sicher auch nichts weniger als denken, daß Leu- the die meine Brille auf die Nase sezen, um deswillen um ein Haar bräver seyen als Leuthe mit andern Brillen. Und es freuet mich gewiß auch, daß ich sehe, daß du eben so natürlich den geraden Weg gehest, und andern Leuthen die Freyheit, die du selber gern hast, auch gern lassest.
Und ich kann nicht sagen, erwiederte der Christoff, wie es mich freuet zu sehen, daß wir in diesen Stüken so nahe bey einander.
Lieber Christoff! nimm das für immer an, -- Leuthe, die es gut meynen, sind im Grund nie weit von einander, und finden sich immer, so- bald sie sich nur gegen einander erklären, sagte der Junker.
Dieses Wort und seine Güte gegen die zwey Brüder, und wie er sich gegen sie erklärt, und wie sie ihn begriffen, ward am gleichen Tag dem ganzen Dorf kund.
Und es schwächte, wie noch nichts, den blin- den Eifer, den das Hartknopfen-Volk einer Menge Leuthen im Dorf gegen den Junker, und alles was er machte, ins Herz gebracht hatte.
Dieser Eifer ist von jeher das, wodurch in Sachen die im Streit sind, der so unrecht hat, sein Unrecht am leichtesten bedeken kann.
Auch hatte das Hartknopfen-Volk Nase ge- nug, es zu riechen, daß es ihm ans Herz gehe,
Y
ſicher auch nichts weniger als denken, daß Leu- the die meine Brille auf die Naſe ſezen, um deswillen um ein Haar braͤver ſeyen als Leuthe mit andern Brillen. Und es freuet mich gewiß auch, daß ich ſehe, daß du eben ſo natuͤrlich den geraden Weg geheſt, und andern Leuthen die Freyheit, die du ſelber gern haſt, auch gern laſſeſt.
Und ich kann nicht ſagen, erwiederte der Chriſtoff, wie es mich freuet zu ſehen, daß wir in dieſen Stuͤken ſo nahe bey einander.
Lieber Chriſtoff! nimm das fuͤr immer an, — Leuthe, die es gut meynen, ſind im Grund nie weit von einander, und finden ſich immer, ſo- bald ſie ſich nur gegen einander erklaͤren, ſagte der Junker.
Dieſes Wort und ſeine Guͤte gegen die zwey Bruͤder, und wie er ſich gegen ſie erklaͤrt, und wie ſie ihn begriffen, ward am gleichen Tag dem ganzen Dorf kund.
Und es ſchwaͤchte, wie noch nichts, den blin- den Eifer, den das Hartknopfen-Volk einer Menge Leuthen im Dorf gegen den Junker, und alles was er machte, ins Herz gebracht hatte.
Dieſer Eifer iſt von jeher das, wodurch in Sachen die im Streit ſind, der ſo unrecht hat, ſein Unrecht am leichteſten bedeken kann.
Auch hatte das Hartknopfen-Volk Naſe ge- nug, es zu riechen, daß es ihm ans Herz gehe,
Y
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0359"n="337"/>ſicher auch nichts weniger als denken, daß Leu-<lb/>
the die meine Brille auf die Naſe ſezen, um<lb/>
deswillen um ein Haar braͤver ſeyen als Leuthe<lb/>
mit andern Brillen. Und es freuet mich gewiß<lb/>
auch, daß ich ſehe, daß du eben ſo natuͤrlich<lb/>
den geraden Weg geheſt, und andern Leuthen<lb/>
die Freyheit, die du ſelber gern haſt, auch gern<lb/>
laſſeſt.</p><lb/><p>Und ich kann nicht ſagen, erwiederte der<lb/>
Chriſtoff, wie es mich freuet zu ſehen, daß wir<lb/>
in dieſen Stuͤken ſo nahe bey einander.</p><lb/><p>Lieber Chriſtoff! nimm das fuͤr immer an, —<lb/>
Leuthe, die es gut meynen, ſind im Grund nie<lb/>
weit von einander, und finden ſich immer, ſo-<lb/>
bald ſie ſich nur gegen einander erklaͤren, ſagte<lb/>
der Junker.</p><lb/><p>Dieſes Wort und ſeine Guͤte gegen die zwey<lb/>
Bruͤder, und wie er ſich gegen ſie erklaͤrt, und<lb/>
wie ſie ihn begriffen, ward am gleichen Tag<lb/>
dem ganzen Dorf kund.</p><lb/><p>Und es ſchwaͤchte, wie noch nichts, den blin-<lb/>
den Eifer, den das Hartknopfen-Volk einer<lb/>
Menge Leuthen im Dorf gegen den Junker, und<lb/>
alles was er machte, ins Herz gebracht hatte.</p><lb/><p>Dieſer Eifer iſt von jeher das, wodurch in<lb/>
Sachen die im Streit ſind, der ſo unrecht hat,<lb/>ſein Unrecht am leichteſten bedeken kann.</p><lb/><p>Auch hatte das Hartknopfen-Volk Naſe ge-<lb/>
nug, es zu riechen, daß es ihm ans Herz gehe,<lb/><fwplace="bottom"type="sig">Y</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[337/0359]
ſicher auch nichts weniger als denken, daß Leu-
the die meine Brille auf die Naſe ſezen, um
deswillen um ein Haar braͤver ſeyen als Leuthe
mit andern Brillen. Und es freuet mich gewiß
auch, daß ich ſehe, daß du eben ſo natuͤrlich
den geraden Weg geheſt, und andern Leuthen
die Freyheit, die du ſelber gern haſt, auch gern
laſſeſt.
Und ich kann nicht ſagen, erwiederte der
Chriſtoff, wie es mich freuet zu ſehen, daß wir
in dieſen Stuͤken ſo nahe bey einander.
Lieber Chriſtoff! nimm das fuͤr immer an, —
Leuthe, die es gut meynen, ſind im Grund nie
weit von einander, und finden ſich immer, ſo-
bald ſie ſich nur gegen einander erklaͤren, ſagte
der Junker.
Dieſes Wort und ſeine Guͤte gegen die zwey
Bruͤder, und wie er ſich gegen ſie erklaͤrt, und
wie ſie ihn begriffen, ward am gleichen Tag
dem ganzen Dorf kund.
Und es ſchwaͤchte, wie noch nichts, den blin-
den Eifer, den das Hartknopfen-Volk einer
Menge Leuthen im Dorf gegen den Junker, und
alles was er machte, ins Herz gebracht hatte.
Dieſer Eifer iſt von jeher das, wodurch in
Sachen die im Streit ſind, der ſo unrecht hat,
ſein Unrecht am leichteſten bedeken kann.
Auch hatte das Hartknopfen-Volk Naſe ge-
nug, es zu riechen, daß es ihm ans Herz gehe,
Y
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785, S. 337. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785/359>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.