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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785.

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worauf diese zählte, griff nicht mehr Plaz, und
konnte nicht mehr Plaz greifen.

Aber Unwillen über den Teufel, der den ar-
men Mann um ihrentwillen so anschwärzen
konnte, und Verdacht gegen die Vögtin herrsch-
te in ihrer Seele, als sie von der Gertrud weg,
langsam mit gesenktem Haupt wieder heim-
gieng.

Sie war noch nicht weit, und stieß auf die
Susann, von der sie wußte, daß sie die Ge-
rüchte wider den Rudj ausgestreuet.

Es stellte sie still, da sie sie sah; -- aber sie
erholte sich bald, machte sich da blizschnell hin-
ter das Mensch her, und brachte mit Vernunft
und 20 Bazen heraus, was sie ahndete.

Aber so sehr sie die Aussag der Wäscherin zu-
frieden stellte, so wurmte ihr dennoch, es könn-
te, wo nicht viel, doch etwann wenig dahinter
steken. Das Sprüchli der Alten vom Räuchlj
und vom Feurlj wollte ihr nicht aus dem Kopf.

Sie konnte nicht anderst, sie mußte noch
lange und auf alle Weise nachforschen, ob denn
gar nichts dahinter steke?

Es fand sich gar nichts.

Selber die rauhe Hallorin, die zehn Jahre
mit ihm unter einem Dach gewohnt, und ihm
und seiner Frauen beständig nicht wohl gewe-
sen, sagte: sie könne nicht sagen, daß nur das
geringste von diesem wahr sey; und sezte hinzu:

worauf dieſe zaͤhlte, griff nicht mehr Plaz, und
konnte nicht mehr Plaz greifen.

Aber Unwillen uͤber den Teufel, der den ar-
men Mann um ihrentwillen ſo anſchwaͤrzen
konnte, und Verdacht gegen die Voͤgtin herrſch-
te in ihrer Seele, als ſie von der Gertrud weg,
langſam mit geſenktem Haupt wieder heim-
gieng.

Sie war noch nicht weit, und ſtieß auf die
Suſann, von der ſie wußte, daß ſie die Ge-
ruͤchte wider den Rudj ausgeſtreuet.

Es ſtellte ſie ſtill, da ſie ſie ſah; — aber ſie
erholte ſich bald, machte ſich da blizſchnell hin-
ter das Menſch her, und brachte mit Vernunft
und 20 Bazen heraus, was ſie ahndete.

Aber ſo ſehr ſie die Ausſag der Waͤſcherin zu-
frieden ſtellte, ſo wurmte ihr dennoch, es koͤnn-
te, wo nicht viel, doch etwann wenig dahinter
ſteken. Das Spruͤchli der Alten vom Raͤuchlj
und vom Feurlj wollte ihr nicht aus dem Kopf.

Sie konnte nicht anderſt, ſie mußte noch
lange und auf alle Weiſe nachforſchen, ob denn
gar nichts dahinter ſteke?

Es fand ſich gar nichts.

Selber die rauhe Hallorin, die zehn Jahre
mit ihm unter einem Dach gewohnt, und ihm
und ſeiner Frauen beſtaͤndig nicht wohl gewe-
ſen, ſagte: ſie koͤnne nicht ſagen, daß nur das
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[360/0382] worauf dieſe zaͤhlte, griff nicht mehr Plaz, und konnte nicht mehr Plaz greifen. Aber Unwillen uͤber den Teufel, der den ar- men Mann um ihrentwillen ſo anſchwaͤrzen konnte, und Verdacht gegen die Voͤgtin herrſch- te in ihrer Seele, als ſie von der Gertrud weg, langſam mit geſenktem Haupt wieder heim- gieng. Sie war noch nicht weit, und ſtieß auf die Suſann, von der ſie wußte, daß ſie die Ge- ruͤchte wider den Rudj ausgeſtreuet. Es ſtellte ſie ſtill, da ſie ſie ſah; — aber ſie erholte ſich bald, machte ſich da blizſchnell hin- ter das Menſch her, und brachte mit Vernunft und 20 Bazen heraus, was ſie ahndete. Aber ſo ſehr ſie die Ausſag der Waͤſcherin zu- frieden ſtellte, ſo wurmte ihr dennoch, es koͤnn- te, wo nicht viel, doch etwann wenig dahinter ſteken. Das Spruͤchli der Alten vom Raͤuchlj und vom Feurlj wollte ihr nicht aus dem Kopf. Sie konnte nicht anderſt, ſie mußte noch lange und auf alle Weiſe nachforſchen, ob denn gar nichts dahinter ſteke? Es fand ſich gar nichts. Selber die rauhe Hallorin, die zehn Jahre mit ihm unter einem Dach gewohnt, und ihm und ſeiner Frauen beſtaͤndig nicht wohl gewe- ſen, ſagte: ſie koͤnne nicht ſagen, daß nur das geringſte von dieſem wahr ſey; und ſezte hinzu:

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Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785, S. 360. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785/382>, abgerufen am 23.11.2024.