Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787.

Bild:
<< vorherige Seite

Aber ihr Gnaden die Fräulein hatte izt nicht
Lust mit der Bäuerin zu reden, obwohl sie verstan-
den, es sey just die, die sie gestern auf dem Spa-
tziergang angetroffen. Es war nicht mehr gestern --
sie habe nichts mit ihr zu reden, sie solle nur gehen
wo sie wolle, war izt die Antwort. Der Jäger
sagte ihr diese Worte. Die Frau aber sagte zum
Jäger -- Ist etwann das Unglück daran Schuld,
das, wie ich höre, ihr gestern im Wald mit ei-
nem Hund begegnet? --

Du hast izt deine Antwort, und kannst gehen,
erwiederte der Jäger. --

Das wohl -- das wohl -- sagte die Bäuerin
aber saget ihr nur noch, es sey auch nichts, was sie
von mir wollen, in beyden Stücken sey es nichts.
-- Er gieng noch einmal hinein, und sagte auch
dieses. --

Meinethalben, sagte Sylvia, gehe alles wie
es wolle, und sezte, da er fort war, hinzu, es be-
triegt mich doch alles, und es hilft mir doch kein
Mensch -- ich bin ein armes unglückliches Ge-
schöpf. --

Gebe doch Niemand viel auf diese Sprach Ach-
tung! Sie ist die mißbrauchteste und die betrieglich-
ste, die den Staub dieser Erde befleckt; kaum ist
sie unter tausend Fällen einmal nicht Unsinn, oder

Aber ihr Gnaden die Fraͤulein hatte izt nicht
Luſt mit der Baͤuerin zu reden, obwohl ſie verſtan-
den, es ſey juſt die, die ſie geſtern auf dem Spa-
tziergang angetroffen. Es war nicht mehr geſtern —
ſie habe nichts mit ihr zu reden, ſie ſolle nur gehen
wo ſie wolle, war izt die Antwort. Der Jaͤger
ſagte ihr dieſe Worte. Die Frau aber ſagte zum
Jaͤger — Iſt etwann das Ungluͤck daran Schuld,
das, wie ich hoͤre, ihr geſtern im Wald mit ei-
nem Hund begegnet? —

Du haſt izt deine Antwort, und kannſt gehen,
erwiederte der Jaͤger. —

Das wohl — das wohl — ſagte die Baͤuerin
aber ſaget ihr nur noch, es ſey auch nichts, was ſie
von mir wollen, in beyden Stuͤcken ſey es nichts.
— Er gieng noch einmal hinein, und ſagte auch
dieſes. —

Meinethalben, ſagte Sylvia, gehe alles wie
es wolle, und ſezte, da er fort war, hinzu, es be-
triegt mich doch alles, und es hilft mir doch kein
Menſch — ich bin ein armes ungluͤckliches Ge-
ſchoͤpf. —

Gebe doch Niemand viel auf dieſe Sprach Ach-
tung! Sie iſt die mißbrauchteſte und die betrieglich-
ſte, die den Staub dieſer Erde befleckt; kaum iſt
ſie unter tauſend Faͤllen einmal nicht Unſinn, oder

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0100" n="82"/>
        <p>Aber ihr Gnaden die Fra&#x0364;ulein hatte izt nicht<lb/>
Lu&#x017F;t mit der Ba&#x0364;uerin zu reden, obwohl &#x017F;ie ver&#x017F;tan-<lb/>
den, es &#x017F;ey ju&#x017F;t die, die &#x017F;ie ge&#x017F;tern auf dem Spa-<lb/>
tziergang angetroffen. Es war nicht mehr ge&#x017F;tern &#x2014;<lb/>
&#x017F;ie habe nichts mit ihr zu reden, &#x017F;ie &#x017F;olle nur gehen<lb/>
wo &#x017F;ie wolle, war izt die Antwort. Der Ja&#x0364;ger<lb/>
&#x017F;agte ihr die&#x017F;e Worte. Die Frau aber &#x017F;agte zum<lb/>
Ja&#x0364;ger &#x2014; I&#x017F;t etwann das Unglu&#x0364;ck daran Schuld,<lb/>
das, wie ich ho&#x0364;re, ihr ge&#x017F;tern im Wald mit ei-<lb/>
nem Hund begegnet? &#x2014;</p><lb/>
        <p>Du ha&#x017F;t izt deine Antwort, und kann&#x017F;t gehen,<lb/>
erwiederte der Ja&#x0364;ger. &#x2014;</p><lb/>
        <p>Das wohl &#x2014; das wohl &#x2014; &#x017F;agte die Ba&#x0364;uerin<lb/>
aber &#x017F;aget ihr nur noch, es &#x017F;ey auch nichts, was &#x017F;ie<lb/>
von mir wollen, in beyden Stu&#x0364;cken &#x017F;ey es nichts.<lb/>
&#x2014; Er gieng noch einmal hinein, und &#x017F;agte auch<lb/>
die&#x017F;es. &#x2014;</p><lb/>
        <p>Meinethalben, &#x017F;agte Sylvia, gehe alles wie<lb/>
es wolle, und &#x017F;ezte, da er fort war, hinzu, es be-<lb/>
triegt mich doch alles, und es hilft mir doch kein<lb/>
Men&#x017F;ch &#x2014; ich bin ein armes unglu&#x0364;ckliches Ge-<lb/>
&#x017F;cho&#x0364;pf. &#x2014;</p><lb/>
        <p>Gebe doch Niemand viel auf die&#x017F;e Sprach Ach-<lb/>
tung! Sie i&#x017F;t die mißbrauchte&#x017F;te und die betrieglich-<lb/>
&#x017F;te, die den Staub die&#x017F;er Erde befleckt; kaum i&#x017F;t<lb/>
&#x017F;ie unter tau&#x017F;end Fa&#x0364;llen einmal nicht Un&#x017F;inn, oder<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[82/0100] Aber ihr Gnaden die Fraͤulein hatte izt nicht Luſt mit der Baͤuerin zu reden, obwohl ſie verſtan- den, es ſey juſt die, die ſie geſtern auf dem Spa- tziergang angetroffen. Es war nicht mehr geſtern — ſie habe nichts mit ihr zu reden, ſie ſolle nur gehen wo ſie wolle, war izt die Antwort. Der Jaͤger ſagte ihr dieſe Worte. Die Frau aber ſagte zum Jaͤger — Iſt etwann das Ungluͤck daran Schuld, das, wie ich hoͤre, ihr geſtern im Wald mit ei- nem Hund begegnet? — Du haſt izt deine Antwort, und kannſt gehen, erwiederte der Jaͤger. — Das wohl — das wohl — ſagte die Baͤuerin aber ſaget ihr nur noch, es ſey auch nichts, was ſie von mir wollen, in beyden Stuͤcken ſey es nichts. — Er gieng noch einmal hinein, und ſagte auch dieſes. — Meinethalben, ſagte Sylvia, gehe alles wie es wolle, und ſezte, da er fort war, hinzu, es be- triegt mich doch alles, und es hilft mir doch kein Menſch — ich bin ein armes ungluͤckliches Ge- ſchoͤpf. — Gebe doch Niemand viel auf dieſe Sprach Ach- tung! Sie iſt die mißbrauchteſte und die betrieglich- ſte, die den Staub dieſer Erde befleckt; kaum iſt ſie unter tauſend Faͤllen einmal nicht Unſinn, oder

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787/100
Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787/100>, abgerufen am 25.11.2024.