Der Alte erwiederte ihm, halts Maul, du Ochsenkopf; aber er hatte doch recht. -- Wenn zwey oder drey Kinder von dem Mist voll wor- den wären, und sich der Hund gar nicht darein gelegt hätte, so hätte der Alte sich fast zu tod gelacht und dem Ochsenkopf statt der Ohrfeige ein Glas Wein aus dem Keller dafür gereicht. So gehts in der Welt! --
Er machte es nicht allein so, die meisten Leuthe unter den Thüren und Fenstern, da sie sahen daß der Hund Meister worden, lach- ten den Buben aus, und sagten, es geschehe ihm recht, warum er sie nicht gehen lassen.
Jezt gaben auch ein paar alte Frauen an dieser Gaß den Kindern über den Haag, aus ihren Gärten Blumen, und viel alte Leuthe erzehlten, sie habens von ihren Vorfahren ge- hört, daß in der alten guten Zeit unter einem Junker der fast hundert Jahr alt worden, und der den Leuthen gar lieb gewesen, die Kinder aus allen seinen Dörfern mit Creuz und Fahnen, weil da noch alles Catholisch gewe- sen, und mit allen seinen Pfarrern und Früh- messern alle Jahr einmal in die alte Burg ge- zogen, und denn da mit dem Junker und al- len seinen Leuthen den ganzen Tag über Freud gehabt haben.
Der Alte erwiederte ihm, halts Maul, du Ochſenkopf; aber er hatte doch recht. — Wenn zwey oder drey Kinder von dem Miſt voll wor- den waͤren, und ſich der Hund gar nicht darein gelegt haͤtte, ſo haͤtte der Alte ſich faſt zu tod gelacht und dem Ochſenkopf ſtatt der Ohrfeige ein Glas Wein aus dem Keller dafuͤr gereicht. So gehts in der Welt! —
Er machte es nicht allein ſo, die meiſten Leuthe unter den Thuͤren und Fenſtern, da ſie ſahen daß der Hund Meiſter worden, lach- ten den Buben aus, und ſagten, es geſchehe ihm recht, warum er ſie nicht gehen laſſen.
Jezt gaben auch ein paar alte Frauen an dieſer Gaß den Kindern uͤber den Haag, aus ihren Gaͤrten Blumen, und viel alte Leuthe erzehlten, ſie habens von ihren Vorfahren ge- hoͤrt, daß in der alten guten Zeit unter einem Junker der faſt hundert Jahr alt worden, und der den Leuthen gar lieb geweſen, die Kinder aus allen ſeinen Doͤrfern mit Creuz und Fahnen, weil da noch alles Catholiſch gewe- ſen, und mit allen ſeinen Pfarrern und Fruͤh- meſſern alle Jahr einmal in die alte Burg ge- zogen, und denn da mit dem Junker und al- len ſeinen Leuthen den ganzen Tag uͤber Freud gehabt haben.
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Der Alte erwiederte ihm, halts Maul, du
Ochſenkopf; aber er hatte doch recht. — Wenn
zwey oder drey Kinder von dem Miſt voll wor-
den waͤren, und ſich der Hund gar nicht darein
gelegt haͤtte, ſo haͤtte der Alte ſich faſt zu tod
gelacht und dem Ochſenkopf ſtatt der Ohrfeige
ein Glas Wein aus dem Keller dafuͤr gereicht.
So gehts in der Welt! —
Er machte es nicht allein ſo, die meiſten
Leuthe unter den Thuͤren und Fenſtern, da
ſie ſahen daß der Hund Meiſter worden, lach-
ten den Buben aus, und ſagten, es geſchehe
ihm recht, warum er ſie nicht gehen laſſen.
Jezt gaben auch ein paar alte Frauen an
dieſer Gaß den Kindern uͤber den Haag, aus
ihren Gaͤrten Blumen, und viel alte Leuthe
erzehlten, ſie habens von ihren Vorfahren ge-
hoͤrt, daß in der alten guten Zeit unter einem
Junker der faſt hundert Jahr alt worden,
und der den Leuthen gar lieb geweſen, die
Kinder aus allen ſeinen Doͤrfern mit Creuz und
Fahnen, weil da noch alles Catholiſch gewe-
ſen, und mit allen ſeinen Pfarrern und Fruͤh-
meſſern alle Jahr einmal in die alte Burg ge-
zogen, und denn da mit dem Junker und al-
len ſeinen Leuthen den ganzen Tag uͤber Freud
gehabt haben.
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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785, S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785/240>, abgerufen am 23.11.2024.
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