Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787.

Bild:
<< vorherige Seite

§. 53.
Arners Prozeßform für sein niederes Ge-
richt in Bonnal, darinn auf Bauern-
geist, Bauernordnung, und Art, und
Dorfbedürfnisse, in Verbindung mit
den Hauptendzwecken der Dorfregie-
rung, Rücksicht genommen wird.

Wann dann alles dieses nichts half, und alle
diese, so in stiller, einfacher Bewegung laufenden
Triebräder der guten Ordnung, dennoch nicht im
Stand waren, in einem besondern Fall das An-
spinnen eines Streits, oder einer Rechtssache, zu
verhüten, so gieng denn Arner in diesem Fall also
zu Werk, daß er vor allem aus einen jeden, der
glaubte, er habe das Recht, seinen Nachbar entwe-
der rechtlich anzugreifen, oder ihm das abzuschla-
gen, was jener an ihm suchte, vollkommen wohl
erkalten, und zu sich selber kommen ließ, ehe er
ihm erlaubte, gegen ihn ins Recht zu stehen, um
auf diese Art der gegenseitigen Anfangs Wildböcke-
rey, die fast immer das erste und gefährlichste Gift
aller Rechtshändeln wird, vorzubiegen; zu diesem
Ende ließ er Niemanden eine Rechtshandlung an-
fangen, der nicht vorher zweymal, und beydemal


§. 53.
Arners Prozeßform fuͤr ſein niederes Ge-
richt in Bonnal, darinn auf Bauern-
geiſt, Bauernordnung, und Art, und
Dorfbeduͤrfniſſe, in Verbindung mit
den Hauptendzwecken der Dorfregie-
rung, Ruͤckſicht genommen wird.

Wann dann alles dieſes nichts half, und alle
dieſe, ſo in ſtiller, einfacher Bewegung laufenden
Triebraͤder der guten Ordnung, dennoch nicht im
Stand waren, in einem beſondern Fall das An-
ſpinnen eines Streits, oder einer Rechtsſache, zu
verhuͤten, ſo gieng denn Arner in dieſem Fall alſo
zu Werk, daß er vor allem aus einen jeden, der
glaubte, er habe das Recht, ſeinen Nachbar entwe-
der rechtlich anzugreifen, oder ihm das abzuſchla-
gen, was jener an ihm ſuchte, vollkommen wohl
erkalten, und zu ſich ſelber kommen ließ, ehe er
ihm erlaubte, gegen ihn ins Recht zu ſtehen, um
auf dieſe Art der gegenſeitigen Anfangs Wildboͤcke-
rey, die faſt immer das erſte und gefaͤhrlichſte Gift
aller Rechtshaͤndeln wird, vorzubiegen; zu dieſem
Ende ließ er Niemanden eine Rechtshandlung an-
fangen, der nicht vorher zweymal, und beydemal

<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0301" n="283"/><lb/>
      <div n="1">
        <head>§. 53.<lb/>
Arners Prozeßform fu&#x0364;r &#x017F;ein niederes Ge-<lb/>
richt in Bonnal, darinn auf Bauern-<lb/>
gei&#x017F;t, Bauernordnung, und Art, und<lb/>
Dorfbedu&#x0364;rfni&#x017F;&#x017F;e, in Verbindung mit<lb/>
den Hauptendzwecken der Dorfregie-<lb/>
rung, Ru&#x0364;ck&#x017F;icht genommen wird.</head><lb/>
        <p><hi rendition="#in">W</hi>ann dann alles die&#x017F;es nichts half, und alle<lb/>
die&#x017F;e, &#x017F;o in &#x017F;tiller, einfacher Bewegung laufenden<lb/>
Triebra&#x0364;der der guten Ordnung, dennoch nicht im<lb/>
Stand waren, in einem be&#x017F;ondern Fall das An-<lb/>
&#x017F;pinnen eines Streits, oder einer Rechts&#x017F;ache, zu<lb/>
verhu&#x0364;ten, &#x017F;o gieng denn Arner in die&#x017F;em Fall al&#x017F;o<lb/>
zu Werk, daß er vor allem aus einen jeden, der<lb/>
glaubte, er habe das Recht, &#x017F;einen Nachbar entwe-<lb/>
der rechtlich anzugreifen, oder ihm das abzu&#x017F;chla-<lb/>
gen, was jener an ihm &#x017F;uchte, vollkommen wohl<lb/>
erkalten, und zu &#x017F;ich &#x017F;elber kommen ließ, ehe er<lb/>
ihm erlaubte, gegen ihn ins Recht zu &#x017F;tehen, um<lb/>
auf die&#x017F;e Art der gegen&#x017F;eitigen Anfangs Wildbo&#x0364;cke-<lb/>
rey, die fa&#x017F;t immer das er&#x017F;te und gefa&#x0364;hrlich&#x017F;te Gift<lb/>
aller Rechtsha&#x0364;ndeln wird, vorzubiegen; zu die&#x017F;em<lb/>
Ende ließ er Niemanden eine Rechtshandlung an-<lb/>
fangen, der nicht vorher zweymal, und beydemal<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[283/0301] §. 53. Arners Prozeßform fuͤr ſein niederes Ge- richt in Bonnal, darinn auf Bauern- geiſt, Bauernordnung, und Art, und Dorfbeduͤrfniſſe, in Verbindung mit den Hauptendzwecken der Dorfregie- rung, Ruͤckſicht genommen wird. Wann dann alles dieſes nichts half, und alle dieſe, ſo in ſtiller, einfacher Bewegung laufenden Triebraͤder der guten Ordnung, dennoch nicht im Stand waren, in einem beſondern Fall das An- ſpinnen eines Streits, oder einer Rechtsſache, zu verhuͤten, ſo gieng denn Arner in dieſem Fall alſo zu Werk, daß er vor allem aus einen jeden, der glaubte, er habe das Recht, ſeinen Nachbar entwe- der rechtlich anzugreifen, oder ihm das abzuſchla- gen, was jener an ihm ſuchte, vollkommen wohl erkalten, und zu ſich ſelber kommen ließ, ehe er ihm erlaubte, gegen ihn ins Recht zu ſtehen, um auf dieſe Art der gegenſeitigen Anfangs Wildboͤcke- rey, die faſt immer das erſte und gefaͤhrlichſte Gift aller Rechtshaͤndeln wird, vorzubiegen; zu dieſem Ende ließ er Niemanden eine Rechtshandlung an- fangen, der nicht vorher zweymal, und beydemal

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787/301
Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787, S. 283. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787/301>, abgerufen am 03.12.2024.