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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787.

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den sie selber wünschten, auszusuchen, der sie ih-
nen führen soll, und so gar sie durch ihre unter-
wiesenen Kinder, wann selbige das 15te Jahr über-
lebt, einrichten und führen zu lassen, mit der ein-
zigen Bedingniß, daß sie wöchentlich alle Samstag
vor Sonnenuntergang alles, was ihr Sohn, oder
ihre Tochter, die Woche über in das Buch einge-
schrieben, als richtig und der Wahrheit gemäß
eigenhändig unterschreiben mußten. -- Im Fall
sie aber weder Geschriebenes lesen, noch sich selber
unterschreiben könnten, so mußten sie ihren Gassen-
Aufseher erbitten, solches wöchentlich, und eben-
falls am Samstag Abends vor Sonnenuntergang
zu thun, und sich dann allemal von diesem Punkt
für Punkt vorlesen lassen, was ihre Kinder einge-
tragen haben, und von jedem Punkt besonders sich
erklären, daß er der Wahrheit gemäß vollkommen
lauter, genugsam, und deutlich sey.

Hingegen war dann sechstens ein jeder, der
sein Haus nicht auf irgend eine oben beschriebene
Art in Ordnung bringen wollte, als ein unberathe-
licher, unordentlicher, unzuverläßiger und unsich-
rer Mensch, der sich der Rechten der bürgerlichen
Gesellschaft, weil er nicht in ihre Ordnung hinein
wolle, selber begebe, und für halb wild geachtet
werden müsse, ohne weiters für unfähig erklärt,
über sein ererbtes Gut frey zu schalten und zu wal-
ten. --

S


den ſie ſelber wuͤnſchten, auszuſuchen, der ſie ih-
nen fuͤhren ſoll, und ſo gar ſie durch ihre unter-
wieſenen Kinder, wann ſelbige das 15te Jahr uͤber-
lebt, einrichten und fuͤhren zu laſſen, mit der ein-
zigen Bedingniß, daß ſie woͤchentlich alle Samſtag
vor Sonnenuntergang alles, was ihr Sohn, oder
ihre Tochter, die Woche uͤber in das Buch einge-
ſchrieben, als richtig und der Wahrheit gemaͤß
eigenhaͤndig unterſchreiben mußten. — Im Fall
ſie aber weder Geſchriebenes leſen, noch ſich ſelber
unterſchreiben koͤnnten, ſo mußten ſie ihren Gaſſen-
Aufſeher erbitten, ſolches woͤchentlich, und eben-
falls am Samſtag Abends vor Sonnenuntergang
zu thun, und ſich dann allemal von dieſem Punkt
fuͤr Punkt vorleſen laſſen, was ihre Kinder einge-
tragen haben, und von jedem Punkt beſonders ſich
erklaͤren, daß er der Wahrheit gemaͤß vollkommen
lauter, genugſam, und deutlich ſey.

Hingegen war dann ſechstens ein jeder, der
ſein Haus nicht auf irgend eine oben beſchriebene
Art in Ordnung bringen wollte, als ein unberathe-
licher, unordentlicher, unzuverlaͤßiger und unſich-
rer Menſch, der ſich der Rechten der buͤrgerlichen
Geſellſchaft, weil er nicht in ihre Ordnung hinein
wolle, ſelber begebe, und fuͤr halb wild geachtet
werden muͤſſe, ohne weiters fuͤr unfaͤhig erklaͤrt,
uͤber ſein ererbtes Gut frey zu ſchalten und zu wal-
ten. —

S
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[273/0291] den ſie ſelber wuͤnſchten, auszuſuchen, der ſie ih- nen fuͤhren ſoll, und ſo gar ſie durch ihre unter- wieſenen Kinder, wann ſelbige das 15te Jahr uͤber- lebt, einrichten und fuͤhren zu laſſen, mit der ein- zigen Bedingniß, daß ſie woͤchentlich alle Samſtag vor Sonnenuntergang alles, was ihr Sohn, oder ihre Tochter, die Woche uͤber in das Buch einge- ſchrieben, als richtig und der Wahrheit gemaͤß eigenhaͤndig unterſchreiben mußten. — Im Fall ſie aber weder Geſchriebenes leſen, noch ſich ſelber unterſchreiben koͤnnten, ſo mußten ſie ihren Gaſſen- Aufſeher erbitten, ſolches woͤchentlich, und eben- falls am Samſtag Abends vor Sonnenuntergang zu thun, und ſich dann allemal von dieſem Punkt fuͤr Punkt vorleſen laſſen, was ihre Kinder einge- tragen haben, und von jedem Punkt beſonders ſich erklaͤren, daß er der Wahrheit gemaͤß vollkommen lauter, genugſam, und deutlich ſey. Hingegen war dann ſechstens ein jeder, der ſein Haus nicht auf irgend eine oben beſchriebene Art in Ordnung bringen wollte, als ein unberathe- licher, unordentlicher, unzuverlaͤßiger und unſich- rer Menſch, der ſich der Rechten der buͤrgerlichen Geſellſchaft, weil er nicht in ihre Ordnung hinein wolle, ſelber begebe, und fuͤr halb wild geachtet werden muͤſſe, ohne weiters fuͤr unfaͤhig erklaͤrt, uͤber ſein ererbtes Gut frey zu ſchalten und zu wal- ten. — S

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Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787, S. 273. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787/291>, abgerufen am 25.11.2024.