Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pestalozzi, Johann Heinrich: Lienhard und Gertrud. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1783.

Bild:
<< vorherige Seite

nur könnte: das ganze Dorf von unten und
oben hat aufs Haar gesagt, was meine Frau:
Jch weiß zwar wohl, du stehest izt gut im
Schloß, aber denk daran, wenn der Junker
vernihmt, daß ihr so den Meister spielen,
und Urtheil machen wollt, er wird anderst
mit euch sprechen.

Lienert. Jch übereilte mich hierinn.

Murrbär. Und überall, Maurer; ihr
seyd an allem selber Schuld: wenn an der
ganzen Geschichte nichts wahr ist, als was
ihr selber erzählt, daß die Kinder den Kazen-
schwanz bis hinter den Tisch, wo sie bethe-
ten, gezogen, so ist das schon nicht recht,
und sollte einem Muster, wie deine Frau
seyn will, nicht entgehen; hinten nach, wenn
man Geschwäzwerk veranlaaßet, ists dann
gar schwer, den Leuten die Mäuler wieder
zu verstopfen."

Diese Sprache verwirrte den ehrlichen
Lienert gar sehr, daß er nicht wußte, wie er
es mit der Kaze im Fürfell anfangen sollte,
und er wäre wahrlich wieder mit ihr heim-
spaziert, ohne ein Maul von ihr aufzuthun,
wenn der Murrbär ihn nicht endlich selbst
gefragt, was er im Fürfell hätte? es sey,
wie wenn er ein Kind vertragen wolle.

Der Maurer antwortete -- Nein, es ist
nur eine junge Kaz; meine Frau will sie dei-

ner

nur koͤnnte: das ganze Dorf von unten und
oben hat aufs Haar geſagt, was meine Frau:
Jch weiß zwar wohl, du ſteheſt izt gut im
Schloß, aber denk daran, wenn der Junker
vernihmt, daß ihr ſo den Meiſter ſpielen,
und Urtheil machen wollt, er wird anderſt
mit euch ſprechen.

Lienert. Jch uͤbereilte mich hierinn.

Murrbaͤr. Und uͤberall, Maurer; ihr
ſeyd an allem ſelber Schuld: wenn an der
ganzen Geſchichte nichts wahr iſt, als was
ihr ſelber erzaͤhlt, daß die Kinder den Kazen-
ſchwanz bis hinter den Tiſch, wo ſie bethe-
ten, gezogen, ſo iſt das ſchon nicht recht,
und ſollte einem Muſter, wie deine Frau
ſeyn will, nicht entgehen; hinten nach, wenn
man Geſchwaͤzwerk veranlaaßet, iſts dann
gar ſchwer, den Leuten die Maͤuler wieder
zu verſtopfen.“

Dieſe Sprache verwirrte den ehrlichen
Lienert gar ſehr, daß er nicht wußte, wie er
es mit der Kaze im Fuͤrfell anfangen ſollte,
und er waͤre wahrlich wieder mit ihr heim-
ſpaziert, ohne ein Maul von ihr aufzuthun,
wenn der Murrbaͤr ihn nicht endlich ſelbſt
gefragt, was er im Fuͤrfell haͤtte? es ſey,
wie wenn er ein Kind vertragen wolle.

Der Maurer antwortete — Nein, es iſt
nur eine junge Kaz; meine Frau will ſie dei-

ner
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0093" n="75"/>
nur ko&#x0364;nnte: das ganze Dorf von unten und<lb/>
oben hat aufs Haar ge&#x017F;agt, was meine Frau:<lb/>
Jch weiß zwar wohl, du &#x017F;tehe&#x017F;t izt gut im<lb/>
Schloß, aber denk daran, wenn der Junker<lb/>
vernihmt, daß ihr &#x017F;o den Mei&#x017F;ter &#x017F;pielen,<lb/>
und Urtheil machen wollt, er wird ander&#x017F;t<lb/>
mit euch &#x017F;prechen.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Lienert.</hi> Jch u&#x0364;bereilte mich hierinn.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Murrba&#x0364;r.</hi> Und u&#x0364;berall, Maurer; ihr<lb/>
&#x017F;eyd an allem &#x017F;elber Schuld: wenn an der<lb/>
ganzen Ge&#x017F;chichte nichts wahr i&#x017F;t, als was<lb/>
ihr &#x017F;elber erza&#x0364;hlt, daß die Kinder den Kazen-<lb/>
&#x017F;chwanz bis hinter den Ti&#x017F;ch, wo &#x017F;ie bethe-<lb/>
ten, gezogen, &#x017F;o i&#x017F;t das &#x017F;chon nicht recht,<lb/>
und &#x017F;ollte einem Mu&#x017F;ter, wie deine Frau<lb/>
&#x017F;eyn will, nicht entgehen; hinten nach, wenn<lb/>
man Ge&#x017F;chwa&#x0364;zwerk veranlaaßet, i&#x017F;ts dann<lb/>
gar &#x017F;chwer, den Leuten die Ma&#x0364;uler wieder<lb/>
zu ver&#x017F;topfen.&#x201C;</p><lb/>
          <p>Die&#x017F;e Sprache verwirrte den ehrlichen<lb/>
Lienert gar &#x017F;ehr, daß er nicht wußte, wie er<lb/>
es mit der Kaze im Fu&#x0364;rfell anfangen &#x017F;ollte,<lb/>
und er wa&#x0364;re wahrlich wieder mit ihr heim-<lb/>
&#x017F;paziert, ohne ein Maul von ihr aufzuthun,<lb/>
wenn der Murrba&#x0364;r ihn nicht endlich &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
gefragt, was er im Fu&#x0364;rfell ha&#x0364;tte? es &#x017F;ey,<lb/>
wie wenn er ein Kind vertragen wolle.</p><lb/>
          <p>Der Maurer antwortete &#x2014; Nein, es i&#x017F;t<lb/>
nur eine junge Kaz; meine Frau will &#x017F;ie dei-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ner</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[75/0093] nur koͤnnte: das ganze Dorf von unten und oben hat aufs Haar geſagt, was meine Frau: Jch weiß zwar wohl, du ſteheſt izt gut im Schloß, aber denk daran, wenn der Junker vernihmt, daß ihr ſo den Meiſter ſpielen, und Urtheil machen wollt, er wird anderſt mit euch ſprechen. Lienert. Jch uͤbereilte mich hierinn. Murrbaͤr. Und uͤberall, Maurer; ihr ſeyd an allem ſelber Schuld: wenn an der ganzen Geſchichte nichts wahr iſt, als was ihr ſelber erzaͤhlt, daß die Kinder den Kazen- ſchwanz bis hinter den Tiſch, wo ſie bethe- ten, gezogen, ſo iſt das ſchon nicht recht, und ſollte einem Muſter, wie deine Frau ſeyn will, nicht entgehen; hinten nach, wenn man Geſchwaͤzwerk veranlaaßet, iſts dann gar ſchwer, den Leuten die Maͤuler wieder zu verſtopfen.“ Dieſe Sprache verwirrte den ehrlichen Lienert gar ſehr, daß er nicht wußte, wie er es mit der Kaze im Fuͤrfell anfangen ſollte, und er waͤre wahrlich wieder mit ihr heim- ſpaziert, ohne ein Maul von ihr aufzuthun, wenn der Murrbaͤr ihn nicht endlich ſelbſt gefragt, was er im Fuͤrfell haͤtte? es ſey, wie wenn er ein Kind vertragen wolle. Der Maurer antwortete — Nein, es iſt nur eine junge Kaz; meine Frau will ſie dei- ner

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard02_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard02_1783/93
Zitationshilfe: Pestalozzi, Johann Heinrich: Lienhard und Gertrud. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1783, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard02_1783/93>, abgerufen am 23.11.2024.