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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785.

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mit dem Maul ein Weit und Breites über die
Sachen zu machen und ihnen die Einbildung
im Kopf so anfüllt, daß das rechte Alltags-
hirn und der Brauchverstand im menschlichen
Leben darunter leidet.

Pfarrer. Gut erklärt Herr Professor! ich
bin des Liri Lariwesens halber jezt völlig Ihrer
Meynung.

Der Lieutenant. Den Pfarrer steif anse-
hend; so weit sie langt?

Pfarrer. Ja, so weit sie langt -- ich bin
überzeugt daß man die Menschen unverhält-
nißmäßig viel mit dem Maul lehrt, und daß
man ihre besten Anlagen verderbt, und das
Fundament ihres Hausglüks zerstört; indem
man ihnen den Kopf voll Wörter macht, ehe
sie Verstand und Erfahrung haben.

Lieutenant. Nun! so hätte ich nicht aus-
drüken können was ich meyne.

Pfarrer. Sie scherzen. -- Aber wie ha-
ben Sie in ihrem Stand, den Schaden des
Wortwesens, der, wenn man das Kind mit
seinem rechten Nahmen taufen wollte, der
Pfrund- und Pfarrer-Schaden heissen sollte,
so kennen gelehrnt?

Lieutenant. Mein lahmes Bein und mein
vieljähriges Brodsuchen hat mich gar vieles
kennen gelehrnt; und so gewiß als mir ein Herr
lahm vorgeprediget, was er mir vor eine Ar-
beit auftrage, so gewiß gab's hinten nach dieß

mit dem Maul ein Weit und Breites uͤber die
Sachen zu machen und ihnen die Einbildung
im Kopf ſo anfuͤllt, daß das rechte Alltags-
hirn und der Brauchverſtand im menſchlichen
Leben darunter leidet.

Pfarrer. Gut erklaͤrt Herr Profeſſor! ich
bin des Liri Lariweſens halber jezt voͤllig Ihrer
Meynung.

Der Lieutenant. Den Pfarrer ſteif anſe-
hend; ſo weit ſie langt?

Pfarrer. Ja, ſo weit ſie langt — ich bin
uͤberzeugt daß man die Menſchen unverhaͤlt-
nißmaͤßig viel mit dem Maul lehrt, und daß
man ihre beſten Anlagen verderbt, und das
Fundament ihres Hausgluͤks zerſtoͤrt; indem
man ihnen den Kopf voll Woͤrter macht, ehe
ſie Verſtand und Erfahrung haben.

Lieutenant. Nun! ſo haͤtte ich nicht aus-
druͤken koͤnnen was ich meyne.

Pfarrer. Sie ſcherzen. — Aber wie ha-
ben Sie in ihrem Stand, den Schaden des
Wortweſens, der, wenn man das Kind mit
ſeinem rechten Nahmen taufen wollte, der
Pfrund- und Pfarrer-Schaden heiſſen ſollte,
ſo kennen gelehrnt?

Lieutenant. Mein lahmes Bein und mein
vieljaͤhriges Brodſuchen hat mich gar vieles
kennen gelehrnt; und ſo gewiß als mir ein Herr
lahm vorgeprediget, was er mir vor eine Ar-
beit auftrage, ſo gewiß gab’s hinten nach dieß

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[76/0098] mit dem Maul ein Weit und Breites uͤber die Sachen zu machen und ihnen die Einbildung im Kopf ſo anfuͤllt, daß das rechte Alltags- hirn und der Brauchverſtand im menſchlichen Leben darunter leidet. Pfarrer. Gut erklaͤrt Herr Profeſſor! ich bin des Liri Lariweſens halber jezt voͤllig Ihrer Meynung. Der Lieutenant. Den Pfarrer ſteif anſe- hend; ſo weit ſie langt? Pfarrer. Ja, ſo weit ſie langt — ich bin uͤberzeugt daß man die Menſchen unverhaͤlt- nißmaͤßig viel mit dem Maul lehrt, und daß man ihre beſten Anlagen verderbt, und das Fundament ihres Hausgluͤks zerſtoͤrt; indem man ihnen den Kopf voll Woͤrter macht, ehe ſie Verſtand und Erfahrung haben. Lieutenant. Nun! ſo haͤtte ich nicht aus- druͤken koͤnnen was ich meyne. Pfarrer. Sie ſcherzen. — Aber wie ha- ben Sie in ihrem Stand, den Schaden des Wortweſens, der, wenn man das Kind mit ſeinem rechten Nahmen taufen wollte, der Pfrund- und Pfarrer-Schaden heiſſen ſollte, ſo kennen gelehrnt? Lieutenant. Mein lahmes Bein und mein vieljaͤhriges Brodſuchen hat mich gar vieles kennen gelehrnt; und ſo gewiß als mir ein Herr lahm vorgeprediget, was er mir vor eine Ar- beit auftrage, ſo gewiß gab’s hinten nach dieß

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Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785/98>, abgerufen am 27.11.2024.