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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785.

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bald eine kam, sagte er es den Kindern und
aß sie denn Morndes am Abend mit ihnen in
der Schul. Er kaufte ihnen denn allemal ein
halb Duzend Brod und die Frau Pfarrerin
gab ihm mehrentheils denn noch eine Schale
Honig dazu, denn sie hatte dessen genug, und
mehr als 30 Imben (Bienenstöke.)

So machte er den Armen aus seinen Kin-
dern damit gar manchmal im Jahr eine gute
Stunde, mit etwas das sie daheim nie hatten.

Und nuzte diese Abendessen beynahe mehr
als seine Schulstunden. Sie waren ihm wie
ein Probierstein über seine Kinder, und er spä-
hete mit Falkenaugen umher, wie sie mit dem
Anken (Butter) und Brod und Honig umge-
hen! was sie für Augen und Mäuler dazu ma-
chen? und was! weiß ich, worauf er alles Acht
gab. -- Genug er sagte selber: bey diesen
Abendessen werde ihm allemal heiter, was er
über jedes seiner Kinder ahnde.

Der Pfarrer und seine Frau und ihre Kin-
der kamen gar oft zu diesen Abendessen, und
das bräfste unter den Kindern dorfte denn ih-
nen und dem Herr Schulmeister ihre Anken-
braut *) machen.

An dem Sonntag, da es mit der Kienastin

umschlug,
*) Schweizerausdruk der so viel ist als der But-
ter auf die Brodschnitte streichen, die sie asse[n].

bald eine kam, ſagte er es den Kindern und
aß ſie denn Morndes am Abend mit ihnen in
der Schul. Er kaufte ihnen denn allemal ein
halb Duzend Brod und die Frau Pfarrerin
gab ihm mehrentheils denn noch eine Schale
Honig dazu, denn ſie hatte deſſen genug, und
mehr als 30 Imben (Bienenſtoͤke.)

So machte er den Armen aus ſeinen Kin-
dern damit gar manchmal im Jahr eine gute
Stunde, mit etwas das ſie daheim nie hatten.

Und nuzte dieſe Abendeſſen beynahe mehr
als ſeine Schulſtunden. Sie waren ihm wie
ein Probierſtein uͤber ſeine Kinder, und er ſpaͤ-
hete mit Falkenaugen umher, wie ſie mit dem
Anken (Butter) und Brod und Honig umge-
hen! was ſie fuͤr Augen und Maͤuler dazu ma-
chen? und was! weiß ich, worauf er alles Acht
gab. — Genug er ſagte ſelber: bey dieſen
Abendeſſen werde ihm allemal heiter, was er
uͤber jedes ſeiner Kinder ahnde.

Der Pfarrer und ſeine Frau und ihre Kin-
der kamen gar oft zu dieſen Abendeſſen, und
das braͤfſte unter den Kindern dorfte denn ih-
nen und dem Herr Schulmeiſter ihre Anken-
braut *) machen.

An dem Sonntag, da es mit der Kienaſtin

umſchlug,
*) Schweizerausdruk der ſo viel iſt als der But-
ter auf die Brodſchnitte ſtreichen, die ſie aſſe[n].
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[400/0422] bald eine kam, ſagte er es den Kindern und aß ſie denn Morndes am Abend mit ihnen in der Schul. Er kaufte ihnen denn allemal ein halb Duzend Brod und die Frau Pfarrerin gab ihm mehrentheils denn noch eine Schale Honig dazu, denn ſie hatte deſſen genug, und mehr als 30 Imben (Bienenſtoͤke.) So machte er den Armen aus ſeinen Kin- dern damit gar manchmal im Jahr eine gute Stunde, mit etwas das ſie daheim nie hatten. Und nuzte dieſe Abendeſſen beynahe mehr als ſeine Schulſtunden. Sie waren ihm wie ein Probierſtein uͤber ſeine Kinder, und er ſpaͤ- hete mit Falkenaugen umher, wie ſie mit dem Anken (Butter) und Brod und Honig umge- hen! was ſie fuͤr Augen und Maͤuler dazu ma- chen? und was! weiß ich, worauf er alles Acht gab. — Genug er ſagte ſelber: bey dieſen Abendeſſen werde ihm allemal heiter, was er uͤber jedes ſeiner Kinder ahnde. Der Pfarrer und ſeine Frau und ihre Kin- der kamen gar oft zu dieſen Abendeſſen, und das braͤfſte unter den Kindern dorfte denn ih- nen und dem Herr Schulmeiſter ihre Anken- braut *) machen. An dem Sonntag, da es mit der Kienaſtin umſchlug, *) Schweizerausdruk der ſo viel iſt als der But- ter auf die Brodſchnitte ſtreichen, die ſie aſſen.

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Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785, S. 400. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785/422>, abgerufen am 23.11.2024.