Du kommst mir eben recht, erwiederte die Meyerin, ich habe dir just auch etwas darüber zu sagen -- dann that sie das Körbchen auf, das sie unter dem Arme getragen, nahm frische Rosen her- aus weiße und rothe, Rosmarin und Majoran, und ein großes dunkelgelbes Nelken, büschelte einen Straus, band' ein buntes Band darum, und lach- te immer darzu. --
Der Ochsenfeißt wußte nicht, was das abgeben wollte; endlich war sie fertig, gab ihm den Strauß -- und sagte -- da hast du den ersten, den ich ma- che, seit dem ich Braut bin -- die Blumen gehö- ren dem Rudi, du kannst ihm dann an der Hochzeit danken. --
Der Ochsenfeißt that das Maul auf, und häng- te es hinab, daß die Meyerin fürchtete, es falle an Boden hinunter. --
Sie lachte fort -- und er kam mit Zeit und Mühe dahin, zu sagen -- wenns so ist -- so bin ich doch heut wohl vergebens gelaufen. --
Bist du so gar müde geworden? erwiederte die Meyerin. --
Das eben nicht, sagte der Ochsenfeißt, aber es ist doch weit und ein wüster Weg. --
Jä -- aber denk', ich habe dich nicht heißen kommen, bey dem schlechten Weg, sagte die Meyerin.
Du kommſt mir eben recht, erwiederte die Meyerin, ich habe dir juſt auch etwas daruͤber zu ſagen — dann that ſie das Koͤrbchen auf, das ſie unter dem Arme getragen, nahm friſche Roſen her- aus weiße und rothe, Roſmarin und Majoran, und ein großes dunkelgelbes Nelken, buͤſchelte einen Straus, band' ein buntes Band darum, und lach- te immer darzu. —
Der Ochſenfeißt wußte nicht, was das abgeben wollte; endlich war ſie fertig, gab ihm den Strauß — und ſagte — da haſt du den erſten, den ich ma- che, ſeit dem ich Braut bin — die Blumen gehoͤ- ren dem Rudi, du kannſt ihm dann an der Hochzeit danken. —
Der Ochſenfeißt that das Maul auf, und haͤng- te es hinab, daß die Meyerin fuͤrchtete, es falle an Boden hinunter. —
Sie lachte fort — und er kam mit Zeit und Muͤhe dahin, zu ſagen — wenns ſo iſt — ſo bin ich doch heut wohl vergebens gelaufen. —
Biſt du ſo gar muͤde geworden? erwiederte die Meyerin. —
Das eben nicht, ſagte der Ochſenfeißt, aber es iſt doch weit und ein wuͤſter Weg. —
Jaͤ — aber denk', ich habe dich nicht heißen kommen, bey dem ſchlechten Weg, ſagte die Meyerin.
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Du kommſt mir eben recht, erwiederte die
Meyerin, ich habe dir juſt auch etwas daruͤber zu
ſagen — dann that ſie das Koͤrbchen auf, das ſie
unter dem Arme getragen, nahm friſche Roſen her-
aus weiße und rothe, Roſmarin und Majoran, und
ein großes dunkelgelbes Nelken, buͤſchelte einen
Straus, band' ein buntes Band darum, und lach-
te immer darzu. —
Der Ochſenfeißt wußte nicht, was das abgeben
wollte; endlich war ſie fertig, gab ihm den Strauß
— und ſagte — da haſt du den erſten, den ich ma-
che, ſeit dem ich Braut bin — die Blumen gehoͤ-
ren dem Rudi, du kannſt ihm dann an der Hochzeit
danken. —
Der Ochſenfeißt that das Maul auf, und haͤng-
te es hinab, daß die Meyerin fuͤrchtete, es falle an
Boden hinunter. —
Sie lachte fort — und er kam mit Zeit und
Muͤhe dahin, zu ſagen — wenns ſo iſt — ſo bin
ich doch heut wohl vergebens gelaufen. —
Biſt du ſo gar muͤde geworden? erwiederte
die Meyerin. —
Das eben nicht, ſagte der Ochſenfeißt, aber
es iſt doch weit und ein wuͤſter Weg. —
Jaͤ — aber denk', ich habe dich nicht heißen
kommen, bey dem ſchlechten Weg, ſagte die Meyerin.
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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787/138>, abgerufen am 30.01.2025.
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