gesehen, daß sie inwendig übers Maurers Frau wie wild worden; sie hat nicht warten mögen, bis sie von mir weg war und ist sicher im Au- genblik zu ihr gelauffen.
Vögtin. Es wäre das beste, wanns so kom- men würde. Du hättest sollen nachschleichen, und hören wie es gehe.
Vogt. Ich hätte nicht können, es war noch fast Tag.
Vögtin. Du kannst nie nichts. --
Vogt. Es ist desto besser, daß du alles kannst. --
Vögtin. Du must doch noch einmal mit ihr reden, und sehen, was du mit ihr aus- richtest. Es hat mir einmal diesen Morgen auch geschienen, es sey noch nicht so gar ge- fährlich.
Vogt. Hast du auch schon mit ihr geredt?
Vögtin. Ja freylich, und sie hat gegen den Vetter gar nichts anzubringen gewußt, als was du schon weist, mit dem Spek und mit dem Mezgen.
Vogt. Ich glaub bald sie treib den Nar- ren mit uns über diese Pünkte. --
Vögtin. Nein, es ist ihr gewiß Ernst.
Vogt. Es ist zulezt möglich, -- sie hat ihr Lebtag solche Wunderlichkeiten gehabt, daß ihr manchmal der oder dieser ob etwas wied- rig vorgekommen, das kein andrer Mensch an ihm geachtet hat.
geſehen, daß ſie inwendig uͤbers Maurers Frau wie wild worden; ſie hat nicht warten moͤgen, bis ſie von mir weg war und iſt ſicher im Au- genblik zu ihr gelauffen.
Voͤgtin. Es waͤre das beſte, wanns ſo kom- men wuͤrde. Du haͤtteſt ſollen nachſchleichen, und hoͤren wie es gehe.
Vogt. Ich haͤtte nicht koͤnnen, es war noch faſt Tag.
Voͤgtin. Du kannſt nie nichts. —
Vogt. Es iſt deſto beſſer, daß du alles kannſt. —
Voͤgtin. Du muſt doch noch einmal mit ihr reden, und ſehen, was du mit ihr aus- richteſt. Es hat mir einmal dieſen Morgen auch geſchienen, es ſey noch nicht ſo gar ge- faͤhrlich.
Vogt. Haſt du auch ſchon mit ihr geredt?
Voͤgtin. Ja freylich, und ſie hat gegen den Vetter gar nichts anzubringen gewußt, als was du ſchon weiſt, mit dem Spek und mit dem Mezgen.
Vogt. Ich glaub bald ſie treib den Nar- ren mit uns uͤber dieſe Puͤnkte. —
Voͤgtin. Nein, es iſt ihr gewiß Ernſt.
Vogt. Es iſt zulezt moͤglich, — ſie hat ihr Lebtag ſolche Wunderlichkeiten gehabt, daß ihr manchmal der oder dieſer ob etwas wied- rig vorgekommen, das kein andrer Menſch an ihm geachtet hat.
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[201/0223]
geſehen, daß ſie inwendig uͤbers Maurers Frau
wie wild worden; ſie hat nicht warten moͤgen,
bis ſie von mir weg war und iſt ſicher im Au-
genblik zu ihr gelauffen.
Voͤgtin. Es waͤre das beſte, wanns ſo kom-
men wuͤrde. Du haͤtteſt ſollen nachſchleichen,
und hoͤren wie es gehe.
Vogt. Ich haͤtte nicht koͤnnen, es war noch
faſt Tag.
Voͤgtin. Du kannſt nie nichts. —
Vogt. Es iſt deſto beſſer, daß du alles
kannſt. —
Voͤgtin. Du muſt doch noch einmal mit
ihr reden, und ſehen, was du mit ihr aus-
richteſt. Es hat mir einmal dieſen Morgen
auch geſchienen, es ſey noch nicht ſo gar ge-
faͤhrlich.
Vogt. Haſt du auch ſchon mit ihr geredt?
Voͤgtin. Ja freylich, und ſie hat gegen
den Vetter gar nichts anzubringen gewußt,
als was du ſchon weiſt, mit dem Spek und
mit dem Mezgen.
Vogt. Ich glaub bald ſie treib den Nar-
ren mit uns uͤber dieſe Puͤnkte. —
Voͤgtin. Nein, es iſt ihr gewiß Ernſt.
Vogt. Es iſt zulezt moͤglich, — ſie hat
ihr Lebtag ſolche Wunderlichkeiten gehabt, daß
ihr manchmal der oder dieſer ob etwas wied-
rig vorgekommen, das kein andrer Menſch
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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785, S. 201. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785/223>, abgerufen am 16.07.2024.
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