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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787.

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schüttelte zwar wohl den Kopf, und hätte es sicher
Niemand anderm eingeschrieben, aber ihm schlug
es Niemand ab, und der Rodel war, ehe die Son-
ne untergegangen, vollständig. --

Es scheint ein Mischmasch durcheinander --
die Freude der Leuten, daß es wieder anderst kom-
me, wenn der Junker sterbe -- und das leichte
Vollmachen dieses Rodels.

Aber das Thun aller Menschen ist so ein Misch-
masch, und das Unbegreiflichste, das der Mensch
mit sich herum trägt, ist die Schwäche, mit der er
in tausend und aber tausend Fällen um nichts und
aber nichts sich dahin bringen läßt, zu thun, was
ihm in der Seele zuwider ist. --

Ach, es braucht so wenig einen ganzen Haufen
Menschen nach seiner Pfeife tanzen zu machen, daß
mir ein Bärenführer ein anderer Kerl ist, als einer,
der die Menschen tanzen macht.

Im Grund aber, wenn schon viele dieses oder
jenes gerne in der alten Ordnung gehabt hätten,
so wars doch nicht an dem, daß ihrer viele die ganze
alte Ordnung wieder zurück gewünscht hätten, das
durfte nur Niemand sagen; und es waren immer
noch die Mehrere, und die Stillen und Armen alle,
welche aufrichtig wünschten, daß alles so bleibe. --

ſchuͤttelte zwar wohl den Kopf, und haͤtte es ſicher
Niemand anderm eingeſchrieben, aber ihm ſchlug
es Niemand ab, und der Rodel war, ehe die Son-
ne untergegangen, vollſtaͤndig. —

Es ſcheint ein Miſchmaſch durcheinander —
die Freude der Leuten, daß es wieder anderſt kom-
me, wenn der Junker ſterbe — und das leichte
Vollmachen dieſes Rodels.

Aber das Thun aller Menſchen iſt ſo ein Miſch-
maſch, und das Unbegreiflichſte, das der Menſch
mit ſich herum traͤgt, iſt die Schwaͤche, mit der er
in tauſend und aber tauſend Faͤllen um nichts und
aber nichts ſich dahin bringen laͤßt, zu thun, was
ihm in der Seele zuwider iſt. —

Ach, es braucht ſo wenig einen ganzen Haufen
Menſchen nach ſeiner Pfeife tanzen zu machen, daß
mir ein Baͤrenfuͤhrer ein anderer Kerl iſt, als einer,
der die Menſchen tanzen macht.

Im Grund aber, wenn ſchon viele dieſes oder
jenes gerne in der alten Ordnung gehabt haͤtten,
ſo wars doch nicht an dem, daß ihrer viele die ganze
alte Ordnung wieder zuruͤck gewuͤnſcht haͤtten, das
durfte nur Niemand ſagen; und es waren immer
noch die Mehrere, und die Stillen und Armen alle,
welche aufrichtig wuͤnſchten, daß alles ſo bleibe. —

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[127/0145] ſchuͤttelte zwar wohl den Kopf, und haͤtte es ſicher Niemand anderm eingeſchrieben, aber ihm ſchlug es Niemand ab, und der Rodel war, ehe die Son- ne untergegangen, vollſtaͤndig. — Es ſcheint ein Miſchmaſch durcheinander — die Freude der Leuten, daß es wieder anderſt kom- me, wenn der Junker ſterbe — und das leichte Vollmachen dieſes Rodels. Aber das Thun aller Menſchen iſt ſo ein Miſch- maſch, und das Unbegreiflichſte, das der Menſch mit ſich herum traͤgt, iſt die Schwaͤche, mit der er in tauſend und aber tauſend Faͤllen um nichts und aber nichts ſich dahin bringen laͤßt, zu thun, was ihm in der Seele zuwider iſt. — Ach, es braucht ſo wenig einen ganzen Haufen Menſchen nach ſeiner Pfeife tanzen zu machen, daß mir ein Baͤrenfuͤhrer ein anderer Kerl iſt, als einer, der die Menſchen tanzen macht. Im Grund aber, wenn ſchon viele dieſes oder jenes gerne in der alten Ordnung gehabt haͤtten, ſo wars doch nicht an dem, daß ihrer viele die ganze alte Ordnung wieder zuruͤck gewuͤnſcht haͤtten, das durfte nur Niemand ſagen; und es waren immer noch die Mehrere, und die Stillen und Armen alle, welche aufrichtig wuͤnſchten, daß alles ſo bleibe. —

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Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787/145>, abgerufen am 22.11.2024.