leicht in den Kopf wie das möglich, und wie die Spinnerkinder 8, -- 10 Dublonen zu- sammenbringen sollen, ehe sie 20 Jahre alt sind. -- Aber das Wort Zehndfreyheit, das so rar ist als der Vogel Phönix, machte, daß sie mehr Verstand bekamen, als sie sonst hatten, und ausrechnen lehrnten, es brauche nicht mehr als daß eines in der Woche 2 bazen beyseitslege, und denn wärs in der Ordnung.
Er trug es ihnen vor, wie es ihm das Baum- wollen-Mareylj angegeben; ein Kind das jezt schon 17 Jahr alt, müsse Gulden dreyßig, ei- nes das 16 Jahr, vierzig, eines das 15 Jahr fünfzig, eins das 14 Jahr sechzig, eins das 13 Jahr siebenzig -- und nur die wo unter 13 Jahren müssen ihre volle achzig Gulden zusam- menbringen, um diese Zehndfreyheit zu er- langen.
Und mit jedem Augenblik begriffen ihrer mehrere, daß die Sache möglich und thunlich, und ihrer etliche fiengen bald an so warm zu werden, daß sie sagten, der Teufel, man muß das Eisen schmieden weils warm ist. Kind und Kindskinder erlebens vielleicht nicht mehr, daß einem Junker so ein Wort zum Maul hinaus jukt. --
Und hie und da nahm jezt ein Bauwollen spinner-Vater sein Kind beyseits, und sagte ihm, was ists? willt du in der Woche ein hal-
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leicht in den Kopf wie das moͤglich, und wie die Spinnerkinder 8, — 10 Dublonen zu- ſammenbringen ſollen, ehe ſie 20 Jahre alt ſind. — Aber das Wort Zehndfreyheit, das ſo rar iſt als der Vogel Phoͤnix, machte, daß ſie mehr Verſtand bekamen, als ſie ſonſt hatten, und ausrechnen lehrnten, es brauche nicht mehr als daß eines in der Woche 2 bazen beyſeitslege, und denn waͤrs in der Ordnung.
Er trug es ihnen vor, wie es ihm das Baum- wollen-Mareylj angegeben; ein Kind das jezt ſchon 17 Jahr alt, muͤſſe Gulden dreyßig, ei- nes das 16 Jahr, vierzig, eines das 15 Jahr fuͤnfzig, eins das 14 Jahr ſechzig, eins das 13 Jahr ſiebenzig — und nur die wo unter 13 Jahren muͤſſen ihre volle achzig Gulden zuſam- menbringen, um dieſe Zehndfreyheit zu er- langen.
Und mit jedem Augenblik begriffen ihrer mehrere, daß die Sache moͤglich und thunlich, und ihrer etliche fiengen bald an ſo warm zu werden, daß ſie ſagten, der Teufel, man muß das Eiſen ſchmieden weils warm iſt. Kind und Kindskinder erlebens vielleicht nicht mehr, daß einem Junker ſo ein Wort zum Maul hinaus jukt. —
Und hie und da nahm jezt ein Bauwollen ſpinner-Vater ſein Kind beyſeits, und ſagte ihm, was iſts? willt du in der Woche ein hal-
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leicht in den Kopf wie das moͤglich, und wie
die Spinnerkinder 8, — 10 Dublonen zu-
ſammenbringen ſollen, ehe ſie 20 Jahre alt
ſind. — Aber das Wort Zehndfreyheit,
das ſo rar iſt als der Vogel Phoͤnix, machte,
daß ſie mehr Verſtand bekamen, als ſie ſonſt
hatten, und ausrechnen lehrnten, es brauche
nicht mehr als daß eines in der Woche 2 bazen
beyſeitslege, und denn waͤrs in der Ordnung.
Er trug es ihnen vor, wie es ihm das Baum-
wollen-Mareylj angegeben; ein Kind das jezt
ſchon 17 Jahr alt, muͤſſe Gulden dreyßig, ei-
nes das 16 Jahr, vierzig, eines das 15 Jahr
fuͤnfzig, eins das 14 Jahr ſechzig, eins das 13
Jahr ſiebenzig — und nur die wo unter 13
Jahren muͤſſen ihre volle achzig Gulden zuſam-
menbringen, um dieſe Zehndfreyheit zu er-
langen.
Und mit jedem Augenblik begriffen ihrer
mehrere, daß die Sache moͤglich und thunlich,
und ihrer etliche fiengen bald an ſo warm zu
werden, daß ſie ſagten, der Teufel, man muß
das Eiſen ſchmieden weils warm iſt. Kind
und Kindskinder erlebens vielleicht nicht mehr,
daß einem Junker ſo ein Wort zum Maul
hinaus jukt. —
Und hie und da nahm jezt ein Bauwollen
ſpinner-Vater ſein Kind beyſeits, und ſagte
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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785/137>, abgerufen am 23.11.2024.
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