zu laut, und er erklärte sich bestimmt, er habe den Dienst um der Armen willen angenommen, die Reichen haben ihren Vogt in der Kiste, aber die Armen haben einen nöthig. Und das Mareili sprang fast vor Freuden, daß sein Bruder izt also des guten Junkers Diener worden, und machte sich Tag und Nacht den Kopf voll, wie es izt gewiß in allen Ecken im Dorf gehen müsse, wie es der Junker wolle.
Ihns und den ganzen Weiberbund machte der Junker auch einen Abend zu ihm kommen -- und die Weiber beredten ihren Weibel, den alten Renold, er solle mitkommen -- er wollte nicht -- aber sie versprachen ihm, sie wollten es verantwor- ten -- wenns so ist, so will ich kommen, sagte der Alte, und es freute den Junker gar -- er redte die halbe Zeit nur mit ihm, und ließ ihn erzäh- len, wie vor Altem in allen Stücken eine Ordnung gewesen, die im Grund derjenigen vollends gleich sey, die er izt einführe.
Der gute Alte sagte ihm, eine Woche freue ihn jezt mehr zu leben, als vorher ein ganzes Jahr. -- Der Junker erwiederte ihm, wills Gott werde er erst dann recht Freude haben, wenn die angefangenen Sachen auch einmal in ihrem Gleis seyen, und mehr Festigkeit haben. -- Zu den Weibern sagte er: wenn er alles geglaubt hätte, so hätte er doch
zu laut, und er erklaͤrte ſich beſtimmt, er habe den Dienſt um der Armen willen angenommen, die Reichen haben ihren Vogt in der Kiſte, aber die Armen haben einen noͤthig. Und das Mareili ſprang faſt vor Freuden, daß ſein Bruder izt alſo des guten Junkers Diener worden, und machte ſich Tag und Nacht den Kopf voll, wie es izt gewiß in allen Ecken im Dorf gehen muͤſſe, wie es der Junker wolle.
Ihns und den ganzen Weiberbund machte der Junker auch einen Abend zu ihm kommen — und die Weiber beredten ihren Weibel, den alten Renold, er ſolle mitkommen — er wollte nicht — aber ſie verſprachen ihm, ſie wollten es verantwor- ten — wenns ſo iſt, ſo will ich kommen, ſagte der Alte, und es freute den Junker gar — er redte die halbe Zeit nur mit ihm, und ließ ihn erzaͤh- len, wie vor Altem in allen Stuͤcken eine Ordnung geweſen, die im Grund derjenigen vollends gleich ſey, die er izt einfuͤhre.
Der gute Alte ſagte ihm, eine Woche freue ihn jezt mehr zu leben, als vorher ein ganzes Jahr. — Der Junker erwiederte ihm, wills Gott werde er erſt dann recht Freude haben, wenn die angefangenen Sachen auch einmal in ihrem Gleis ſeyen, und mehr Feſtigkeit haben. — Zu den Weibern ſagte er: wenn er alles geglaubt haͤtte, ſo haͤtte er doch
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zu laut, und er erklaͤrte ſich beſtimmt, er habe den
Dienſt um der Armen willen angenommen, die
Reichen haben ihren Vogt in der Kiſte, aber die
Armen haben einen noͤthig. Und das Mareili
ſprang faſt vor Freuden, daß ſein Bruder izt alſo
des guten Junkers Diener worden, und machte
ſich Tag und Nacht den Kopf voll, wie es izt gewiß
in allen Ecken im Dorf gehen muͤſſe, wie es der
Junker wolle.
Ihns und den ganzen Weiberbund machte
der Junker auch einen Abend zu ihm kommen —
und die Weiber beredten ihren Weibel, den alten
Renold, er ſolle mitkommen — er wollte nicht —
aber ſie verſprachen ihm, ſie wollten es verantwor-
ten — wenns ſo iſt, ſo will ich kommen, ſagte
der Alte, und es freute den Junker gar — er redte
die halbe Zeit nur mit ihm, und ließ ihn erzaͤh-
len, wie vor Altem in allen Stuͤcken eine Ordnung
geweſen, die im Grund derjenigen vollends gleich
ſey, die er izt einfuͤhre.
Der gute Alte ſagte ihm, eine Woche freue ihn
jezt mehr zu leben, als vorher ein ganzes Jahr. —
Der Junker erwiederte ihm, wills Gott werde er erſt
dann recht Freude haben, wenn die angefangenen
Sachen auch einmal in ihrem Gleis ſeyen, und
mehr Feſtigkeit haben. — Zu den Weibern ſagte
er: wenn er alles geglaubt haͤtte, ſo haͤtte er doch
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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787/241>, abgerufen am 18.12.2024.
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