Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785.

Bild:
<< vorherige Seite

phj, und fragten ob er nicht meyne, sie könn-
ten daheim auch so Gärten machen, wie diese
Frau?

Warum das nicht? erwiederte ihnen der
Schulmeister, wenn ihr nicht zu faul seyt, und
führte sie demnach selber alle miteinander zu
dieser Frau in ihren Garten.

Die Freude der Alten ist nicht auszuspre-
chen.

Sie sagte dem Lieutenant: es sey ihr, sie
sey ihr Lebtag noch nie in Bonnal daheim ge-
wesen, wie heut, da er mit seiner Schul in
ihren Garten komme.

Und die Kinder riefen daheim bey ihren
Müttern, sie müßten ihnen Land geben Gär-
ten zu probieren und zu machen, wie die Frau
ihnen sagte, daß man sie machen müsse.

Richts, das früh oder späth ihnen nuzlich
seyn konnte, hielt er ausser dem Kreis seiner
Schularbeit; denn er fühlte sich Vater, und
glaubte seine Arbeit seye nichts minder als das
Erziehen der Kinder, und was immer ihr gan-
zes Erziehen erfordere, das sey alles im Kreis
seines Berufs.

Desnahen brachte er ausser den Schulstun-
den fast alle Abende mit ihnen zu, und nachte
denn mit ihnen was sie nur wollten. Manch-
mal schnitt er mit ihnen Holz, manchmal nach-
te er mit ihnen Figuren aus Wachs, Men-

phj, und fragten ob er nicht meyne, ſie koͤnn-
ten daheim auch ſo Gaͤrten machen, wie dieſe
Frau?

Warum das nicht? erwiederte ihnen der
Schulmeiſter, wenn ihr nicht zu faul ſeyt, und
fuͤhrte ſie demnach ſelber alle miteinander zu
dieſer Frau in ihren Garten.

Die Freude der Alten iſt nicht auszuſpre-
chen.

Sie ſagte dem Lieutenant: es ſey ihr, ſie
ſey ihr Lebtag noch nie in Bonnal daheim ge-
weſen, wie heut, da er mit ſeiner Schul in
ihren Garten komme.

Und die Kinder riefen daheim bey ihren
Muͤttern, ſie muͤßten ihnen Land geben Gaͤr-
ten zu probieren und zu machen, wie die Frau
ihnen ſagte, daß man ſie machen muͤſſe.

Richts, das fruͤh oder ſpaͤth ihnen nuzlich
ſeyn konnte, hielt er auſſer dem Kreis ſeiner
Schularbeit; denn er fuͤhlte ſich Vater, und
glaubte ſeine Arbeit ſeye nichts minder als das
Erziehen der Kinder, und was immer ihr gan-
zes Erziehen erfordere, das ſey alles im Kreis
ſeines Berufs.

Desnahen brachte er auſſer den Schulſtun-
den faſt alle Abende mit ihnen zu, und nachte
denn mit ihnen was ſie nur wollten. Manch-
mal ſchnitt er mit ihnen Holz, manchmal nach-
te er mit ihnen Figuren aus Wachs, Men-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0416" n="394"/>
phj, und fragten ob er nicht meyne, &#x017F;ie ko&#x0364;nn-<lb/>
ten daheim auch &#x017F;o Ga&#x0364;rten machen, wie die&#x017F;e<lb/>
Frau?</p><lb/>
        <p>Warum das nicht? erwiederte ihnen der<lb/>
Schulmei&#x017F;ter, wenn ihr nicht zu faul &#x017F;eyt, und<lb/>
fu&#x0364;hrte &#x017F;ie demnach &#x017F;elber alle miteinander zu<lb/>
die&#x017F;er Frau in ihren Garten.</p><lb/>
        <p>Die Freude der Alten i&#x017F;t nicht auszu&#x017F;pre-<lb/>
chen.</p><lb/>
        <p>Sie &#x017F;agte dem Lieutenant: es &#x017F;ey ihr, &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;ey ihr Lebtag noch nie in Bonnal daheim ge-<lb/>
we&#x017F;en, wie heut, da er mit &#x017F;einer Schul in<lb/>
ihren Garten komme.</p><lb/>
        <p>Und die Kinder riefen daheim bey ihren<lb/>
Mu&#x0364;ttern, &#x017F;ie mu&#x0364;ßten ihnen Land geben Ga&#x0364;r-<lb/>
ten zu probieren und zu machen, wie die Frau<lb/>
ihnen &#x017F;agte, daß man &#x017F;ie machen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e.</p><lb/>
        <p>Richts, das fru&#x0364;h oder &#x017F;pa&#x0364;th ihnen nuzlich<lb/>
&#x017F;eyn konnte, hielt er au&#x017F;&#x017F;er dem Kreis &#x017F;einer<lb/>
Schularbeit; denn er fu&#x0364;hlte &#x017F;ich Vater, und<lb/>
glaubte &#x017F;eine Arbeit &#x017F;eye nichts minder als das<lb/>
Erziehen der Kinder, und was immer ihr gan-<lb/>
zes Erziehen erfordere, das &#x017F;ey alles im Kreis<lb/>
&#x017F;eines Berufs.</p><lb/>
        <p>Desnahen brachte er au&#x017F;&#x017F;er den Schul&#x017F;tun-<lb/>
den fa&#x017F;t alle Abende mit ihnen zu, und nachte<lb/>
denn mit ihnen was &#x017F;ie nur wollten. Manch-<lb/>
mal &#x017F;chnitt er mit ihnen Holz, manchmal nach-<lb/>
te er mit ihnen Figuren aus Wachs, Men-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[394/0416] phj, und fragten ob er nicht meyne, ſie koͤnn- ten daheim auch ſo Gaͤrten machen, wie dieſe Frau? Warum das nicht? erwiederte ihnen der Schulmeiſter, wenn ihr nicht zu faul ſeyt, und fuͤhrte ſie demnach ſelber alle miteinander zu dieſer Frau in ihren Garten. Die Freude der Alten iſt nicht auszuſpre- chen. Sie ſagte dem Lieutenant: es ſey ihr, ſie ſey ihr Lebtag noch nie in Bonnal daheim ge- weſen, wie heut, da er mit ſeiner Schul in ihren Garten komme. Und die Kinder riefen daheim bey ihren Muͤttern, ſie muͤßten ihnen Land geben Gaͤr- ten zu probieren und zu machen, wie die Frau ihnen ſagte, daß man ſie machen muͤſſe. Richts, das fruͤh oder ſpaͤth ihnen nuzlich ſeyn konnte, hielt er auſſer dem Kreis ſeiner Schularbeit; denn er fuͤhlte ſich Vater, und glaubte ſeine Arbeit ſeye nichts minder als das Erziehen der Kinder, und was immer ihr gan- zes Erziehen erfordere, das ſey alles im Kreis ſeines Berufs. Desnahen brachte er auſſer den Schulſtun- den faſt alle Abende mit ihnen zu, und nachte denn mit ihnen was ſie nur wollten. Manch- mal ſchnitt er mit ihnen Holz, manchmal nach- te er mit ihnen Figuren aus Wachs, Men-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785/416
Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785, S. 394. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785/416>, abgerufen am 23.11.2024.