Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787.

Bild:
<< vorherige Seite


"ihr Herr Nachbar schneide den Kindern in der
"Schule die Haare und die Nägel ab." --

Izt stund der Lieutenant auf, nahm seinen
Stock und Hut, und gieng auf sein Zimmer.
Der General rief ihm zwar, es sey nicht so Böse
gemeynt; er müsse es nicht so nehmen, es seyen
Frauenzimmer. Aber Sylvia sagte eben so laut:
Laßt ihn doch gehen, es ist just was wir wollen. --

Arner rief, indem er auch aufstund, seinen
Knechten vom Tisch weg, wo sie aufwarteten; und
befahl noch in der Stuben, im Augenblick seine
Kutsche anzuspannen. Schrieb dann in des Lieute-
nants Zimmer mit Bleystift auf eine Karte an den
Pfarrer von Bonnal:

"Ich habe Leute bey mir, die keine Men-
"schen sind; und bis diese fort sind, kann ich
"keine Menschen bey mir haben." --

Und sandte den lieben Mann mit diesem Fracht-
brief auf Bonnal. Als er ihm in die Kutsche hin-
einhalf, sagte er ihm noch: Was mir leid ist, mein
Lieber! ist, daß ich nicht mit kann. --

Alles war izt am Tische still; und man hörte
keinen Ton, als daß Karl halb laut zu seinem Rol-
lenberger sagte -- "Es darf izt nur Niemand kein
"Wort sagen! es ist doch nicht recht, es wissens


"ihr Herr Nachbar ſchneide den Kindern in der
"Schule die Haare und die Naͤgel ab.„ —

Izt ſtund der Lieutenant auf, nahm ſeinen
Stock und Hut, und gieng auf ſein Zimmer.
Der General rief ihm zwar, es ſey nicht ſo Boͤſe
gemeynt; er muͤſſe es nicht ſo nehmen, es ſeyen
Frauenzimmer. Aber Sylvia ſagte eben ſo laut:
Laßt ihn doch gehen, es iſt juſt was wir wollen. —

Arner rief, indem er auch aufſtund, ſeinen
Knechten vom Tiſch weg, wo ſie aufwarteten; und
befahl noch in der Stuben, im Augenblick ſeine
Kutſche anzuſpannen. Schrieb dann in des Lieute-
nants Zimmer mit Bleyſtift auf eine Karte an den
Pfarrer von Bonnal:

„Ich habe Leute bey mir, die keine Men-
"ſchen ſind; und bis dieſe fort ſind, kann ich
"keine Menſchen bey mir haben.„ —

Und ſandte den lieben Mann mit dieſem Fracht-
brief auf Bonnal. Als er ihm in die Kutſche hin-
einhalf, ſagte er ihm noch: Was mir leid iſt, mein
Lieber! iſt, daß ich nicht mit kann. —

Alles war izt am Tiſche ſtill; und man hoͤrte
keinen Ton, als daß Karl halb laut zu ſeinem Rol-
lenberger ſagte — „Es darf izt nur Niemand kein
"Wort ſagen! es iſt doch nicht recht, es wiſſens

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0031" n="13"/><lb/>
"ihr Herr Nachbar &#x017F;chneide den Kindern in der<lb/>
"Schule die Haare und die Na&#x0364;gel ab.&#x201E; &#x2014;</p><lb/>
        <p>Izt &#x017F;tund der Lieutenant auf, nahm &#x017F;einen<lb/>
Stock und Hut, und gieng auf &#x017F;ein Zimmer.<lb/>
Der General rief ihm zwar, es &#x017F;ey nicht &#x017F;o Bo&#x0364;&#x017F;e<lb/>
gemeynt; er mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e es nicht &#x017F;o nehmen, es &#x017F;eyen<lb/>
Frauenzimmer. Aber Sylvia &#x017F;agte eben &#x017F;o laut:<lb/>
Laßt ihn doch gehen, es i&#x017F;t ju&#x017F;t was wir wollen. &#x2014;</p><lb/>
        <p>Arner rief, indem er auch auf&#x017F;tund, &#x017F;einen<lb/>
Knechten vom Ti&#x017F;ch weg, wo &#x017F;ie aufwarteten; und<lb/>
befahl noch in der Stuben, im Augenblick &#x017F;eine<lb/>
Kut&#x017F;che anzu&#x017F;pannen. Schrieb dann in des Lieute-<lb/>
nants Zimmer mit Bley&#x017F;tift auf eine Karte an den<lb/>
Pfarrer von Bonnal:</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ich habe Leute bey mir, die keine Men-<lb/>
"&#x017F;chen &#x017F;ind; und bis die&#x017F;e fort &#x017F;ind, kann ich<lb/>
"keine Men&#x017F;chen bey mir haben.&#x201E; &#x2014;</p><lb/>
        <p>Und &#x017F;andte den lieben Mann mit die&#x017F;em Fracht-<lb/>
brief auf Bonnal. Als er ihm in die Kut&#x017F;che hin-<lb/>
einhalf, &#x017F;agte er ihm noch: Was mir leid i&#x017F;t, mein<lb/>
Lieber! i&#x017F;t, daß ich nicht mit kann. &#x2014;</p><lb/>
        <p>Alles war izt am Ti&#x017F;che &#x017F;till; und man ho&#x0364;rte<lb/>
keinen Ton, als daß Karl halb laut zu &#x017F;einem Rol-<lb/>
lenberger &#x017F;agte &#x2014; &#x201E;Es darf izt nur Niemand kein<lb/>
"Wort &#x017F;agen! es i&#x017F;t doch nicht recht, es wi&#x017F;&#x017F;ens<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[13/0031] "ihr Herr Nachbar ſchneide den Kindern in der "Schule die Haare und die Naͤgel ab.„ — Izt ſtund der Lieutenant auf, nahm ſeinen Stock und Hut, und gieng auf ſein Zimmer. Der General rief ihm zwar, es ſey nicht ſo Boͤſe gemeynt; er muͤſſe es nicht ſo nehmen, es ſeyen Frauenzimmer. Aber Sylvia ſagte eben ſo laut: Laßt ihn doch gehen, es iſt juſt was wir wollen. — Arner rief, indem er auch aufſtund, ſeinen Knechten vom Tiſch weg, wo ſie aufwarteten; und befahl noch in der Stuben, im Augenblick ſeine Kutſche anzuſpannen. Schrieb dann in des Lieute- nants Zimmer mit Bleyſtift auf eine Karte an den Pfarrer von Bonnal: „Ich habe Leute bey mir, die keine Men- "ſchen ſind; und bis dieſe fort ſind, kann ich "keine Menſchen bey mir haben.„ — Und ſandte den lieben Mann mit dieſem Fracht- brief auf Bonnal. Als er ihm in die Kutſche hin- einhalf, ſagte er ihm noch: Was mir leid iſt, mein Lieber! iſt, daß ich nicht mit kann. — Alles war izt am Tiſche ſtill; und man hoͤrte keinen Ton, als daß Karl halb laut zu ſeinem Rol- lenberger ſagte — „Es darf izt nur Niemand kein "Wort ſagen! es iſt doch nicht recht, es wiſſens

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787/31
Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787/31>, abgerufen am 26.12.2024.