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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787.

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umgeht, und dem Volk auffallend zeiget, daß man
durch seine Regierungs-Einmischung nicht zum
Schein und nur für sich, sondern im Ernst und
wirklich für ihns, sein Wohl sucht, und Kinder
von Menschen, die unter harten, dummen, sie
nichts achtenden, sie nicht verstehenden Herren sind,
wie unbändige Ochsen, und sich mit keiner Liebe
zu paaren treiben lassen, folgen wie Schaafe der
Stimme des Führers, der ihnen seine Volksweis-
heit, Menschenfreundlichkeit und Vatersorgfalt er-
probt hat.

Und endlich hatte Arner

3) Alljährlich einen sogenannten Sorgfaltstag
für den Dorfrath und die Aufseher, der eigentlich
und bestimmt den gewohnten Herren- und Raths-
Fehlern gewiedmet war. Dieser Tag war so frey,
daß an demselben unter den Dorfräthen und Aufse-
hern ein gewohntes Wort war, sie wollen nicht so
dumm seyn, als Herren, die an so vielen Orten
lieber nichts mit dem Volk ausrichten, als sich selbst
überwinden, so mit ihm umzugehen, wie man
mit ihm umgehen muß, wenn man etwas mit ihm
ausrichten will. --

Die dummen Herren -- sagten die Bauern,
und Arner gabs ihnen ins Maul -- die dummen
Herren denken nicht daran, daß sie allenthalben

umgeht, und dem Volk auffallend zeiget, daß man
durch ſeine Regierungs-Einmiſchung nicht zum
Schein und nur fuͤr ſich, ſondern im Ernſt und
wirklich fuͤr ihns, ſein Wohl ſucht, und Kinder
von Menſchen, die unter harten, dummen, ſie
nichts achtenden, ſie nicht verſtehenden Herren ſind,
wie unbaͤndige Ochſen, und ſich mit keiner Liebe
zu paaren treiben laſſen, folgen wie Schaafe der
Stimme des Fuͤhrers, der ihnen ſeine Volksweis-
heit, Menſchenfreundlichkeit und Vaterſorgfalt er-
probt hat.

Und endlich hatte Arner

3) Alljaͤhrlich einen ſogenannten Sorgfaltstag
fuͤr den Dorfrath und die Aufſeher, der eigentlich
und beſtimmt den gewohnten Herren- und Raths-
Fehlern gewiedmet war. Dieſer Tag war ſo frey,
daß an demſelben unter den Dorfraͤthen und Aufſe-
hern ein gewohntes Wort war, ſie wollen nicht ſo
dumm ſeyn, als Herren, die an ſo vielen Orten
lieber nichts mit dem Volk ausrichten, als ſich ſelbſt
uͤberwinden, ſo mit ihm umzugehen, wie man
mit ihm umgehen muß, wenn man etwas mit ihm
ausrichten will. —

Die dummen Herren — ſagten die Bauern,
und Arner gabs ihnen ins Maul — die dummen
Herren denken nicht daran, daß ſie allenthalben

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[266/0284] umgeht, und dem Volk auffallend zeiget, daß man durch ſeine Regierungs-Einmiſchung nicht zum Schein und nur fuͤr ſich, ſondern im Ernſt und wirklich fuͤr ihns, ſein Wohl ſucht, und Kinder von Menſchen, die unter harten, dummen, ſie nichts achtenden, ſie nicht verſtehenden Herren ſind, wie unbaͤndige Ochſen, und ſich mit keiner Liebe zu paaren treiben laſſen, folgen wie Schaafe der Stimme des Fuͤhrers, der ihnen ſeine Volksweis- heit, Menſchenfreundlichkeit und Vaterſorgfalt er- probt hat. Und endlich hatte Arner 3) Alljaͤhrlich einen ſogenannten Sorgfaltstag fuͤr den Dorfrath und die Aufſeher, der eigentlich und beſtimmt den gewohnten Herren- und Raths- Fehlern gewiedmet war. Dieſer Tag war ſo frey, daß an demſelben unter den Dorfraͤthen und Aufſe- hern ein gewohntes Wort war, ſie wollen nicht ſo dumm ſeyn, als Herren, die an ſo vielen Orten lieber nichts mit dem Volk ausrichten, als ſich ſelbſt uͤberwinden, ſo mit ihm umzugehen, wie man mit ihm umgehen muß, wenn man etwas mit ihm ausrichten will. — Die dummen Herren — ſagten die Bauern, und Arner gabs ihnen ins Maul — die dummen Herren denken nicht daran, daß ſie allenthalben

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Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787, S. 266. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787/284>, abgerufen am 25.11.2024.