Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787.

Bild:
<< vorherige Seite

an allem nichts liege; da er aber vom Helidor an-
fieng, konnte sie das nicht mehr -- sie fragte mit
Hastigkeit, hat er nichts dazu gesagt? -- aber er
wollte nicht mit der Sprache heraus -- sie bat,
und zwang, und drang, und ließ ihn nicht ruhen,
bis er es ihr sagte. -- In Gottes Namen, weil
ihr Gnaden befehlen -- Er hat gesagt, ihr Gna-
den haben ein Maul, es haue und steche. So --
er hat das gesagt? erwiederte sie -- stund plötzlich
auf -- verließ das Zimmer -- lief unter ein Fen-
ster, und wartete da dem Herzklopfen ab, das sie
anwandelte -- da seh ich -- da seh ichs -- ja izt
schon, daß er mir beym ersten Anlaß wie einem
Schuhlumpen den Tritt giebt. -- Ihr Herz schlug
-- und so bald sie wieder zu Athem kam und die
Augen aufhub, sah sie Bylifsky, zwischen dem
Pfarrer und dem Lieutenant, den Vorreyn vor der
Burghalden hinaufkommen; sie redten von der
Schule, und der Lieutenant verthat seiner Gewohn-
heit nach die Hände, weil er im Eifer war, sie
aber meynte, er erzähle izt sicher von nichts anderm
als von ihr -- sie floh in ihre Stube, stampfte
mit dem Fuß, besaß sich nicht mehr -- wütete izt
mit Aglee, gab ihr in allem die Schuld, behaup-
tete, sie hätte sie von allem zurückhalten sollen, und
hatte zum Grund, sie wisse wohl, was sie über sie
vermöge. --

an allem nichts liege; da er aber vom Helidor an-
fieng, konnte ſie das nicht mehr — ſie fragte mit
Haſtigkeit, hat er nichts dazu geſagt? — aber er
wollte nicht mit der Sprache heraus — ſie bat,
und zwang, und drang, und ließ ihn nicht ruhen,
bis er es ihr ſagte. — In Gottes Namen, weil
ihr Gnaden befehlen — Er hat geſagt, ihr Gna-
den haben ein Maul, es haue und ſteche. So —
er hat das geſagt? erwiederte ſie — ſtund ploͤtzlich
auf — verließ das Zimmer — lief unter ein Fen-
ſter, und wartete da dem Herzklopfen ab, das ſie
anwandelte — da ſeh ich — da ſeh ichs — ja izt
ſchon, daß er mir beym erſten Anlaß wie einem
Schuhlumpen den Tritt giebt. — Ihr Herz ſchlug
— und ſo bald ſie wieder zu Athem kam und die
Augen aufhub, ſah ſie Bylifsky, zwiſchen dem
Pfarrer und dem Lieutenant, den Vorreyn vor der
Burghalden hinaufkommen; ſie redten von der
Schule, und der Lieutenant verthat ſeiner Gewohn-
heit nach die Haͤnde, weil er im Eifer war, ſie
aber meynte, er erzaͤhle izt ſicher von nichts anderm
als von ihr — ſie floh in ihre Stube, ſtampfte
mit dem Fuß, beſaß ſich nicht mehr — wuͤtete izt
mit Aglee, gab ihr in allem die Schuld, behaup-
tete, ſie haͤtte ſie von allem zuruͤckhalten ſollen, und
hatte zum Grund, ſie wiſſe wohl, was ſie uͤber ſie
vermoͤge. —

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0155" n="137"/>
an allem nichts liege; da er aber vom Helidor an-<lb/>
fieng, konnte &#x017F;ie das nicht mehr &#x2014; &#x017F;ie fragte mit<lb/>
Ha&#x017F;tigkeit, hat er nichts dazu ge&#x017F;agt? &#x2014; aber er<lb/>
wollte nicht mit der Sprache heraus &#x2014; &#x017F;ie bat,<lb/>
und zwang, und drang, und ließ ihn nicht ruhen,<lb/>
bis er es ihr &#x017F;agte. &#x2014; In Gottes Namen, weil<lb/>
ihr Gnaden befehlen &#x2014; Er hat ge&#x017F;agt, ihr Gna-<lb/>
den haben ein Maul, es haue und &#x017F;teche. So &#x2014;<lb/>
er hat das ge&#x017F;agt? erwiederte &#x017F;ie &#x2014; &#x017F;tund plo&#x0364;tzlich<lb/>
auf &#x2014; verließ das Zimmer &#x2014; lief unter ein Fen-<lb/>
&#x017F;ter, und wartete da dem Herzklopfen ab, das &#x017F;ie<lb/>
anwandelte &#x2014; da &#x017F;eh ich &#x2014; da &#x017F;eh ichs &#x2014; ja izt<lb/>
&#x017F;chon, daß er mir beym er&#x017F;ten Anlaß wie einem<lb/>
Schuhlumpen den Tritt giebt. &#x2014; Ihr Herz &#x017F;chlug<lb/>
&#x2014; und &#x017F;o bald &#x017F;ie wieder zu Athem kam und die<lb/>
Augen aufhub, &#x017F;ah &#x017F;ie Bylifsky, zwi&#x017F;chen dem<lb/>
Pfarrer und dem Lieutenant, den Vorreyn vor der<lb/>
Burghalden hinaufkommen; &#x017F;ie redten von der<lb/>
Schule, und der Lieutenant verthat &#x017F;einer Gewohn-<lb/>
heit nach die Ha&#x0364;nde, weil er im Eifer war, &#x017F;ie<lb/>
aber meynte, er erza&#x0364;hle izt &#x017F;icher von nichts anderm<lb/>
als von ihr &#x2014; &#x017F;ie floh in ihre Stube, &#x017F;tampfte<lb/>
mit dem Fuß, be&#x017F;&#x017F;ich nicht mehr &#x2014; wu&#x0364;tete izt<lb/>
mit Aglee, gab ihr in allem die Schuld, behaup-<lb/>
tete, &#x017F;ie ha&#x0364;tte &#x017F;ie von allem zuru&#x0364;ckhalten &#x017F;ollen, und<lb/>
hatte zum Grund, &#x017F;ie wi&#x017F;&#x017F;e wohl, was &#x017F;ie u&#x0364;ber &#x017F;ie<lb/>
vermo&#x0364;ge. &#x2014;</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[137/0155] an allem nichts liege; da er aber vom Helidor an- fieng, konnte ſie das nicht mehr — ſie fragte mit Haſtigkeit, hat er nichts dazu geſagt? — aber er wollte nicht mit der Sprache heraus — ſie bat, und zwang, und drang, und ließ ihn nicht ruhen, bis er es ihr ſagte. — In Gottes Namen, weil ihr Gnaden befehlen — Er hat geſagt, ihr Gna- den haben ein Maul, es haue und ſteche. So — er hat das geſagt? erwiederte ſie — ſtund ploͤtzlich auf — verließ das Zimmer — lief unter ein Fen- ſter, und wartete da dem Herzklopfen ab, das ſie anwandelte — da ſeh ich — da ſeh ichs — ja izt ſchon, daß er mir beym erſten Anlaß wie einem Schuhlumpen den Tritt giebt. — Ihr Herz ſchlug — und ſo bald ſie wieder zu Athem kam und die Augen aufhub, ſah ſie Bylifsky, zwiſchen dem Pfarrer und dem Lieutenant, den Vorreyn vor der Burghalden hinaufkommen; ſie redten von der Schule, und der Lieutenant verthat ſeiner Gewohn- heit nach die Haͤnde, weil er im Eifer war, ſie aber meynte, er erzaͤhle izt ſicher von nichts anderm als von ihr — ſie floh in ihre Stube, ſtampfte mit dem Fuß, beſaß ſich nicht mehr — wuͤtete izt mit Aglee, gab ihr in allem die Schuld, behaup- tete, ſie haͤtte ſie von allem zuruͤckhalten ſollen, und hatte zum Grund, ſie wiſſe wohl, was ſie uͤber ſie vermoͤge. —

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787/155
Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787/155>, abgerufen am 24.11.2024.