenwaͤchter, mit den rothen Na- ſen und roſtigen Spießen, hob er auf; ſezte aber an den Graͤnzen der Herrſchaft allenthalben Huͤt- ten, bey denen er Tag und Nacht fuͤnf bis ſechs Maͤnnern abwechſelnd Arbeit gab, mit Kohlen brennen, Holzſagen und ſpalten, die dann zugleich Wachtdienſt thun mußten. Eben ſo mußten die Schloßwachten mit ihren alten rothen Roͤcken ihm ab den Augen. Er konnte Menſchen, die an Leib

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787/319
Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787, S. 301. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787/319>, abgerufen am 22.11.2024.