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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787.

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Larve. Der Wolf braucht sie in der Grube, der
Fuchs in der Falle, der Esel, wenn er im Koth
steckt, und das Faulthier, wenn der Baum, dessen
Blätter es gefressen, nun leer ist, und es ihm Mü-
he macht auf einen andern zu kriechen. --

Aber wer gut bey Sinnen und Gedanken ist,
der redt nicht so. Brave Leute klagen wenig --
wer viel heulet ist nichts nütz. Ein gutes Herz em-
pfindet immer, was es gutes hat, und wer etwas
werth ist, den macht Erfahrung und Unglück bes-
ser. -- Was will der Mensch mehr auf dieser Erde?

Die neue Kopfhängerin hat der Speckmolchin
unrecht gethan, sie hatte sich auf das möglichste be-
flissen auszurichten, was sie ihr zugemuthet, und
das in beyden Stücken. --

Kaum war sie heim, so schlich sie gegen des
Maurers Haus, und ließ es sich nicht dauren wie
ein Affe herumzusehen, und wie ein Füllen, das an
den Hecken Gras sucht, auf- und abzugehen, bis
das Liseli sich unter der Thüre zeigte, winkte ihm
hinter den Schweinstall, und sagte ihm, wie die
Jungfer im Schloße mit ihm Mitleid habe, daß
es so geschlagen worden, und wie sie ihm etwas
recht schönes schenken wolle, wenn es zu ihr ins
Schloß komme.

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Larve. Der Wolf braucht ſie in der Grube, der
Fuchs in der Falle, der Eſel, wenn er im Koth
ſteckt, und das Faulthier, wenn der Baum, deſſen
Blaͤtter es gefreſſen, nun leer iſt, und es ihm Muͤ-
he macht auf einen andern zu kriechen. —

Aber wer gut bey Sinnen und Gedanken iſt,
der redt nicht ſo. Brave Leute klagen wenig —
wer viel heulet iſt nichts nuͤtz. Ein gutes Herz em-
pfindet immer, was es gutes hat, und wer etwas
werth iſt, den macht Erfahrung und Ungluͤck beſ-
ſer. — Was will der Menſch mehr auf dieſer Erde?

Die neue Kopfhaͤngerin hat der Speckmolchin
unrecht gethan, ſie hatte ſich auf das moͤglichſte be-
fliſſen auszurichten, was ſie ihr zugemuthet, und
das in beyden Stuͤcken. —

Kaum war ſie heim, ſo ſchlich ſie gegen des
Maurers Haus, und ließ es ſich nicht dauren wie
ein Affe herumzuſehen, und wie ein Fuͤllen, das an
den Hecken Gras ſucht, auf- und abzugehen, bis
das Liſeli ſich unter der Thuͤre zeigte, winkte ihm
hinter den Schweinſtall, und ſagte ihm, wie die
Jungfer im Schloße mit ihm Mitleid habe, daß
es ſo geſchlagen worden, und wie ſie ihm etwas
recht ſchoͤnes ſchenken wolle, wenn es zu ihr ins
Schloß komme.

F 2
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[83/0101] Larve. Der Wolf braucht ſie in der Grube, der Fuchs in der Falle, der Eſel, wenn er im Koth ſteckt, und das Faulthier, wenn der Baum, deſſen Blaͤtter es gefreſſen, nun leer iſt, und es ihm Muͤ- he macht auf einen andern zu kriechen. — Aber wer gut bey Sinnen und Gedanken iſt, der redt nicht ſo. Brave Leute klagen wenig — wer viel heulet iſt nichts nuͤtz. Ein gutes Herz em- pfindet immer, was es gutes hat, und wer etwas werth iſt, den macht Erfahrung und Ungluͤck beſ- ſer. — Was will der Menſch mehr auf dieſer Erde? Die neue Kopfhaͤngerin hat der Speckmolchin unrecht gethan, ſie hatte ſich auf das moͤglichſte be- fliſſen auszurichten, was ſie ihr zugemuthet, und das in beyden Stuͤcken. — Kaum war ſie heim, ſo ſchlich ſie gegen des Maurers Haus, und ließ es ſich nicht dauren wie ein Affe herumzuſehen, und wie ein Fuͤllen, das an den Hecken Gras ſucht, auf- und abzugehen, bis das Liſeli ſich unter der Thuͤre zeigte, winkte ihm hinter den Schweinſtall, und ſagte ihm, wie die Jungfer im Schloße mit ihm Mitleid habe, daß es ſo geſchlagen worden, und wie ſie ihm etwas recht ſchoͤnes ſchenken wolle, wenn es zu ihr ins Schloß komme. F 2

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Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787/101>, abgerufen am 22.11.2024.